Duisburg. Deutschlands Binnenschiffer auf Rhein, Elbe und Donau stehen vor Millionenausgaben: Ab Anfang 2019 gelten für ihre Schiffsmotoren wesentlich schärfere Umweltauflagen, die nur mit teuren Katalysatoren und Partikelfiltern einzuhalten sind. Eine am 5. Juli verabschiedete EU-Verordnung schreibt unter anderem deutlich weniger Stickoxide und eine erhebliche Verringerung des Rußpartikelausstoßes vor. Die EU-Vorschriften gelten allerdings zunächst nur für neu angeschaffte Motoren, nicht für den Bestand, was Umweltschützer bereits kritisieren.
Die Branche verweist auf die Kosten der Umstellung: Allein ein Rußfilter für Frachtschiffe koste mittlere fünfstellige Summen. Wenn der ganze Motor ausgetauscht werden muss, könnten sogar sechsstellige Beträge fällig werden, sagt der Geschäftsführer des Verbandes für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen, VBW, Marcel Lohbeck.
Angesichts der niedrigen Frachtraten bräuchten die Schiffer für die Neuanschaffungen Anreize und finanzielle Hilfe, fordert er.
Förderprogramm der Bundesregierung
Um den Binnenschiffern zu helfen, gibt es bereits seit Jahren ein Motorenförderprogramm der Bundesregierung. Doch die Leistungen wurden bisher eher wenig abgerufen. Antragsteller empfanden die Fördersummen als zu gering und das Verfahren als zu bürokratisch. „Sie müssen ständig Bericht erstatten, sie lassen komplett die Hose runter - das wollten viele nicht”, sagt ein Insider. Von 2007 bis 2011 haben die Schiffer laut einer Bundestagsdrucksache nur gut die Hälfte der vorgesehenen Mittel für die Modernisierung der Motoren abgerufen.
Mitte 2015 wurde ein neues Programm aufgelegt, das pauschale Zahlungen für den Austausch von Dieselmotoren zwischen 40.000 und 50.000 Euro vorsieht. Die Zahl der Nutzer steigt. Auf den Flüssen und Kanälen sind aber bisher erst ganz wenige Schiffe mit Partikelfiltern zur Verringerung des Rußausstoßes unterwegs.
Dass etwas passieren muss, wird auch in der Branche nicht abgestritten. Die Schiffsdiesel der etwa 4000 deutschen Binnenschiffe sind zwar insgesamt umweltfreundlicher als Lastwagen und erst recht als die Motoren von Hochseeschiffen. Bei den besonders gefährlichen Stickoxiden liegen die Flussschiffe aber pro Tonne Ladung deutlich über dem LKW.
Mehr Stickoxide als beim Lkw
Nach einer Auswertung des Instituts für Energie- und Umweltforschung IFEU kommen auf 316 Milligramm Stickoxid pro Tonnenkilometer beim Lastwagen beim Frachtschiff 418 Milligramm - rund ein Drittel mehr. „Da muss sich was tun”, sagt IFEU-Wissenschaftler Christoph Heidt. Eine spürbare Reduzierung der Stickoxid-Emissionen mit Katalysatoren auf bis zu ein Zehntel des jetzigen Ausstoßes sei technisch durchaus machbar.
Heidt hätte sich gewünscht, dass auch Bestandsmotoren umgerüstet werden müssen. Vorschläge für eine entsprechende Regelung wurden aber im Gesetzgebungsverfahren kassiert. So werde die Verschärfung der Auflagen sich nur langsam auswirken, weil die Binnenschiffer ihre Frachter meist sehr lange fahren. Die Erneuerungsrate liegt laut Umweltbundesamt bei unter fünf Prozent.
Luftqualitätsnormen verbessern
Hintergrund für die Bemühungen um neue Grenzwerte ist ein Bericht der Europäischen Umweltagentur aus dem Jahr 2014, wonach die EU noch weit davon entfernt ist, Luftqualitätsnormen zu erreichen, die nicht mit gesundheitlichen Risiken für die Menschen und die Umwelt verbunden sind. Laut damaligen Schätzungen sind in der EU jedes Jahr unter anderem 72.000 vorzeitige Todesfälle auf Stickstoffdioxid zurückzuführen. Bereits 2013 hatte die EU-Kommission Pläne vorgestellt, wie die Luft in Europa bis 2030 deutlich sauberer als heute werden soll. Demnach soll jeder Mitgliedsstaat seine nationalen Luftqualitätsziele überarbeiten mit dem Ziel, die Luftverschmutzung zu senken. (dpa/sno)