Moskau. Die Abwicklung privater russischer Fluglinien, die nach dem Ende der Sowjetunion wie Spargel aus dem Boden schossen, geht unvermindert weiter. Jüngstes Opfer der Konsolidierungswelle wurde die private Gesellschaft Transaero, die bislang nach der staatlichen Aeroflot zweitgrößte Linie des Landes war. Sie ist eine von inzwischen rund Dutzend Airlines, die aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten aufgeben mussten.
Exakt 75,1 Prozent der Transaero-Kapitalanteile wurden jetzt von Aeroflot für den symbolischen Preis von einem Rubel übernommen, wodurch die staatliche Gesellschaft die Kontrollmehrheit beim einstigen Rivalen hat. Transaero wird, ließ das Aeroflot-Management vermelden, vom Markt verschwinden und restlos in das eigene Unternehmen integriert. Auch deren Firmenname wird getilgt und die amtliche Fluglizenz nicht erneuert.
Mit der Einverleibung Transaeros hat sich Aeroflot einen gewaltigen finanziellen und operativen Klotz ans eigene Bein gebunden, denn neben deren veralteter Flotte von 103 Einheiten (16 Jahre im Schnitt) hat sich die staatliche russische Linie auch verpflichtet, die Schulden ihrer einstigen Konkurrentin zu übernehmen. Diese belaufen sich Moskauer Quellen zufolge auf knapp 900 Millionen Euro.
Luftfahrtexperten sehen den Schritt von Aeroflot denn auch vor allem politisch und weniger ökonomisch motiviert. „Sie erfüllt bar jeglicher betriebswirtschaftlicher Vernunft eine vom Kreml verordnete Staubsaugerfunktion, um defizitäre Konkurrenten durch Übernahme zu retten und damit Unruhe bei Passagieren und Frachtkunden zu vermeiden“, so ein Analyst gegenüber der VerkehrsRundschau. Denn, so der Fachmann weiter, hätte Transaero aufgrund der immensen Verbindlichkeiten und des weiterhin defizitären Tagesgeschäfts Insolvenz anmelden müssen, wäre dies zu einer Belastung für das Putin-Regime geworden. So war Transaero für viele Russen bislang eine äußerst beliebte Ferienfluggesellschaft, die vor allem touristische Strecken nach Ägypten, in die Golf-Staaten, Südostasien, die Türkei und rund um das Mittelmeer angeboten hat, den wichtigsten Urlaubsregionen vieler Russen. Durch ihre mögliche Pleite wären tausende von Urlaubern gestrandet.
Außerdem beförderte sie mit zwei Tupolew 204-Frachtern Cargosendungen auf innerrussischen Strecken – auch dies ist ein wichtiger Beitrag für den Warenfluss. Es ist zweifelhaft, ob Aeroflot die Frachtflugzeuge weiterhin betreiben wird, da sich die Gesellschaft aus dem Betrieb von Vollfrachtern bereits vor Jahren komplett verabschiedet hat und Cargo nur in den Rümpfen der 155 Einheiten umfassenden Flotte ihrer eigenen Passagierflugzeuge befördert.
Das Verschwinden von Transaero vom Markt verdeutlicht abermals die Tiefe Krise, in der sich die russische Luftfahrt befindet. Grund sind internationale Sanktionen als Folge der völkerrechtswidrigen Krim-Annexion durch Russland und dem vom Putin-Regime unterstützten Konflikt in der Ostukraine, die zu drastischen Einbrüchen der Buchungszahlen bei Flugreisen geführt haben. Hinzu kommt die Schrumpfung der russischen Wirtschaft durch stark rückläufige Einnahmen aus Rohstoffexporten, ein stark sinkendes Konsumklima und insgesamt die zunehmende politische Isolierung des Staates auf internationaler Bühne.
Die russische Luftfahrt durchläuft dadurch schwere Zeiten, wie auch der Fast-Zusammenbruch von UTAir, der nach Aeroflot und Transaero drittgrößten Linie des Landes kürzlich belegt. Sie wurde nur durch Staatsbürgschaften in Höhe von 320 Millionen Euro verbunden mit der Zusage die Flotte drastisch zu verkleinern, zumindest vorläufig vor der drohenden Pleite gerettet. (hs)