Rotstift für das Weißbuch?

In der Generaldirektion Verkehr (DG Move) der EU-Kommission wird gegenwärtig an einer Zwischenbilanz des Weißbuchs Verkehr gearbeitet, das die Kommission vor genau vier Jahren vorgelegt hat. Es legt die langfristigen Ziele der europäischen Verkehrspolitik fest (siehe Kasten). Einen ersten Bericht über die Umsetzung des Weißbuchs werde die Kommission Ende des Jahres vorlegen, sagte der Chef der Analyseabteilung der DG, Rolf Diemer, bei einer Anhörung im Europäischen Parlament. Der Verkehrsausschuss diskutierte anschließend mit den Verbänden, ob die Kommission den Rotstift zücken und in den Leitlinien für die europäische Verkehrspolitik nachbessern muss. Die europäische Wirtschaft lahmt Die Antwort fiel nicht eindeutig aus. Die 2011 festgelegten Ziele wurden von niemandem ernsthaft infrage gestellt. Klar ist aber auch: Die Entwicklung ist anders verlaufen, als damals erwartet wurde. Die Kommission ging davon aus, dass die europäische Wirtschaft zu Beginn des Jahrzehnts um 2,2 Prozent pro Jahr wächst und 2020 noch um 1,6 Prozent. Stattdessen schrumpfte die Wirtschaftsleistung der EU 2012, legte 2013 gar nicht und 2014 nur um 1,3 Prozent zu. Dadurch wird auch das Wachstum des Güterverkehrs geringer ausfallen als die bis 2030 anvisierten 40 Prozent (80 Prozent bis 2050). 2011 rechnete man in Brüssel zudem mit einem weiteren Anstieg des Ölpreises, der damals schon bei mehr als 100 US-Dollar je Fass lag. Inzwischen kostet Rohöl nur noch die Hälfte. Billiger Diesel könnte die von der Kommission gewünschte Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf Schiene und Wasser ausbremsen und den seit 2007 anhaltenden Trend zu niedrigeren CO2-Emissionen des Verkehrs zum Stillstand bringen oder gar umkehren, befürchtet man in Brüssel. Die Kommission müsste hier nachsteuern, so der Chef vom europäischen Eisenbahnverband (CER) Libor Lochman. Denn die Bahn hofft, weiter von der Klimapolitik zu profitieren. "Die Verlagerung vor allem des Güterverkehrs auf die Schiene trägt maßgeblich dazu bei, den Verkehr klimafreundlicher zu machen", sagte Lochmann. Dieser Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Verkehrsträgern komme allerdings bislang nicht zur Geltung, weil alleine die Bahn die vollen Kosten für ihre Infrastruktur trage. Verkehrsträger besser vernetzen Andere Lobbyisten machten dagegen deutlich, dass sie den Klimaschutz zurzeit nicht für die wichtigste Aufgabe der europäischen Verkehrspolitik halten. Um das Wachstumspotenzial des Verkehrs wirksamer zu mobilisieren, müsse der Übergang zwischen den Verkehrsträgern effizienter gestaltet werden, sagte der Vertreter der International Road Transport Union (IRU), Michael Nielsen. Er sorge sich vor allem um die Finanzierung der Infrastruktur. Die IRU sei nicht gegen Straßenbenutzungsgebühren. Die Einnahmen müssten jedoch für den Ausbau und den Erhalt der Straßen eingesetzt werden. Für den Straßentransport wünscht sich der Verband einfachere Regeln, die besser durchgesetzt werden. Das müsse Vorrang vor neuen Vorschriften haben. Die Airlines sehen dagegen dringenden Handlungsbedarf des europäischen Gesetzgebers, vor allem wenn es um den Aufbau eines einheitlichen europäischen Luftraums gehe. Neue Abgaben wie die Ausweitung des Emissionshandels seien nur dazu geeignet, das Wachstum der Branche auszubremsen, sagte der Direktor des europäischen Fluglinienverbandes AEA, Athar Khan. Die Politik müsse dafür sorgen, dass die europäischen Airlines im globalen Wettbewerb bestehen und sich gegen unfaire Praktiken behaupten könnten. Einen höheren Stellenwert als 2011 hat die "Intelligenz" der Verkehrssysteme (ITS), die im Weißbuch vor allem im Rahmen von Forschungsprojekten vorkommt. Hermann Meyer, der Chef des Firmenkonsortiums Ertico, machte deutlich, dass die Unternehmen auch einsatzfähige Produkte und Dienstleistungen anbieten. Der Einsatz von ITS auf breiter Grundlage mache jedoch europäische Standards erforderlich, die jetzt zügig eingeführt werden müssten. Die Zielsetzung Das Weißbuch Verkehr, das die EU-Kommission im März 2011 verabschiedet hat, legt die verkehrspolitischen Ziele der Union bis 2050 fest und zeigt Strategien auf, um diese Ziele zu erreichen. Bis 2050 sollen:- in den europäischen Städten keine Pkw mehr mit konventionellem Kraftstoff betrieben werden,- die CO2-Emissionen von Schiffen und Flugzeugen um 40 Prozent gesenkt werden,- die Hälfte des Personen- und Güterverkehrs über mittlere Entfernungen (300 km) mit der Bahn oder Schiffen abgewickelt werden,- die CO2-Emissionen des Verkehrs um 60 Prozent reduziert werden.Bis 2020 und 2030 werden Zwischenziele festgelegt wie:- Aufbau eines multimodalen, europäischen Verkehrsinformations-, Management- und Zahlungssystems bis 2020- Aufbau eines Kernnetzes europäischer Verkehrskorridore bis 2030- 30 Prozent der Gütertransporte über mehr als 300 Kilometer werden 2030 auf den Schienen- und Wasserwegen befördert tw

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