St. Goar. Nach dem historischen Niedrigwasser des Rheins dringen das Land Rheinland-Pfalz und neun größere Unternehmen auf mehr Tempo bei der geplanten Vertiefung der Fahrrinne. Landesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kündigte bei einer Schifffahrt am Donnerstag im Mittelrheintal beim Loreley-Felsen ein gemeinsames Schreiben an seinen Amtskollegen Andreas Scheuer (CSU) in der Bundesregierung an. Zu den Unternehmen gehören der Chemieriese BASF, der Industriekonzern Thyssenkrupp und der Hafen von Rotterdam in den Niederlanden.
Schon seit langem fordert Wissing, die Fahrrinne zwischen St. Goar und Mainz/Wiesbaden von derzeit garantierten 1,90 Metern zügiger auf durchgängig 2,10 Meter zu vertiefen. Es gehe nur um die Beseitigung von sechs lokalen „Tiefenengstellen“ – dann könnte jedes Schiff durchschnittlich 200 Tonnen mehr Fracht transportieren.
Niedrigwasser hat Milliardenschäden verursacht
Laut Wissing hat das Niedrigwasser im extrem trockenen Jahr 2018 im bundesweiten Wasserstraßennetz Schäden von mehreren Milliarden Euro verursacht. Sehr viele Schiffe konnten lange nur zum Teil beladen werden. Das exportorientierte Rheinland-Pfalz sei über Deutschlands wichtigste Bundeswasserstraße auf einen „sehr guten Zugang zu den Weltmeeren“ angewiesen.
Es sei unverständlich, dass der zuständige Bund nicht mehr Ingenieure für die Rhein-Vertiefung einstelle – das verzögere das 60-Millionen-Euro-Projekt. Wissing kritisierte: „Es darf nicht sein, dass Unternehmen und Verbraucher die Zeche dafür zahlen, dass die Bundesregierung über Jahre untätig geblieben ist und die Nutzung des Rheins als Transportweg sträflich vernachlässigt.“
Priorität im Bundesverkehrswegeplan ist hoch
Das Bundesverkehrsministerium in Berlin wies die Vorwürfe zurück. Die sogenannte Abladeoptimierung Mittelrhein sei in die höchste Kategorie des Bundesverkehrswegeplans 2030 eingestuft. Das zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Duisburg-Rhein habe „mit detaillierteren Voruntersuchungen begonnen“. Die Beschleunigung des Projekts habe „höchste Priorität“ – das zeige auch die Schaffung von 16 neuen Stellen etwa für Ingenieure für die geplante Vertiefung der Fahrrinne am Mittel- und auch Niederrhein.
Wissing kritisierte dies als unzureichend. Im Landesbetrieb Mobilität in Koblenz werde eine viel höhere Zahl von Ingenieuren eingestellt – sie seien trotz Fachkräftemangels zu finden. Ein Abschluss der Rhein-Vertiefung wie geplant erst 2030 oder sogar später sei inakzeptabel und gefährde Arbeitsplätze. Das Projekt habe ein ausgezeichnetes Nutzen-Kosten-Verhältnis: „Jeder eingesetzte Euro ergibt einen um 30-fachen höheren volkswirtschaftlichen Nutzen.“
Laut Georg Münch, Referent in Wissings Ministerium, geht es einerseits um Vertiefungen mit dem Bagger, andererseits zum Ausgleich für die Senkung der Flusssohle um „wasserspiegelstützende Maßnahmen“ wie die Errichtung neuer Längs- und Querbauwerke. (dpa/ag)