Im Vorfeld unseres Interviews mit Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer sind viele Leser dem Aufruf gefolgt und haben der Readaktion ihre Fragen an den Minister geschickt. Nachdem ein großer Teil der Fragen bereits im Rahmen des Interviews beantwortet wurde, hat der Minister die letzten offenen Punkte noch zusätzlich beantwortet.
Das Herzstück für eine florierende Wirtschaft ist die Infrastruktur. Der ADAC fordert ein Investitionsvolumen von mindestens sieben Milliarden Euro jährlich. Warum wurde der notwendige Etat in den letzten Jahren trotz Konjunkturpaket nicht vollständig erreicht, und warum wird er in den nächsten Jahren auch nicht angesetzt?
Peter Ramsauer: Nach der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte ist es ein Gebot der deutschen und europäischen Politik, die Haushalte nachhaltig zu konsolidieren. Das erfordert Einsparungen von allen Beteiligten. Natürlich trägt auch der Verkehrshaushalt seinen Teil zur Haushaltkonsolidierung bei.
Für eine wachstumsorientierte, innovative und zukunftsfeste Verkehrspolitik bedarf es allerdings auch einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur. Deshalb sieht der Anfang Juli 2010 von der Bundesregierung beschlossene Haushaltsentwurf 2011 für Investitionen in Bundesschienenwege, Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen circa 9,5 Milliarden Euro vor. Das entspricht dem Niveau des Jahres 2010 ohne die zusätzlichen Mittel des auslaufenden Konjunkturpakets I. Die Finanzplanung bis 2014 sieht für die Folgejahre jährliche Investitionen auf gleichem Niveau vor.
Trotz der notwendigen Haushaltskonsolidierung ist das Investitionsniveau für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes damit auf hohem Niveau verstetigt: In der alten Finanzplanung waren für den Zeitraum 2011 bis 2013 insgesamt rund 29,1 Milliarden Euro vorgesehen, die wir jetzt im Haushaltsentwurf 2011 und der aktuellen Finanzplanung bis 2014 halten. Diese Investitionen stärken den Wirtschaftsstandort Deutschland und schaffen beziehungsweise sichern Arbeitsplätze.
Es wurde bei der Einführung der LKW-Maut in Deutschland versprochen, dass die Einnahmen aus der Maut ausschließlich in den Straßenbau einfließen. Wann wird dieses Versprechen vollends in die Tat umgesetzt?
Ramauser: An diesem Thema sind wir dran: Der Finanzierungskreislauf Straße soll wie angekündigt noch im Bundeshaushalt 2011 eingerichtet werden.
Wie stellen Sie sich die 48-Stunden-Woche für selbständige Fahrer vor? Wie soll das überhaupt kontrolliert werden?
Ramsauer: Zunächst: In einer freien Wirtschaftsordnung ist es grundsätzlich problematisch und systemfremd, die Arbeitszeit Selbstständiger begrenzen und kontrollieren zu wollen.
Die hier jedoch geltende EU-Arbeitszeitrichtlinie ist 2002 unter der Verantwortung einer anderen Bundesregierung verabschiedet worden. Ich habe mich seit Beginn meiner Amtszeit dafür eingesetzt, dass diese Regelung rückgängig gemacht wird.
Die im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie bisher geltende Ausnahmeregelung für selbstständige Fahrer ist gerade ausgelaufen und eine Neuauflage wurde abgelehnt. Gemeinsam mit den zuständigen Bundesministerien werden wir deshalb einen Weg suchen, um die Richtlinie korrekt umzusetzen und gleichzeitig den Bürokratieaufwand in Grenzen zu halten.
Was wollen Sie unternehmen, um die Rahmenbedingungen für ein optimiertes Baustellenmanagement zu schaffen?
Ramsauer: Mein Ziel ist es, so viel Investitionen wie möglich aus jedem Euro herauszuquetschen. Ein optimiertes Baustellenmanagement setzt bereits bei der Planung der Arbeitsstellen an. Hierbei müssen die verkehrlichen Auswirkungen stärker als bisher schon in der Planungsphase berücksichtigt und alternative Bauweisen oder Verkehrsführungen betrachtet werden.
Ein entscheidender Faktor zur Verringerung der Verkehrsstaus durch Baustellen sind Maßnahmen zur zeitlichen Beschleunigung von Autobahnbaustellen. Zu diesem Zweck habe ich den Ländern einen „Bauzeitenkatalog" übersandt, der für verschiedene Maßnahmen des Autobahnbaus Standard-Bauzeiten vorgibt. Der Katalog wird seit Anfang des Jahres angewandt. Wir werden genau prüfen, inwieweit hierdurch Bauzeiten auch tatsächlich minimiert werden können.
In diesem Zusammenhang ist auch der derzeit von Bund und den Ländern entwickelte Leitfaden „Arbeitsstellenmanagement" zu sehen. Hier werden erstmals die bundesweit erfolgreich angewandten Elemente für ein erfolgreiches Baustellenmanagement zusammengetragen und in Kürze den Praktikern vor Ort an die Hand gegeben.
Eine Reihe von Maßnahmen für eine zeitlich optimierte Abwicklung von Baumaßnahmen habe ich bereits ergriffen. Um die Verkehrsbeschränkungen durch Baustellen gerade auf den hoch belasteten Autobahnen auf möglichst kurze Zeiten zu begrenzen, sollen Baustellen längerer Dauer grundsätzlich unter Ausnutzung des Tageslichts und Einbeziehung des Samstags geplant und abgewickelt werden.
Neben solchen Tageslichtbaustellen müssen wir prüfen, wo uns Wochenend- und Nachtbaustellen helfen können, den Verkehrsfluss zu verbessern. Da diese für die Bauarbeiter und die Verkehrsteilnehmer aber teilweise auch sicherheitstechnisch kritisch zu bewerten sind, habe ich verbesserte Leitlinien für Nachtbaustellen erarbeiten lassen und den Ländern zugeleitet.
Darüber hinaus werde ich die Länder auffordern, bei geeigneten Projekten die private Bauwirtschaft in die Planung der Bauzeit einzubeziehen, indem neben dem Preis auch die benötigte Bauzeit im Wettbewerb angeboten wird. Hierdurch erhoffe ich mir weitere beschleunigende Effekte.
Was haben Sie sich im Bereich Bahn für den deutschen Markt für die nächsten Jahre vorgenommen haben? Insbesondere der Ausbau des Netzwerkes Schiene? Planen Sie eventuell eine Lockerung der Situation für neutrale Eisenbahnverkehrsunternehmen gegenüber DB Schenker Rail beziehungsweise der Deutschen Bahn?
Ramsauer: Schwerpunkt künftiger Eisenbahnpolitik wird es sein, die Qualität des Schienennetzes zu sichern und dort, wo es nötig ist, durch Neu- und Ausbau Engpässe zu beseitigen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die verbesserte Anbindung der Seehäfen an die Schiene. Um diese Ziele zu erreichen, gilt es, die Investitionsmittel für die Schiene auf hohem Niveau zu verstetigen. Der Bundeshaushalt 2010 sowie der Finanzplan 2011 bis 2013 sehen für Schieneninvestitionen jährlich insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro vor. Zusätzlich stehen aus den Konjunkturprogrammen insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro für die Schiene zur Verfügung, die beschäftigungswirksam investiert werden sollen.
Um die mit der Bahnreform erfolgreich begonnene Entwicklung fortzusetzen, brauchen wir noch mehr Wettbewerb auf der Schiene. Ein wichtiger Baustein hierfür ist die Neuordnung der Regulierung im Bereich der Schiene. Im Koalitionsvertrag wurden deshalb wichtige Eckpunkte zur Stärkung des Wettbewerbs verankert. So werden wir zur Stärkung der Unabhängigkeit des Netzes ein neues Finanzierungsmodell für die Bahn prüfen, wollen die Trassen- und Stationspreise einer Anreizregulierung unterwerfen und die Zugangsbedingungen für Eisenbahnverkehrsunternehmen zu Serviceeinrichtungen und Vertriebsleistungen verbessern.