Rampen-Floh mit Niveau

Klein aber oho - Lindes Elektrostapler mit 1,2 bis 2,0 Tonnen Tragfähigkeit waren in den vergangenen Jahren Bestseller. Seit Kurzem läuft bei Linde in Aschaffenburg die überarbeitete Generation vom Band, die E12-EVO- bis E20-EVO-Baureihe. Jetzt müssen die neuen Kleinen beweisen, ob sie an die Erfolge der Alten anknüpfen können. Zum Test trat die 1,6-Tonnen-Ausführung mit vier Rädern im Linde-typischen rotschwarzen Outfit und gefälligen Design, ohne Ecken und Kanten, an. Alternativ ist das Modell auch als Dreirad-Version erhältlich. Wobei kritische Zähler auch hier auf vier Räder kommen, da das hintere Rad des Dreirads als Tandem ausgeführt ist. Optisch fallen uns erst einmal, neben einer breiten Einstiegsstufe sowie einer neuen Sitz- und Armlehnen-Generation, zwei kleine Kunststoff-Spoiler, am Gegengewicht über den Hinterrädern, auf. Rammschutz oder Schmutzfänger? Die Spoiler befinden sich an einer exponierten Stelle und laden regelrecht dazu ein, im harten Alltag abgefahren zu werden. Erbgut vom großen Bruder Ansonsten setzt Linde nicht nur bei Form und Design auf Bewährtes. Viele Features kennen wir bereits von den höheren Traglastklassen. Dazu zählen beispielsweise die Kompaktachse mit dem Zwei-Motoren- Frontantrieb, Doppelpedalsteuerung, Load Control, oben liegende Neigezylinder und die hoch aufgehängte Kombi-Lenkachse hinten. Neu entdeckt haben wir eine Art Notbremse, die Bestandteil der Zweikreisbremsanlage ist und es ermöglicht, für den Stapler eine Straßenverkehrszulassung zu erhalten. Falls alle elektrischen Systeme versagen sollten, kann der Fahrer über den mechanischen Hebel das Fahrzeug zum Stillstand bringen. Zu den Sicherheitsfeatures des Testgerätes gehört das bei Linde aufpreispflichtige Blue-Spot Warnlicht, welches das Umfeld vor dem rückwärts fahrenden Stapler warnt. Dazu projiziert die Lampe einen blauen Lichtpunkt auf den Lagerboden. Der Einstieg erfolgt, ohne zusätzliche Trittstufe, direkt auf die Plattform, ist jedoch mit 64 Zentimetern relativ hoch. Die Kante ist rutschgesichert. Den Fußraum dämmt eine Gummimatte. Ausreichend Platz für die Füße ist vorhanden. Kritik gibt es bei der Einstiegshilfe, die die Fahrer aufgrund ihrer Position beim Aussteigen nicht sehen können. Die Fahrer müssen um die linke A-Säule herumgreifen, um an den Griff zu gelangen. Zudem wäre eine gummierte Ummantelung des Stahlbügels wünschenswert. Platz nehmen kann der Fahrer auf einem komfortablen Kunstleder-Sitz mit Sitzheizung und mitschwingender Armlehne. In punkto Einstellung und Bequemlichkeit erhält der Grammer-Sitz Bestnoten. Die hydrostatische Lenkung mit asymmetrischem Lenkrad komplettiert den Fahrerarbeitsplatz. In die Armlehne integriert sind die Bedienhebel für die Steuerung der Hubmastfunktionen (Load Control) und ein Ablagefach für Fahrerutensilien. Feinfühlig und millimetergenau lassen sich die Minihebel mit den Fingerspitzen bewegen. Tetris mit dem Ladekabel Gedanken haben sich die Konstrukteure auch über die Schalt-Funktionen von Blinker und Scheibenwischer gemacht. Mit nur einem Zentralhebel an der Lenksäule lassen sich die Scheibenwischer an Frontscheibe und Dach einschalten. Eine Intervall-Funktion kann über Sekundär-Schalter, am rechten Dachholm, getrennt gesteuert werden. In Augenhöhe, an der rechten A-Säule, ist ein Multifunktionsdisplay mit vielfältigen Anzeigemöglichkeiten angebaut. Es befindet sich zwar nicht im direkten Blickfeld des Fahrers, ist dafür aber gut lesbar. Unter den abrufbaren Informationen schätzen wir vor allem die Batterierestlaufanzeige in Stunden und Minuten. Für den Fall, dass der Strom zur Neige geht, verfügt der E16 über einen Hochfrequenz-Onboardlader und kann an einer Starkstromsteckdose aufgeladen werden. Das benötigte Kabel führt er in einer Box auf der Batteriehaube mit. Der Deckel der Box ist allerdings etwas hakelig und das Kabel nur schwer wieder in dem engen Fach verstaubar - es erinnert ein wenig an Tetris. Während des Ladens im Fahrzeug wird die Batterie aktiv entlüftet. Ein Batteriewechsel erfolgt über die 180 Grad öffnende Seitentür. Sie macht Platz für den Wechsel mit einem Handhubwagen. Störende Achsbewegung Sahne-Stück des Staplers ist die Kompaktachse mit dem Zwei-Motoren-Antriebskonzept, integriertem Hydraulikmotor und Ölbadlamellenbremse. Auch die Leistungsteile der Elektronik sind auf der Achse montiert und ersparen so lange Kabelbäume. Der Hubmast bildet mit der Achse eine Einheit und ist durch Gummielemente von Chassis und Fahrerkabine abgekoppelt. Dadurch spüren wir beim Fahren kaum Vibrationen. Beim E16 EVO liegen die Neigezylinder des Hubgerüstes oben auf dem Kabinendach und stabilisieren den Hubmast. Die Achse bewegt sich beim Neigeprozess um wenige Zentimeter nach vorne und vergrößert so den Radstand. Das wirkt sich positiv auf die Standsicherheit aus. Beim Lasthandling in höheren Regalebenen empfinden wir die Bewegung der Achse indes als störend. Die Gabel wird dadurch unruhig, was das genaue Justieren am Lagerplatz erschwert. Das Freisichthubgerüst mit schlanken verschachtelten Mastprofilen ermöglicht eine gute Sicht auf die Gabeln und zur Seite. Hydraulikschläuche und Hubketten ragen nicht in das Sichtfeld. Kunststoffelemente an den Ketten des Hubgerüstes verhindern, dass diese bei Bewegungen lautstark an den Mast schlagen. Angenehm unaufgeregt bewältigt der Stapler alle Fahrsituationen mit hoher Präzision und Schnelligkeit. Die Doppelpedalsteuerung ermöglicht ein schnelles feinfühliges Reversieren mit weichen Richtungswechseln. Das Doppelpedal ist allerdings gewöhnungsbedürftiger als eine automobilkonforme Pedalerie. Ein Nachteil für Unternehmen, die häufiger Leiharbeiter oder Aushilfen einsetzen. Kein Zurück an der Rampe Positiv bemerkbar auf dem Testparcours machen sich die beiden AC-Antriebsmotoren der Kompaktachse, die für eine gute Fahrdynamik sorgen. Sicherheits-Features wie Curve Assist lassen den Stapler erst gar nicht in kritische Fahrsituationen kommen, da das System die Kurvengeschwindigkeit im Zweifelsfall begrenzt. Im Zusammenspiel mit der Kombi-Lenkachse dreht der E16 wie ein Dreiradstapler exakt auf der Stelle, bietet mit seinen vier Rädern aber eine höhere Fahrstabilität. Das Fahren über Schwellen verursacht zwar die üblichen Erschütterungen. Gummielemente an der Achse und an den Neigezylindern halten Vibrationen jedoch gut vom Fahrerplatz fern. Begeistert haben uns die Traktionskontrolle und die automatisch einfallende Parkbremse an der Rampe. Die Steuerung des Rampenstopps merkt sich den Energiebedarf vor dem Halt und speist vor dem Anfahren am Berg die beiden Motoren mit der gleichen Menge Strom. Mit dem Effekt, dass der Stapler keinen Millimeter zurückrollt. Für die neue EVO-Generation steht ein intelligentes Fahrerassistenz-System als Option zur Verfügung. In Stresssituationen oder bei Unkonzentriertheit sorgt der Safety Pilot für mehr Unfallsicherheit. Er reguliert die Hub- und Neigefunktion in Abhängigkeit von Hublast und -höhe. Auf Wunsch sind auch automatische Steuerfunktionen für das Heben und Senken oder ein Tempolimit aktivierbar. Flink wie ein Floh Auf unserem Testparcours haben wir das Fahrzeug sowohl im Energiespar-Modus als auch im Leistungsmodus gemessen. Individuelle Fahrdynamikeinstellungen macht bei Linde der Servicetechniker. Im Unterschied zum Energiesparmodus messen wir im Leistungsmodus 8,3 Prozent mehr Energieverbrauch pro Stunde bei um 3,6 Prozent gesteigertem Palettenumschlag pro Stunde. Fazit: Flink wie ein Floh hat sich der neue Kleine von Linde auf dem Testparcours präsentiert und dabei mit 26 Minuten und 36 Sekunden die bislang zweitbeste Zeit herausgefahren. Schneller war nur sein großer Bruder, der E25, mit 2,5-Tonnen Tragfähigkeit. Trotz aller Eile war das Testgerät dabei stets sicher unterwegs. Wer beim Kauf Geld sparen will, greift zur günstigeren Dreiradversion. Wegen der geringeren Stabilität dürfte diese etwas langsamer unterwegs sein und empfindlicher auf Bodenunebenheiten reagieren. Beim Einsatz auf dem glatten Boden einer Lagerhalle sollte beides aber keine große Rolle spielen. Bei holprigen Rampenüberfahrten oder Einsätzen auf dem Speditionshof ist der Vierräder die bessere Wahl. Mehr Informationen zu den Gabelstaplertests im Internet unter www.verkehrsrundschau.de/staplertest Das Testfahrzeug Linde E16 EVO Der Elektro-Vierrad-Front-Stapler hat eine Tragfähigkeit von 1,6 Tonnen bei einem Lastschwerpunkt von 500 Millimetern. Er wird aus einer 48 Volt-Batterie mit einer Kapazität von 625 Amperestunden gespeist. Ausgestattet ist das Fahrzeug mit einem Freisicht-Hubmast und nicht kreidenden Superelastik-Reifen. Der Leistungscheck Be- und Entladung eines Sattelaufliegers mit 32 Europaletten*Benötigte Zeit: 26:36 Min.Verbrauchte Energie: 1,79 kWhEnergiekosten:** 0,23 Euroin einer StundeUmschlagleistung: 144 Paletten Verbrauchte Energie: 4,04 kWhEnergiekosten: 0,53 Euroin einer 8-Stunden-SchichtUmschlagleistung: 1152 PalettenEnergieverbrauch: 32,32 kWhEnergiekosten: 4,20 EuroVDI-Zyklus***Energieverbrauch: 4,9 kWh/h

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