Raben Gruppe

Raben Gruppe Neue Machtverhältnisse Ewald Rabens Aufkauf von 56 Wincanton-Standorten sorgt im deutschen Stückgutmarkt für viele Fragen. Plant die Raben Gruppe hierzulande ein eigenes Stückgutnetz oder wird sie sich noch enger mit dem Verbund System Alliance verzahnen? Ees ist in diesem Jahr der bislang größte Deal im deutschen Stückgutmarkt“, bringt es der Geschäftsführer eines mittelständischen Speditionsverbundes auf den Punkt, der namentlich nicht genannt werden will. Für rund 35 Millionen Euro übernahm die Raben Gruppe von Logistikdienstleister Wincanton nicht nur dessen 40 Standorte in Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei, sondern auch die 16 deutschen Standorte und damit das komplette Sammelgutgeschäft von Wincanton. Aufstieg zur wichtigen Größe Damit verdoppelt die Raben Gruppe nicht nur ihren deutschlandweiten Umsatz, sondern baut durch den Zukauf ihr Geschäft auch in Osteuropa weiter kräftig aus – vor allem in der Kontraktlogistik und im regionalen Landverkehr. Mit einem Schlag steigt die Spedition so zu einer wichtigen Größe in der deutschen Stückgutlandschaft auf. Denn schon vor dem Wincanton-Deal war Raben Gesellschafter der Speditionskooperation System Alliance und hatte in deren Netz sieben ihrer bisher acht deutschen Standorte eingebracht. „Raben bräuchte also nur rund sieben weitere Standorte, etwa im Nordwesten und im Süden Deutschlands, um hierzulande ein eigenes Stückgutnetz zu etablieren“, sagt Joern Peter Struck, Geschäftsführer der Speditionsverbundes Cargoline. Auch andere Stückgutnetze seien zu Beginn mit nur 30 Standorten in Deutschland als Kooperation gestartet. Ewald Raben, CEO der Raben Gruppe, bestreitet diesen Schritt gegenüber der VerkehrsRundschau indes vehement: „Das ist überhaupt nicht unser Ziel“, betont er (siehe Interview). „Zumindest aber sichert sich Raben erfolgreich dagegen ab, falls System Alliance wider Erwarten auseinanderbrechen sollte“, sagt Joern Peter Struck. Immerhin werde, sagt er, in der Branche seit Längerem über ein mögliches Zusammengehen der System-Alliance-Gesellschafter Hellmann, Zufall und Gebrüder Weiss und dem IDS-Gesellschafter Geis Group spekuliert, wobei Klaus Hellmann eben diese Gerüchte am Rande der Transport Logistic gegenüber der VerkehrsRundschau dementierte: „Da ist absolut nichts dran.“ Rabens Einkauf sorgt in der Branche also für viele Fragen: Inwieweit könnte dieser die Stückgutlandschaft in Deutschland verändern? Vor allem: Wie wird sich der neue Partner Raben auf System Alliance auswirken? „Es ist zumindest nicht unwahrscheinlich“, formuliert es Struck vorsichtig, „dass nicht alle Gesellschafter der Kooperation glücklich über die stärkere Präsenz von Raben sind.“ System Alliance sei „ein offenes System“. Mit anderen Worten: „Es gibt keine Vernetzungspflicht zwischen den Partnerstandorten“. „An manchen vormaligen Wincanton-Standorten“, so der Cargoline-Geschäftsführer, „könnte Raben also zum Mitbewerber einiger System-Alliance-Partner werden.“ Entscheidend werde es daher sein, sagt er, „wie gut es Ewald Raben gelingt, die Gesellschafter der Kooperation davon zu überzeugen, weitere seiner Standorte in das Netz einbringen zu dürfen“. Davon geht System-Alliance-Geschäftsführer Georg Köhler aus. Natürlich müsse Raben, sagt er, zunächst die erworbenen Standorte detailliert bewerten und klären, welche der Niederlassungen aus seiner Sicht das Netz der Kooperation ergänzen könnten. Im zweiten Schritt müssten die System-Alliance-Gesellschafter darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang die neuen Standorte der Raben Gruppe in das Netz integriert werden können. Aus Köhlers Sicht könne Raben „zu einer nachhaltigen Verdichtung im Kooperationsnetz beitragen“. Etwaige Bedenken, dass unter Umständen manchem Gesellschafter die neue Stärke Rabens nicht schmecken dürfte, räumt Köhler aus: „Wir sind ein liberales Netz mit einem hohen Grad an Partnerschaftlichkeit unter allen Gesellschaftern. Entscheidend ist, dass unsere Kooperation weiter gestärkt wird“, sagt er. Und dies sähen im Übrigen alle Gesellschafter auch so. „Verkauf war ein konsequenter Schritt“ Und was wird aus Wincanton? Ist der britische Logistikdienstleister der große Verlierer? „Keineswegs“, betont Deutschlandchef Christian Wurst. „Das Stückgutgeschäft war für uns angesichts des massiven Wettbewerbs im deutschen Markt immer schwierig und lange Zeit defizitär“, sagt er. Nur zuletzt habe dieser Bereich schwarze Zahlen geschrieben. „Seit 2009 war das Stückgutgeschäft zudem nicht mehr unsere Kernkompetenz“. Der Verkauf der Aktivitäten sei daher „ein konsequenter Schritt“ gewesen, weil sich Wincanton nun auf die drei Kernbereiche Hightech, intermodaler Verkehr und Kontraktlogistik konzentrieren könne. Außerdem werde man Kunden auch in Zukunft kundenspezifische Transportleis-tungen bieten, betont er. Stückgutsendungen werde man dagegen künftig über die bestehende Kooperation mit ILN, aber auch mit der Raben Gruppe abwickeln. Bleibt schlussendlich die Frage, ob Rabens Aufkauf den „Dominoeffekt“ in der Stückgutbranche auslöst, den manche Branchenkenner seit Jahren heraufbeschwören. Angesichts des Wettbewerbs mit den großen Speditionskonzernen sei dies eher unwahrscheinlich, sagt ein Geschäftsführer, der namentlich nicht genannt werden will.Das Ganze dürfte die bestehenden Stückgutkooperationen und ihre Mittelständler noch enger zusammenschweißen. ❙❚■ Eva Hassa Werden auf Deutschlands Straßen künftig noch stärker vertreten sein: LKW der Raben Gruppe Raben kauft 56 Wincanton-Standorte Für umgerechnet 35 Millionen Euro verkaufte der britische Logistikdienstleister Wincanton 16 seiner deutschen Standorte an die Raben Gruppe. Zudem übernahm Raben von Wincanton 40 Standorte in Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei, die in der Kontraktlogistik und im regionalen Landverkehr tätig sind. Die Raben Gruppe erwirtschaftete 2010 mit 5200 Mitarbeitern einen Umsatz von 512 Millionen Euro. Davon entfielen rund 35 Prozent auf das deutschlandweite Stückgutgeschäft, 30 Prozent auf das internationale Sammelgutgeschäft, 20 Prozent auf Lagerlogistik und 15 Prozent Umsatz auf Ladungsverkehre sowie See- und Luftfracht. Durch den Kauf der 16 Wincanton-Standorte in Deutschland sowie weiterer 40 Wincanton-Standorte in Osteuropa wächst der Umsatz der Raben Gruppe um 370 Millionen Euro auf über 880 Millionen Euro. eh Raben Gruppe Keine Angst vor dem deutschen Wettbewerb Welche Ziele Ewald Raben, CEO der Raben Gruppe, deutschland- und europaweit hat und welche Rolle dabei System Alliance spielt. Sie sind bislang mit sieben Standorten in Deutschland vertreten und Gesell-schafter der Kooperation System Alliance. Nun haben Sie hierzulande von Wincanton 16 weitere Standorte gekauft. Planen Sie nun ein eigenes Stückgutnetz in Deutschland? Ewald Raben: Das ist überhaupt nicht unser Ziel! Die sieben Standorte, mit denen wir für System Alliance tätig sind, stärken dieses Stückgutnetz. Und genau das Gleiche wollen wir mit einem bestimmten Teil unserer 16 neuen Standorte von Wincanton auch tun. Wir wollen diese mit System Alliance verbinden und das Netz damit weiter stärken. An welchen Standorten könnten Sie sich das vorstellen? Es gibt noch einige Standorte in Deutschland, an denen die System Alliance Bedarf hätte und die Wincanton-Standorte gut dazu passen könnten, zum Beispiel in Heilbronn. Denken Sie an die Spedition Zufall, sie hat nach dem Verkauf des früheren System-Alliance-Gesellschafters Cordes & Simon an Kühne + Nagel eine neue Niederlassung in Herborn eröffnet, um die Lücke von Cordes & Simon zu schließen. Außerdem gibt es Standorte im System-Alliance-Verbund, an denen heute schon mit Hellmann und Rhenus zwei Gesellschafter tätig sind, zum Beispiel in Frankfurt/Main. Es gibt also viele Möglichkeiten, wie sich die neuen Raben-Standorte in das Netz von System Alliance integrieren lassen. Der Aufsichtsratsvorsitzende unserer Kooperation hat gesagt, dass wir ein offenes Netz sind. Wir erwarten, dass er also hinter unseren Plänen stehen wird, weil sie die System Alliance stärken. Was spricht gegen ein eigenes Netz? Haben Sie Angst vor dem Wettbewerb in Deutschland? Das sicher nicht. Wichtig ist, dass sich die Gesellschafter von System Alliance untereinander sehr gut verstehen. Wir haben zum Beispiel erst vor Kurzem gemeinsam den „Zukunftsreport“ erstellt und dafür sehr viel über die Trends von morgen gesprochen und wie wir mit diesen umgehen wollen. Deshalb will ich alles dafür tun, die System Alliance durch unsere Zukäufe weiter zu stärken. Wie viele und vor allem welche Standorte werden Sie in das Netz der System Alliance integrieren? Das weiß ich noch nicht. Wir haben ja erst gestern die Verträge mit Wincanton unterzeichnet. Wir werden in den nächsten Wochen mit den Gesellschaftern sprechen und dann gemeinsam prüfen, an welchen Standorten dies sinnvoll sein könnte. Neben den 16 Standorten in Deutschland haben Sie von Wincanton 40 weitere Standorte gekauft, unter anderem in Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei. Wollen Sie diese ebenfalls in das Netz der System Alliance Europe einbringen? Eher nicht. Die Wincanton-Standorte sind ja vor allem in ihren jeweiligen Ländern im Landverkehr und in der Lagerlogistik stark, während sich System Alliance Europe auf Stückgut fokussiert. Wie wir unsere neuen Standorte an Europa anbinden können, werden wir daher noch prüfen. Das hängt auch von den Kunden ab, die Wincanton in diesen Ländern hat. Welche Strategie verfolgt Raben? Wir sind ein mittelständisches Unternehmen und wollen in einigen Ländern Europas gut entwickelt sein. Das klingt bescheiden. Jeder will nach Deutschland und dort ein Netz aufbauen. Aber man muss realistisch sein. Wir sind ein mittelständisches Unternehmen. Da muss man wissen, was machbar ist und was nicht. In Deutschland zum Beispiel werden wir nur mit Partnern vorankommen, auch wenn wir hier an bestimmten Standorten wie in Nürnberg, Mönchengladbach und in Wuppertal eine zentrale Rolle spielen wollen. In Zentraleuropa ist das anders, da schaffen wir es vielleicht auch alleine, weil wir im Baltikum, in Polen, Tschechien, Ungarn und der Ukraine schon heute eines der größten Unternehmen sind. Als Mittelständler wird es uns aber nie gelingen, alleine ein deutschland- oder gar europaweites Netz aufzubauen. Viel wichtiger ist es uns, die gekauften Standorte in unser Unternehmen richtig zu integrieren und sie zu optimieren. Und zwar so, dass wir den Mitarbeitern ein Zuhause geben können. eh Interview Ewald Raben

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