Doha. Die staatliche katarische Fluglinie Qatar Airways (QR) steht vor einem finanziellen Einstieg bei der tschechischen Czech Airlines (OK). Nach Angabe von QR-Chef Akbar Al-Baker prüft seine Gesellschaft derzeit die Bücher der in Prag beheimateten Linie. Kommt es zu der Minderheitsbeteiligung, wäre dies der zweite Anlauf der Katarer, in der europäischen Luftfahrt Fuß zu fassen. Ein vorangegangenes 35-prozentiges Engagement beim Frachtflieger Cargolux scheiterte allerdings erst im vergangenen November am Widerstand von Teilen des Managements der luxemburgischen Linie, an Protesten gegen das von QR verlangte rigide Schrumpfungsprogramm zur Sanierung von Cargolux sowie Interventionen der Politik des Großherzogtums gegen das Vorgehen von Qatar Airways.
Wie Al-Baker sagte, gebe es derzeit noch keine konkreten Verhandlungen über eine Beteiligung zwischen Vertretern Katars und Tschechiens über die Beteiligungspläne. Seinen Angaben zufolge strebt QR die Übernahme eines Minderheitsanteils an, sollte das Prüfergebnis entsprechend den Erwartungen der Kontrolleure ausfallen. Als Zeitrahmen für ein Übereinkommen nannte der Airline-Chef die Monate April oder Mai. Kommt es zu dem Deal, müsste QR voraussichtlich den größten Teil der aufgelaufenen Defizite von OK übernehmen. Nach den in der EU geltenden Wettbewerbsregeln ist es der tschechischen Regierung untersagt, die Verluste von OK über den Staatsetat auszugleichen. Ein früherer Versuch der Prager Politik, ihre Staatslinie 2009 an Air France-KLM zu verkaufen, scheiterte an der mangelnden wirtschaftlichen Perspektive und dem von OK aufgetürmten Schuldenberg.
Vergleichbar mit der damaligen Situation ist die Ausgangslage für die arabische Fluglinie vom Golf, die als Gegenleistung für ihre Sanierungsbemühungen bei OK allerdings als wichtiges Faustpfand innereuropäische Verkehrsrechte für Passagier- und Cargotransporte erhielte.
Im Frachtbereich agiert Czech Airlines als tschechischer Vertriebsagent für die SkyTeam-Partner Delta Cargo und Korean Cargo. Zugleich gab Marketingchef Jiri Marek von OK bekannt, ab Juni Linienflüge per Airbus A330 zwischen Prag und Seoul starten zu wollen. Es ist das erste Langstreckenflugzeug in der Flotte der Gesellschaft. Der Passagierflieger kann im Schnitt 15 Tonnen Fracht mitnehmen. Weil sich zahlreiche koreanische Betriebe mit Zweigniederlassungen in Tschechien angesiedelt haben, besteht ein hoher Bedarf an Sendungstransporten auf dieser Strecke zwischen beiden Staaten. (hs)