Nachdem die M&A-Aktivitäten in der globalen Transport- und Logistikindustrie 2023 auf ein Zehnjahrestief gefallen waren, ging es 2024 wieder leicht bergauf, wie die Zahlen der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland zeigen. Demnach wurden weltweit 199 Fusionen und Übernahmen im Wert von mindestens 50 Millionen US-Dollar angekündigt (2023: 193). Das durchschnittliche Deal-Volumen stieg auf 483,8 Millionen US-Dollar (2023: 393,2 Millionen), während der Gesamtwert der Transaktionen von 75,9 Milliarden US-Dollar im Vorjahr auf 96,3 Milliarden kletterte – ein Plus von 27 Prozent. Maßgeblich dazu beigetragen hätten 21 sogenannte „Mega-Deals“ ab einem Wert von einer Milliarde US-Dollar, die laut der Studie allein rund 55 Prozent des Transaktionswerts ausmachten.
„Die Rahmenbedingungen für die Transport- und Logistikbranche waren 2024 schwierig: Geopolitische Spannungen und Handelskonflikte beeinträchtigten die Waren- und Investitionsströme. Industrie und Handel standen unter Druck, sich an die strukturellen Veränderungen im Welthandel anzupassen und ihre Lieferketten neu auszurichten“, kommentierte Ingo Bauer, Leiter des Bereichs Transport & Logistik bei PwC Deutschland, die Zahlen.
André Wortmann, Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC Deutschland, ergänzte: „Die Unwägbarkeiten des vergangenen Jahres zeigen, wie wichtig es für die Unternehmen der Branche ist, sich zu diversifizieren und agil zu bleiben. Fusionen und Übernahmen sind zu einer Schlüsselstrategie geworden, um Wachstum zu sichern, technologische Fortschritte zu erzielen und die Marktpositionen zu stärken.”
"Fusionen und Übernahmen sind zu einer Schlüsselstrategie geworden, um Wachstum zu sichern, technologische Fortschritte zu erzielen und die Marktpositionen zu stärken."
André Wortmann, Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC Deutschland
Die Hälfte der Deals zielt auf Logistik und Trucking ab
Der Bereich Logistik und Trucking war laut PwC 2024 das wichtigste Übernahmeziel: Er machte rund die Hälfte der Deals (99) und des Transaktionenvolumens aus (50,2 Milliarden US-Dollar). Wie im Vorjahr waren Finanzinvestoren an knapp der Hälfte der Transaktionen beteiligt (47 Prozent). Sie konzentrierten sich auf den Logistik- und Trucking-Sektor. Auch strategische Investoren nahmen bevorzugt Ziele aus dem Bereich Logistik und Trucking ins Visier, tätigten aber auch signifikante Investitionen in Luft- und Schifffahrtunternehmen.
Ein Blick auf das Deal-Geschehen in den einzelnen Regionen zeigt ein gemischtes Bild: Europa erzielte mit 51,8 Milliarden US-Dollar den höchsten Gesamtwert der Deals (2023: 35,4 Milliarden). Hier dominierten strategische Investoren, die sich auf attraktive Ziele in Logistik und Trucking sowie den Schifffahrtssektor konzentrierten. Deutsche Unternehmen waren an acht Deals beteiligt, darunter die Übernahme von DB Schenker durch DSV: Mit einem Deal-Volumen von 14,3 Milliarden Euro war die größte Transaktion des Jahres 2024 zugleich eine der größten in der deutschen Geschichte.
Abhängigkeiten von China reduzieren
Zahlreiche Unternehmen versuchen laut PwC, ihre Produktions- und Beschaffungsstrukturen in Asien zu diversifizieren, um sich aus einer starken Abhängigkeit von China zu lösen. Die Strategie beruhe auf einer Reduzierung der Importe aus China und der Verlagerung von Produktionskapazitäten nach Südostasien. Allerdings setzt China nicht nur auf Fusionen und Übernahmen, sondern kauft sich verstärkt mittels ausländischer Direktinvestitionen in diejenige Infrastruktur in Südostasien ein, die für ihre „Belt and Road-Initiative“ (BRI) von entscheidender Bedeutung ist. Damit gewinne China „erheblichen strategischen Einfluss in dieser Region und integriert diese in das eigene weltweite Transport- und Logistik- Netzwerk“, schreibt PwC.
„Die Annahme, man könne über Investitionen in einzelne Länder Südostasiens eine höhere Unabhängigkeit von China erreichen, kann daher täuschen – zumindest mittel- bis langfristig“, gab André Wortmann zu bedenken.
"Die globalen M&A-Aktivitäten werden im Jahresverlauf voraussichtlich weiter anziehen, denn die Bedingungen für die Finanzierung von Deals haben sich dank Zinssenkungen und steigender Bewertungen verbessert."
Ingo Bauer, Leiter des Bereichs Transport & Logistik bei PwC Deutschland
Ausblick
Trotz aller Risiken und Unsicherheiten blickt PwC-Experte Ingo Bauer zuversichtlich auf 2025: „Die globalen M&A-Aktivitäten werden im Jahresverlauf voraussichtlich weiter anziehen, denn die Bedingungen für die Finanzierung von Deals haben sich dank Zinssenkungen und steigender Bewertungen verbessert.“ Er geht davon aus, dass sich strategische Investoren bei ihren Deals auf Wachstum fokussieren und via Fusionen und Übernahmen gezielt Fähigkeiten erwerben werden, um branchenspezifische Probleme zu bewältigen – etwa den Fahrermangel im Trucking-Bereich, Überkapazitäten und Margendruck in der Containerschifffahrt oder den Konsolidierungsdruck bei Fluggesellschaften.
Gleichzeitig mahnt Bauer aber auch zur Vorsicht: „Die zahlreichen Unsicherheitsfaktoren – von gedämpften Wirtschaftsprognosen über ungelöste geopolitische Konflikte bis hin zur Gefahr einer protektionistischen Handelspolitik unter der neuen US-Regierung – sind weiterhin schwer kalkulierbare Risiken.“