Warschau. Polens Verkehrsminister wählt immer schärfere Worte bei seiner Kritik an den Bemühungen westlicher EU-Staaten zur faireren Regulierung des Straßengüterverkehrs innerhalb der Europäischen Union. Die protektionistischen Aktionen Frankreichs und Deutschlands zielten darauf ab, polnische Spediteure aus dem internationalen Transport zu eliminieren, sagte Andrzej Adamczyk kürzlich. Auch Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten – etwa Spanien – würden aus dem Markt gedrängt, fügte er hinzu.
Polens Verkehrsminister geht es bei der Kritik vor allem um die Regelungen Frankreichs, Deutschlands und Österreichs beim Mindestlohn und der geplanten Reform der EU-Entsenderichtlinie – also hauptsächlich um die Bezahlung von Lkw-Fahrern während Auslandstouren. Adamczyk betonte, die Straßengüterverkehrsbranche sei für sein Land extrem wichtig. Sie bringe dem Staatshaushalt Einnahmen von zwölf Milliarden Zloty (fast vier Milliarden Euro) jährlich und sorge für rund 100.000 Arbeitsplätze. Polen versucht derzeit in Brüssel, Maßnahmen gegen die neuen Mindestlohngesetze in Westeuropa und andere aus polnischer Sicht protektionistische Regulierungen zu erwirken. Derzeit läuft ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, Frankreich und Österreich wegen der Mindestlohnregelungen.
Polen fürchtet um Wettbewerbsvorteil
Die geplante Reform der EU-weiten Entsenderichtlinien sieht vor, dass etwa ein polnischer Spediteur seinem Fahrer nicht weniger als deutschen Mindestlohn zahlen darf, wenn dieser drei Tage oder länger im Kalendermonat auf deutschem Boden arbeitet. Für Transitfahrten soll die Regelung nicht gelten. Länder wie Frankreich und Deutschland argumentieren, dass die Wettbewerbsbedingungen verzerrt werden, wenn ein polnischer Unternehmer Leistungen im Ausland mit wesentlich geringeren Personalkosten anbieten kann. Polen und neun weitere Staaten Mittel- und Osteuropas dagegen sehen den größten Vorteil ihrer Transportbranche schwinden, wenn sie bei den Lohnkosten nicht mehr ihre etablierte westliche Konkurrenz unterbieten können.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versuchte kürzlich auf einer Osteuropa-Reise, die dortigen Regierungen von seiner Sichtweise zu überzeugen und versprach eine Lösung noch für das laufende Jahr (siehe VR 37/2017). (mk/ag)
Wilfried Engel