Hamburg. Die positiven Einschätzungen für das Offshore-Energie-Geschäft scheinen Früchte für die einer allgemeinen Neuausrichtung befindlichen deutschen Schiffbauindustrie abzuwerfen. Die Hamburger Sietas-Werft, die Anfang 2009 als Folge der Weltwirtschaftskrise in schwerster Bedrängnis stand, kann auf diesem Markt Fuß fassen. So wird sie für die niederländische Van Oord-Gruppe ein spezielles Errichter- und Transportschiff für Offshore-Einrichtungen bauen, das bis September 2012 abgeliefert wird. Für die in Steinkirchen bei Hamburg sitzende Spezialreederei Schiffahrtskontor Altes Land (SAL) liefert sie zwei Schwergutfrachter aus, die auch für die Erfüllung von Transportaufträgen für die Offshore-Industrie geeignet sind. Rund 120 Millionen Euro Wert ist dieser Auftrag, der mit der am Donnerstag in Hamburg vollzogenen Taufe des ersten Schiffes auf den Namen „Svenja" eine Teilerfüllung erfuhr.
Aktuell lässt SAL bei Sietas ein weiteres, völlig neuartiges Schiff für die Projekt-, Schwergut und Offshore-Schifffahrt entwickeln, erklärte SAL-Geschäftsführer Lars Rolner in Hamburg. Auch wenn damit derzeit noch kein Auftrag verbunden ist, ist die Chance durchaus gegeben, dass Sietas auch ein solches Schiff für SAL bauen könnte. Rolner: „Wir haben bis heute mehr als 50 Schiffe bei Sietas bestellt und sind damit stets gut gefahren." Mit der „Svenja" nimmt das Schifffahrtsunternehmen einen einsamen Platz im Olymp der Schwergut-Reedereien ein. „Super-Heavy-Lift" nennt der Fachmann diese Leistungsklasse, in der sich, auch aufgrund des hohen Kapitaleinsatzes, nur wenige Anbieter bewegen. Bis zu 2000 Tonnen Hebefähigkeit hat die „Svenja", übrigens das sechste Schiff der Reederei, das diesen Traditionsnamen führt. Eine Leistung, die im sogenannten „Tandem-Betrieb" erbracht wird, das heißt durch beide Krane gemeinsam. „Der Trend geht klar zu immer größeren und schwereren Ladungsteilen. Dieses Schiff und seine Leistungen tragen dem Rechnung", ergänzt Rolner. Die „Svenja" führt die deutsche Flagge und wird von einer 20-köpfigen Besatzung operativ betrieben.
Die Weltwirtschaftskrise hat auch im eigentlich solide in sich ruhenden Schwergut-und Projektladungsgeschäft Spuren hinterlassen. Weil Finanzierungen platzten, wurden Projekte zurückgestellt oder gar storniert. Inzwischen kehrt auch hier wieder Normalität ein. Wer in der Branche tätig ist, weiß: Bis es zur tatsächlichen Verladung kommt, vergehen gut eineinhalb bis zwei Jahre. Rolner: „Wir gehen für uns davon aus, dass sich der Markt erst im Verlauf der zweiten Jahreshälfte 2011 erholt haben wird."
Für die Sietas-Werft ist die Platzierung des Auftrages der Van Oord-Gruppe – plus einer möglichen Option für einen Folgeauftrag - so etwas wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, räumte Werft-Chef Rüdiger Fuchs ein. Damit nicht genug: es sichert auch die Beschäftigung der rund 1000 Mitarbeiter bis weit ins Jahr 2012 hinein. Damit nicht genug: Mit diesem Auftrag in der Tasche, kann die Werft jetzt auch weitere Unternehmen ansprechen, die ebenfalls auf Offshore setzen. Auch wenn beide Seiten Stillschweigen über den Baupreis wahren, gibt es gewisse Vergleichsmöglichkeiten zu Aufträgen, die bereits auf anderen Werften platziert wurden beziehungsweise noch erteilt werden sollen. So soll das RWE-Tochterunternehmen Innogy für sein bereits Ende 2009 auf der Daewoo-Werft in Südkorea bestelltes, erstes Offshore-Montageschiff – auch hier liegt eine Option für ein zweites Schiff vor – rund 100 Millionen Euro bezahlen. Die Bremer Beluga Shipping-Reederei, ebenfalls Projektladungs- und Offshore-Spezialist, plant die Bestellung von vier Errichter- und Transportschiffen ähnlich dem Van Oord-Auftrag. Die Rede ist von rund 750 Millionen Euro für das Quartett. (eha)