Wien. Die Corona-Krise hat weitreichende Auswirkungen auf Österreichs Schienengüterverkehr und wird diesen um vier Jahre zurückwerfen. Davon ist Thomas Scheiber, Obmann des Fachverbandes der Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), überzeugt: „Das Gütertransportvolumen auf der Schiene ist seit Beginn der Corona-Pandemie um mehr als 25 Prozent eingebrochen. Das wirft uns um vier Jahre zurück“.
Durch die Krise seien aber auch Österreichs Klimaziele bis 2030 in Gefahr, die der Internationale Energieagentur (IEA) zufolge mit den derzeit geplanten Maßnahmen weit verfehlt werden. Andreas Mandl, Sprecher des Ausschusses Schienengüterverkehr, zu diesem Thema: „Um Österreichs Verkehrssektor auf Kurs zu bringen und Strafzahlungen zu vermeiden, muss die gesamte Schienengüterverkehrsbranche durch Entlastungen und Förderungen wieder handlungs- und zukunftsfähig gemacht werden“.
Schienengüterverkehr weit ab vom Kurs
Schon vor der Corona-Krise sei Österreich mit einem Anteil der Schiene von 31 Prozent am gesamten Güterverkehr noch weit entfernt von den angestrebten 40 Prozent bis 2025 gewesen. „Nach den aktuellen Einbrüchen ist es illusorisch, dass wir dieses Ziel annähernd erreichen“, sagt Branchensprecher Mandl. Das stelle besonders für die österreichischen Klimaziele eine Gefahr dar, denn die Emissionen im Verkehrssektor stiegen seit fünf Jahren kontinuierlich. Mittlerweile sei der Verkehr laut Umweltbundesamt für etwa 30 Prozent der gesamten CO2-Emissionen Österreichs verantwortlich. Und während der Anteil des Schienengüterverkehrs abnehme, hätten sich laut Verband die Emissionen im Straßengüterverkehr seit 1990 mehr als verdoppelt. Eine gesamte Branche, die für die Erreichung der Klimaziele schlichtweg wachsen müsse, sei nun in Bedrängnis und appelliere in einem gemeinsamen Schulterschluss an das zuständige Finanzministerium. Insgesamt seien dies 35 Eisenbahnverkehrsunternehmen – vom Marktführer Rail Cargo Austria bis hin zu sämtlichen privaten Güterbahnen.
Investitionen in Österreichs Zukunft
Um Österreichs Verkehrssektor wieder auf Kurs zu bringen und Strafzahlungen zu vermeiden, seien Investitionen in den Schienengüterverkehr dringend notwendig. Schon bei der Anpassung der Fördermittel für den Schienengüterverkehr 2016 wurden für jeden investierten Euro externe Kosten von 3,39 Euro vermieden, so der Verband. Das investierte Geld komme vorwiegend Österreich zugute: Mit 35 Eisenbahnverkehrsunternehmen und einem jährlichen Umsatz von rund 3,2 Milliarden Euro trage der Schienengüterverkehr stark zur heimischen Wertschöpfung bei, denn 2019 seien für 91,4 Prozent der gesamten Transportleistung auf der Schiene inländische Bahnunternehmen verantwortlich gewesen.
Entlastungen dringend nötig
Um der Schiene eine faire Chance im Wettbewerb mit der Straße zu ermöglichen, fordert der Fachverband der Schienenbahnen gleichzeitig dringend finanzielle Entlastungen und Unterstützungsleistungen:
- Reduktion des Infrastrukturbenützungsentgelts (IBE) um 50 Prozent für Güterzugfahrten
- Ein Fixkostenzuschuss ab einem Umsatzrückgang für 25 Prozent soll die außerordentlich hohen Fixkosten im Schienengüterverkehr – etwa für Lok- und Wagenmieten – abfedern
- Eine Befreiung beim Bezug von Bahnstrom aus erneuerbaren Energieträgern soll dieses Ungleichgewicht aufheben. Der Strompreis für die Schiene liegt sehr hoch, mit 15 Euro pro Megawattstunde hat Österreich sogar den EU-weit höchsten Steuersatz auf Bahnstrom.
Schienengüterverkehr wettbewerbsfähig machen
Um den Schienengüterverkehr nachhaltig wettbewerbsfähig zu machen, brauche es jedoch Maßnahmen, die über Entlastungen in der aktuellen Krise hinausgehen. „Eine dauerhafte Erhöhung der Förderung für den Schienengüterverkehr um 50 Prozent und der Abbau von Mehrfachkontrollen würde die Schiene als sichersten Verkehrsträger wieder konkurrenzfähig machen. Die Verlagerung von Abfalltransporten auf die Schiene und die Abgeltung von Investitionen in den Bau, die Erneuerung und den Betrieb von Anschlussbahnen würden zusätzliche Impulse schaffen. Für einen effizienten Betrieb muss der Schienengüterverkehr außerdem national und grenzüberschreitend durch Harmonisierungen und technische Innovationen vereinfacht werden. Nur so können wir das Gütertransportvolumen und die verlorenen Jahre für die Erreichung der Klimaziele ansatzweise wieder aufholen“, so Mandl abschließend. Der Ball liege nun beim zuständigen Finanzministerium. (ja)