Nur einer kann gewinnen

Nur einer kann gewinnen Dem Wettbewerb immer eine Nasenlänge voraus: Wie Transport- und Speditionsunternehmen auch in Krisenzeiten bei Ausschreibungen erfolgreich zum Zug kommen. Laderaumknappheit, Fahrermangel, Dieselzuschlag und explodierende Frachtraten – nicht einmal ein Jahr sind diese Schlagwörter alt. Und doch hat sich binnen weniger Monate das Blatt komplett gewendet: Inzwischen beherrschen wieder Themen wie Überkapazitäten oder ruinöse Preise die Transport- und Logistikbranche. Walid Aziz, geschäftsführender Gesellschafter des Systemverkehr-Spezialisten TLS Logistik in Naila, kann ein Lied davon singen. „Der Preisdruck ist momentan so hoch wie noch nie“, sagt er. „Fast jedes Verladerunternehmen nutzt die wirtschaftliche Flaute, Transporte neu auszuschreiben, um die Preise zu senken.“ Fast täglich erhält der mittelständische Transportunternehmer Ausschreibungsunterlagen. Zusätzlich fuhr Walid Aziz seit Mitte Februar, sechs Wochen lang, jeden Tag zu Kunden und musste mit ihnen über seine Preise sprechen. „In diesen sechs Wochen war ich fast 12.000 Kilometer mit dem Auto unterwegs“, erzählt er. „Da hilft mir kein Außendienstmitarbeiter, da muss ich als Firmenchef selbst ran.“ Immerhin hat sich das persönliche Engagement des Unternehmers ausgezahlt: „Bei 50 Prozent unserer Kunden konnten wir die Preise stabil halten; bei 50 Prozent mussten wir kleinere Preisnachlässe einräumen“. Sein Erfolgsrezept? „Rechnen, rechnen, rechnen“, sagt Aziz. Auch Christoph Ludin, Vertriebsleiter des mittelständischen Logistikdienstleisters Simon Hegele Gesellschaft für Logistik und Service in Karlsruhe, trifft die momentane Ausschreibungsflut. Mindestens drei Kontraktlogistik-Ausschreibungen im Monat erhält der 43-Jährige seit Anfang des Jahres. Absender sind meist Fertigungsunternehmen, die zum Beispiel ihre Produktionsversorgung und Inhouse-Logistik neu ausschreiben – nicht gerechnet „unzählige telefonische Anfragen im speditionellen Bereich“. Vier umfangreiche Kontraktlogistik-Ausschreibungen liegen derzeit bei Ludin auf dem Schreibtisch. Jede davon umfasst im Schnitt 150 DIN-A4-Seiten. Drei bis vier Mitarbeiter aus seinem Vertriebsteam sind mindestens drei Tage beschäftigt, erzählt der Hegele-Mann, die geforderten Daten aus Fuhrpark, Disposition, Lager und EDV zusammenzutragen. Jährlicher Kostenaufwand durch derlei Ausschreibun-gen? „Das summiert sich schnell auf sechsstellige Summen“, schätzt Christoph Ludin. Kosten, die ihm allerdings kein Kunde bezahlt. „Das sind unsere Vorleistungen,“ sagt er. „Billig, billig, billig“ – das sei nun einmal im Moment die Devise aller Verlader. Bis an die Schmerzgrenze gehen Gunnar Gburek, Bereichsleiter des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), bestreitet das. „Billig ohne Qualität kann sich kein Verlader leisten“, betont er. Gleichwohl bestätigt auch er, dass Unternehmen die momentane Situation dazu nutzen, um Preise neu zu verhandeln. „Die preisliche Situation ist einfach besser als vor einem Jahr“, sagt er. Die Anzahl der Ausschreibungen hat deshalb deutlich zugenommen.“ Zum Teil würden sogar Verträge neu ausgeschrieben werden, erzählt Gburek, obwohl sie noch nicht abgelaufen seien. Besonders aktiv sind im Übrigen Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Automobilbranche. „Jetzt aber als Dienstleister grundlos an der Preisschraube zu drehen, um seine Mitbewerber durch Niedrigstpreise aus dem Markt zu kicken, ist der falsche Weg“, warnt Hans-Peter Reisch. Der 56-jährige Wirtschaftsingenieur ist Partner der Unternehmensberatung Logo-Team in Karlsruhe und berät seit über 20 Jahren mittelständische Transport- und Logistikdienstleister bei Ausschreibungen. Er kennt deshalb die Anforderungen der Verlader sehr genau – sowohl im Transport- als auch im Kontraktlogistiksegment. Reischs Erfahrung in diesen Jahren: „Sicherlich ist der Preis oft das wichtigste Kriterium für die Entscheidung eines Verladers“, weiß er. Andererseits lehnen seiner Meinung nach viele Verkehrsdienstleister eine Forderung zur Preissenkung zu schnell mit einem schlichten „Das geht nicht“ ab. „Die wenigsten gehen wirklich auf das Schreiben der Verlader ein und argumentieren ihnen, warum sie die 10 oder 15 Prozent Preisnachlass nicht gewähren können“, moniert Reisch. Besser sei es, dem potenziellen Auftraggeber die eigenen Kostensteigerungen in konkreten Modellrechnungen präzise darzulegen und ihn in die Problematik einzubinden. Und: „Geben Sie nicht zu schnell auf“, rät er. Gehen Sie bei der Kalkulation Ihrer Preise an die Schmerzgrenze!“ Der Spediteur – das unbekannte Wesen Schlimm: Bis zur Preiskalkulation kommen allerdings viele Transport- und Speditonsbetriebe erst gar nicht. Der Verlader kennt sie nicht. Deshalb werden sie bei Ausschreibungen nicht einmal angeschrieben, beobachtet Reisch, obwohl der Dienstleister in der Region sitzt. Grund: In Vorbereitung auf ihre Ausschreibung greifen viele Logistikleiter auf interne Informationen zurück oder nutzen das Internet für einen schnellen Überblick über potenzielle Transport- und Speditionspartner, etwa über bekannte Branchenportale. Nach wie vor sind aber längst nicht alle Dienstleister in gängigen Suchmaschinen eingetragen, geschweige dass sie sich im Internet auf Branchenportalen darstellen. Reisch rät deshalb: „Zeigen Sie Präsenz im Internet, sprechen Sie mit Medien. Nutzen Sie das Instrument der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Nur so werden potenzielle Auftraggeber auf Ihre Firma aufmerksam.“ Sofort nachhaken, nicht abhängen lassen Moniert werde von vielen Auftraggebern aber auch, weiß der Karlsruher Unternehmensberater, dass ihre Anfragen „häufig bei Transporteuren abhängen“ und erst nach Wochen beantwortet werden. Besser sei es, rät Reisch: „Beantworten Sie solche Anfragen binnen zwei, drei Tagen, insbesondere wenn der Verlader zunächst nur die Zusendung einer Firmenbroschüre und Vertraulichkeitserklärung verlangt.“ Schlussendlich ermuntert er, bei ausschreibenden Firmen sofort nachzuhaken, wenn bestimmte Anforderungen in der Ausschreibung unpräzise oder unvollständig dargestellt sind. „Prüfen Sie eingehende Ausschreibungsunterlagen sofort auf ihre Vollständigkeit, etwa die Mengengerüste und Prozessbeschreibungen. Andernfalls fragen Sie sofort bei dem Ansprechpartner des Verladers nach. Zeigen Sie Ihr Interesse!“ 20 Prozent der Angebote waren schlecht Indirekt bestätigt dies auch Claudia Schemel, Logistikleiterin bei Xella Trockenbau Systeme. Sie schrieb vor wenigen Monaten 16 Transportpakete im Wert von zehn Millionen Euro sowie drei Lagerstandorte neu aus. Ihr Fazit: „Rund 60 Prozent der Angebote würde ich als gut bezeichnen, 20 Prozent als eher mittelmäßig und die restlichen 20 Prozent als schlecht.“ Die zum Teil mäßige Qualität habe aber nichts mit der Betriebsgröße des abgebenden Dienstleisters zu tun gehabt, betont sie. Vielmehr: „Manchmal trafen wir bei den Dienstleistern auf Mangel an Interesse und Arroganz, die sich darin zeigte, dass sich die Unternehmen überhaupt nicht mit unseren Anforderungen auseinandergesetzt haben.“ Das sind harsche Kritikpunkte, vor allem aber Kritikpunkte, die Verkehrsdienstleister sehr leicht abstellen können. „Haken Sie bei dem ausschreibenden Unternehmen nach. Bitten Sie den Verlader um die notwendigen Informationen und Daten“, rät Bernhard Rieger, Firmengründer von BR Consulting in Röhrmoos bei München (s. Kasten auf S. 34). Idealerweise klärt man die offenen Sachverhalte in einem zweiten Kundengespräch und die möglichen Aufgabengebiete direkt vor Ort des ausschreibenden Unternehmens. Notfalls aber sollte der Spediteur in seinem Konzept darauf hinweisen, empfehlen diverse Berater, dass es sich um ein Angebot mit Richtpreischarakter handelt. So kann er unter Umständen seine Preise nachjustieren. Kosten richtig einschätzen Ganz wichtig: Bei der Abgabe eines Angebots sollte die Preiskalkulation des Dienstleisters auf realistischen Kosten aufbauen. Das klingt selbstverständlich, wird aber in wettbewerbsintensiven Zeiten häufig außer Acht gelassen. Gerade bei komplexeren Outsourcing-Projekten unterschätzen Spediteure die Kosten, die ihnen durch die Übernahme des Projekts entstehen. Angefangen bei den eingangs genannten Aufwendungen, die ihnen für die Angebotserstellung entstehen. Diese summieren sich schnell auf mehrere tausend Euro. Und schlimmstenfalls bleibt der Dienstleister auf diesen Kosten sitzen, wenn der Verlader nach Prüfung des Ausschreibungsangebots plötzlich die Entscheidung fällt, seine Logistik doch selbst abwickeln zu wollen. Auch beispielsweise die „Übernahme von Verlader-Mitarbeitern“ – Stichwort Betriebsübergang nach BGB § 613a – wird von vielen Spediteuren in der Angebotskalkulation als Kostenfaktor unterschätzt. Gar nicht zu reden von den vielen Pflichten, die auf Dienstleister nach Ablauf solcher Outsourcing-Projekte zukommen und in der Phase der Ausschreibung meist unberücksichtigt bleiben. Nicht nur Chancen, sondern auch Risiken Fazit: Jede Ausschreibung birgt für Transport- und Speditionsunternehmen nicht nur Chancen, sondern auch auch viele Risiken. Gerade um Letztere zu verhindern, hilft nur eines: Viele Dienstleister „schätzen ihre Stärken und Schwächen falsch ein“, beobachtet Unternehmensberater Hans-Peter Reisch. Mit der Folge, dass sie die Ausschreibung zwar gewinnen, den Auftrag letztlich aber nicht sauber abwickeln können. Reisch rät deshalb: „Sie müssen nicht an jeder Ausschreibung teilnehmen! Das ausgeschriebene Projekt muss zur Strategie Ihres Unternehmens passen“, sagt er, „zu Ihren Geschäftsfeldern, Ihrer Unternehmensstruktur und schlussendlich zu Ihren Mitarbeitern.“ ❙❚■ Eva Hassa „Ich vermisse Proaktivität“ Aus eigener Logistikleiter-Erfahrung bei einem Hersteller, weiß er, worauf Verlader Wert legen: Berater Marc Possekel zu den typischen Fehlern vieler Transporteure und Spediteure bei Ausschreibungen. Was sind die häufigsten Fehler, die Transporteure und Spediteure in ihren Ausschreibungs-Angeboten machen? Marc Possekel: Was ich bei den Dienstleistern am meisten vermisse, ist Proaktivität. Viele Ausschreibungen könnten vermieden werden, wenn sich Dienstleister während der Vertragslaufzeit mehr Gedanken machen würden, Prozesse und damit die Kostenstruk-tur für ihre Kunden zu verbessern. Manche Dienstleister reden zwar von kontinuierlichen Verbesserungsprozessen, aber die wenigsten führen diese auch durch. Dienstleister, die dies beherzigen, könnten etliche Neuaus-schreibungen bei ihren Kunden verhindern oder haben im Falle einer Ausschreibung einen uneinholbaren Know-how-Vorsprung. Warum machen das so wenige? Es kommt vor, dass einige Spediteure die Thematik der Ausschreibung nicht verstehen. In der Regel ist das Niveau auch bei mittelständischen Dienstleistern aber sehr hoch. Gute Dienstleister fragen oft aktiv nach, wenn ihnen ein Punkt in der Ausschreibung nicht klar ist und liefern keinen Unsinn ab. Unter 15 Angeboten auf eine ordentliche Ausschreibung finden sich in der Regel mindesten zehn sehr brauchbare Offerten. Kommt es hier zu Lande vor, dass Spediteure versuchen, die Auftragsvergabe durch Zuwendungen – also Bestechung – zu ihren Gunsten zu beeinflussen? Bei Ausschreibungen ist immer das Vieraugenprinzip gut. In den Ausschreibungsprozess sollte daher stets jemand aus der Vertriebs- oder Einkaufsabteilung eingebunden sein. Das hat auch für den Logistikleiter den Vorteil, dass nicht der Verdacht aufkommt, hier drehe jemand ein krummes Ding. Solche Gerüchte kommen aber viel häufiger vor, als dass wirklich etwas Illegales gelaufen ist. ak Interview Marc Possekel Praktische Tipps für Logistikausschreibungen Auf welche Kriterien legen Logistikleiter bei der Auswahl des richtigen Transport- und Speditionsdienstleisters Wert? Was müssen Logistiker beachten, die Lagertechnik und Logistik-IT einkaufen wollen? Diese Fragen und viele mehr beantwortet die Neuerscheinung „Ausschreibungen in der Logistik“ von Herausgeber Marc Possekel, Inhaber und Geschäftsführer der Unternehmensberatung Logvocatus. Das Buch ist im Verlag Heinrich Vogel erschienen und kostet 58,85 Euro inklusive Mehrwertsteuer. eh Checkliste Ausschreibungsunterlagen prüfen Bevor Sie als Dienstleister vorschnell Ausschreibungen beantworten, sollten Sie die Ausschreibungsunterlagen sowie die Daten und Vorgaben Ihres Verladers inhaltlich auf Vollständigkeit und Verständlichkeit überprüfen. Bei komplexen Ausschreibungen helfen Ihnen auch Fachberater bei der Angebotsausarbeitung. Projektteam gründen Selbst Fracht-Ausschreibungen sollten Verkäufer oder das Tender-Management nicht im Alleingang beantworten. Gründen Sie ein Projektteam, in dem Verkäufer sowie Spezialisten aus Fachabteilungen wie Disposition (Nah- und Fernverkehr), Lager und EDV vertreten sind. Ausschreibungsdaten bewerten Dieses Projektteam liefert sowohl die nötigen Daten als auch die Kosten, die durch die Erstellung der ausgeschriebenen Dienstleistung im Unternehmen entstehen. Benutzen Sie das gelieferte Mengengerüst, um die Sendungsstruktur sowie die Absatzstruktur (Gebietsanalyse) durchführen zu können. Anschließend bewerten Sie die Daten mit Ihren Kosten respektive mit einem zu erzielenden Gewinnaufschlag. Anforderungsprofil der Ausschreibung prüfen Prüfen Sie mit Ihrem Projektteam, welche der Anforderungen des Verladers Ihre Firma bereits erfüllen kann, an welchen sie konkret arbeiten muss. Gehen Sie offen mit sich um. Es bringt nichts, wenn Sie dem Verlader etwas versprechen, was Ihre Firma nicht halten kann. Gewinnmarge kalkulieren In den meisten Ausschreibungen gibt es verschiedene Verhandlungsstufen, die der Verlader vorgibt. Trotzdem sollten Dienstleister vor Abgabe ihres Preises zunächst alle Kosten inklusive Investitionskosten klären, die ihrer Firma durch die Erbringung der ausgeschriebenen Dienstleistung entstehen. Haben Sie den Mut für Gewinnmargen! Erst wenn Sie diese Kosten und Spannen kennen, sollten Sie die Preismatrix des Verladers ausfüllen und dabei Verhandlungsstufen berücksichtigen. Gezielt beim Kunden nachfragen Scheuen Sie sich nicht, unverständliche Punkte in der Ausschreibung beim Kunden direkt nachzufragen. Sie vermeiden so unnötige Fehler und Fehlinterpretationen. Ausschreibungen vollständig ausfüllen Achten Sie auf Vollständigkeit Ihrer Unterlagen. Selbst wenn Sie Bestandskunde sind und davon ausgehen, Ihr Kunde kenne Sie, sollten Sie alle in der Ausschreibung genannten Punkte erfüllen. Fristen genau einhalten Halten Sie sich penibel an die Vorgaben der ausschreibenden Firma, wann die Unterlagen und Preisangebote eingereicht sein müssen. Wer zu spät oder unvollständig antwortet, erhält eine schlechte Bewertung. eh Erfolgsfaktoren, um Ausschreibungen zu gewinnen Wer bei Ausschreibungen zum Zuge kommen will, muss strukturiert vor-gehen. Wie, sagt Bernhard Rieger, Firmengründer von BR Consulting. Wann empfiehlt sich für Verlader eine standardisierte Ausschreibung? Wann eher eine dialog-getriebene mit dem Dienstleister? Vor allem aber: Welche Vor- und Nachteile bergen die jeweiligen Ausschreibungsvarianten für das ausschreibende Unternehmen, aber auch für den Transport-/Speditionsdienstleister? Antworten darauf liefert der neue Leitfaden „Offene oder standardisierte Ausschreibung“ des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) in Frankfurt/Main. Entwickelt wurde er unter der Ägide von BME-Bereichsleiter Gunnar Gburek im Arbeitskreis „Ausschreibungsmanagement“ gemeinsam mit Verlader- und Speditionsunternehmen. Auf der Transport Logistic werden das Software-Tool und der Leitfaden erstmals präsentiert. Wichtigste Erkenntnis: Auch für Transport- und Speditionsunternehmer ist der BME-Leitfaden interessant. Sie gewinnen einen wertvollen Einblick in die „Denke“ ausschreibender Unternehmen, auf welche Kriterien diese zum Beispiel bei der Auswahl ihrer Dienstleister achten. Spediteure, die Transporte ausschreiben, erhalten zudem Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Ausschreibung, die optimale Vorgehensweise sowie Anregungen für die Auswahl von Dienstleistern. eh Gunnar Gburek, Bereichsleiter Logistik beim BME in Frankfurt/Main Ausschreibungs-tool Ausschreibung Die Ausgangslage ist typisch: Der Auftraggeber ist mit der Qualität seines Dienstleisters an sich zufrieden, möchte aber die Kosten senken. Also beauftragt die Controllingabteilung den Einkauf, bei zwei bis drei Konkurrenten Vergleichsangebote einzuholen; „Der Markt wird immer häufiger getestet“, bestätigt Markus Bergauer, Vorstand der Unternehmensberatung Inverto AG in Köln. Mit dem Resultat der abgefragten Preise konfrontieren die Verlader dann zum Beispiel ihren Stammlogistikdienstleister. „Er wird dann in der Regel auch den Preis senken oder Zusatzleistungen anbieten“, sagt Eike Thomsen, Partner und Managing Director bei BrainNet, einer führenden Beratung für Supply Chain Management. Leicht machen sich die Verlader den Wechsel allerdings nicht: Wirklich ausgetauscht wird der Dienstleister nur, wenn der Neue mindestens drei bis fünf Prozent günstiger ist; dieser Schwellenwert hängt natürlich vom Volumen ab und wie eng das Speditionsunternehmen und der jeweilige Auftraggeber verzahnt sind. Wie aber können Verkehrsdienstleister solche Testballons erkennen? „Je mehr Einblick der Verlader in sein Geschäft gibt, desto ernster ist die Ausschreibung gemeint“, formuliert Experte Thomsen die Faustregel. Weitere Indizes für seriöse Ausschreibungen sind: Alle ausgeschriebenen Relationen/Kontrakt-logistik-Aufgabenbereiche werden genau beschrieben. Die Ausschreibungsunterlagen enthalten die Namen und Kontaktdaten der Ansprechpartner – nicht nur in der Zentrale, sondern gegebenenfalls auch in den Niederlassungen des Versenders. Die Bedingungen, zu denen be- und entladen wird, sind in der Ausschreibung präzise dargestellt. Zum Beispiel: Welches Equipment wird benötigt, zu welchen Zeiten kann be- und entladen werden, gibt es Besonderheiten vor Ort? Auch die Beteiligung eines externen Einkaufsberaters deutet auf eine seriöse Anfrage hin, schließlich verlangen diese Experten nicht selten Tageshonorare von 1500 Euro – zu viel, um nur den Markt zu testen. Eher gegen ein ernst gemeintes Interesse spricht, wenn etwa nur Einzelrelationen nachgefragt werden. „Der Trend geht dahin, möglichst große Auftragspakete zu vergeben,“ weiß Berater Markus Bergauer. Viele Verlader würden diesen Weg wählen, um ihre Spediteursbeziehungen zu vereinfachen. Die Folge: Ausschreibungen werden immer komplexer und können bei internationalen Transporten 50 Manntage und mehr beanspruchen. Trotzdem sollten Transport- und Speditionsbetriebe, das empfehlen unisono alle Berater, selbst bei klar erkennbaren Test-Ausschreibungen ein Angebot abgeben, solange der Verlader den Bogen nicht überspannt. cg Ausschreibungen: So trennen Sie erfolgreich die Spreu vom Weizen: Welche Verladeranfragen sind seriös, welche unseriös? Um ihre Transport- und Speditionspartner kostenmäßig weiter zu drücken, testen viele Verlader immer häufiger den Markt und holen Vergleichspreise diverser Verkehrsdienstleister ein. Woran Transport- und Speditionsbetriebe solche Testballons schnell erkennen.