Noch näher am Kunden

300 MILLIONEN EURO steckt Hermes in sein Logistiknetz, um sich auf das weitere Wachstum im Paketmarkt vorzubereiten. Bundesweit sind neun neue Logistik-Center (LC) geplant, von denen sechs schon in Betrieb sind. Zuletzt kamen im Februar Hamburg und im März Kabelsketal zwischen Halle und Leipzig hinzu. Seit April wickeln allein in dem rund 9000 Quadratmeter großen, 55 Millionen Euro teuren LC Hamburg 200 Mitarbeiter bis zu 100.000 Sendungen pro Tag ab. In Kabelsketal sollen ab Mai ebenfalls rund 200 Personen täglich sogar das Doppelte an Paketen verarbeiten. 38 Millionen Euro flossen in diesen Standort. Wie Hermes investieren derzeit viele KEP-Anbieter in ihre Sortier- und Verteiltechnik. "Um Kunden noch schneller beliefern zu können, werden mehr kleinere Verteilzentren in Kundenähe gebaut", erklärt Thomas Wiesmann, Director Sales Logistic Systems beim Intralogistikanbieter Beumer. Weil der Versandhandel immer mehr Produkte anbiete, die wegen ihrer Dimensionen bislang schwer automatisch zu transportieren waren, sei auch mehr Automation in den Anlagen erforderlich. Als Beispiel nennt Wiesmann das neue Verteilzentrum der Österreichischen Post in Wernberg in Kärnten. Täglich werden von hier aus bis zu 30.000 Pakete ausgeliefert. Herzstück der Anlage ist ein "BG Sorter" von Beumer. Mit dem sogenannten Full-Cross-Belt-Design sind die Quergurtförderer so ausgeführt, dass sie eine maximale Gurtbreite erreichen. Bei gleicher Sortergröße steht Anwendern so mehr nutzbare Gurtfläche als bislang zur Verfügung. "Das Risiko, dass Produkte zwischen den Gurten liegen bleiben, wird dadurch reduziert", erläutert Wiesmann. Beumer habe auch die Kippschalen so gestaltet, dass sich kein Fördergut zwischen den Schalen verklemmen kann. Das sogenannte Closed Deck schließe die Lücke dazwischen. Das soll Stillstandszeiten reduzieren und mögliche Schäden am Sorter oder an der Ware vermeiden. Die Kippschalen-Ausführung kann dabei Artikel mit einem Gewicht von bis zu 60 Kilogramm transportieren. Bestellungen werden kleiner Allerdings zeigen Umfragen auch, dass Bestellungen immer häufiger und kleiner werden. "Speziell in der Modebranche ist auch Fakt, dass der Zyklus für neue Produkte von Jahr zu Jahr kürzer wird. Einige Marken wechseln ja sogar jeden Monat ihre Kollektionen", berichtet Raffaele Destro, Experte für Handelslogistik und Industry Manager beim österreichischen Intralogistikanbieter TGW Logistics Group. Nach Peak-Tagen wie einem Black Friday habe man dann entsprechend auch mit höheren Retourenmengen zu rechnen. "Um die Leistung der Verteilzentren weiter zu steigern, ist die Digitalisierung unausweichlich", glaubt Wiesmann von Beumer. Dazu könnten auch Innovationen wie der "Paketrollbehälter der Zukunft" beitragen, den der Hersteller Wanzl im Oktober 2018 auf der Messe Post-Expo in Hamburg als Designstudie vorgestellt hat. "Bei vielen Paketdienstleistern wird ein Paket ungefähr 30- bis 50-mal in die Hand genommen, bis es final ausgeliefert wird. Wir haben einen Rollbehälter mit Kunststoffwänden entwickelt, durch die ein RFID-Scanning möglich ist, ohne die Ladung in die Hand nehmen zu müssen", erklärt Markus Spengler, Geschäftsbereichsleiter Wanzl Logistics + Industry. Anbieter erobern die City-Logistik Weil Hersteller vermehrt auf Nachfrage fertigen und direkt an den Bestimmungsort liefern, sehen Intralogistikanbieter aber auch über ihre angestammten Geschäftsfelder hinaus im KEP-Segment neue Handlungsoptionen. "Die Digitalisierung geht weit über das Lager hinaus", ist Christian Baur, CEO der Kuka-Tochter Swisslog Logistics Automation, überzeugt. Auf der LogiMAT 2019 präsentierte das Unternehmen erstmals das mobile Mikrodepot "QTainer" mit automatisierten Lagersystemen für die Citylogistik. Auch Linde Material Handling befasst sich mit solchen Themen. Details verrät Markus Schmermund, Vice President Intralogistics Solutions und Projektleiter von "Smile" in Hamburg, im Interview auf dieser Seite.

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