Nicht nur auf der letzten Meile

Dass die Transportbranche vor großen Herausforderungen steht, ist nicht nur den Akteuren auf der "letzten Meile" bekannt. Der Politik ist bewusst, dass es eine Vielzahl von Herausforderungen zu bewältigen gibt. Das zeigte sich auf der Fachkonferenz "Lkw und Fuhrpark", die die VerkehrsRundschau mit dem Bundesverband Verkehr, Wirtschaft und Logistik (BWVL) und Unterstützung von TÜV SÜD veranstaltete. "Lkw-Platooning ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man Synergien nutzen kann", sagte Staatssekretär Norbert Barthle (CDU): geringerer Kraftstoffverbrauch, weniger Emission, Entlastung des Fahrers. Entsprechend habe man die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen. Brennstoffzelle oder Batterie Man wisse nicht, wo die Reise hingeht, ob in Richtung Brennstoffzelle oder Elektromobilität, bekannte Barthle. Die Fördermittel fließen in alle Richtungen, was Manfred Kuchlmayr, Unternehmenskommunikation bei Iveco, bestätigte. Der Markt für alternative Antriebe sei aufgrund des niedrigen Dieselpreises schwierig, sagte Kuchlmayr. Zwar biete man seit etwa zehn Jahren den Daily Electric mit 3,5 und 5 Tonnen an und auch bei den Bussen sei Elektroantrieb "okay". Doch insgesamt sei die Batterietechnik noch nicht so weit und zu teuer. Daher konnte bisher kein Hersteller einen Durchbruch etwa mit E-Mobility für Verteiler-Lkw erreichen. Festhalten will man bei Iveco aber auf jeden Fall an gasbetriebenen Motoren (CNG/LNG), bei denen Iveco in allen Segmenten gut aufgestellt sei. Dafür gebe es vom Bund auch Förderungen, wie Kuchlmayr und Barthle anhand des Beispiels eines Berliner Lebensmittellogistikers schilderten. Entwicklung aus allen Richtungen Der Bund schafft Teststrecken für autonomes Fahren, ebenso wie für Hybrid-Oberleitungs-Lkw, erinnerte der Staatssekretär. Allerdings gebe es dabei "hohe Einführungshürden" mit Kosten bis zu zehn Milliarden Euro für 30 Prozent des Autobahnnetzes, wie eine Machbarkeitsstudie des Fraunhofer Instituts gezeigt habe. Um die logistischen Herausforderungen zu bewältigen und die Klimaziele zu erreichen, werden viele Register gezogen. So ist auch das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE aus Freiburg aktiv, um die Potenziale von Fotovoltaik auf Lkw-Dächern wissenschaftlich auszuwerten. Auf der Fachkonferenz erläuterte Matthieu Ebert, Teamleiter für neue Konzepte mit solaren Energiesystemen am Fraunhofer Institut in Freiburg, die Anforderungen, Problemstellungen und Erfolge des Einsatzes von Solarzellen auch anhand von Praxisversuchen auf Kühlfahrzeugen. Zwischenergebnis: Es kann signifikant Diesel eingespart werden, aber die Ergebnisse weichen je nach Einsatzart und vor allem Einsatzregion stark voneinander ab. Es stehen also noch viele Praxisversuche an, weshalb Ebert am Rande der Konferenz bekräftigte, wie wichtig für ihn als Forscher der direkte Austausch mit der Branche sei, wie auf dieser Konferenz. Barthle schnitt in seinen Ausführungen vieles an, was die Branche derzeit beschäftigt. BWVL-Präsident Jochen Quick gelang es allerdings nicht, ihm eine Aussage bezüglich künftiger Mautpläne zu entlocken. Der Staatssekretär bekräftigte auch das Bestreben des Ministeriums, ein 5G-Netz für Mobilfunk in Deutschland zu etablieren, um die Digitalisierung voranzutreiben. Wie aber zunächst die zahlreichen Funklöcher entlang der Autobahnen gestopft werden könnten, sagte er nicht. Fortschritte bei der Digitalisierung Es ist also auch noch ein weiter Weg bis zum autonomen Fahren, das ein flächendeckendes Mobilnetz erfordert. In anderen Bereichen macht die Digitalisierung dagegen große Fortschritte - etwa beim Fahrzeugservice. Einblicke gab Nicola Josub, Customer Services & Parts Mercedes-Benz Lkw, die die Service-Innovation "Mercedes-Benz Uptime" vorstellte. Durch Vernetzung der einzelnen Komponenten im Fahrzeug und fortwährende Auswertung der Daten sei es möglich, dass eine Wartung genau dann erfolge, wenn sie nötig ist. Die Service-Leistung in der Werkstatt könne mit "Uptime" besser geplant werden, sodass sich die Werkstattaufenthalte verkürzen, weil das System die Fahrzeuginformationen vorher sendet. erklärte Josub. Oliver Ocker, Prokurist bei der Spedition Schwarz aus Herbrechtingen, berichtete über die Praxiserfahrungen und Einsparpotenziale durch Lang-Lkw. 2682 Lang-Lkw-Transporte hat das Unternehmen durchgeführt. 1,27 Millionen Kilometer wurden seit Beginn des Feldversuchs 2012 zurückgelegt. Dadurch seien 418 Lkw-Transporte, 102.340 Liter Diesel und 268.233 Kilogramm CO2 pro Jahr eingespart worden. Auf bestimmten Relationen sei der Einsatz von Lang-Lkw ökonomisch und ökologisch auf jeden Fall von Vorteil, betonte Ocker. Kommunen in Zugzwang Zum Thema City-Logistik schien sich die Politik nicht ganz einig. Staatssekretär Barthle merkte im kleinen Kreis kritisch an, dass es in Stuttgart immer noch keine Trasse gebe, um den Fernverkehr um die Stadt herumzuführen und brachte eine City-Maut ins Gespräch. Ralf Maier-Geißer, Projektleiter für nachhaltige Mobilität bei der Stadt Stuttgart, favorisierte dagegen die vom Bundesverkehrsminister abgelehnte "Blaue Plakette". Stuttgart ist Spitzenreiter beim Thema Feinstaub und Stickoxide. Schon Anfang April sei erneut die sogenannte "35-Tage-Marke" für Feinstaub gerissen worden. Gegen die Bundesrepublik laufen zwei EU-Vertragsverletzungsverfahren, Anwohner haben gegen das Land Baden-Württemberg geklagt, ebenso wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Stuttgart hat ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Die Maßnahmen reichen von Appellen an die Bevölkerung bis hin zu verbindlichen Fahrbeschränkungen. Aber Maier-Geißer beruhigte: Es werde großzügige Ausnahmen geben für Verkehre, die für die Versorgung und die Produktion nötig seien. Hamburg nimmt Vorreiterrolle ein Konzepte, die auch Stuttgart gefallen dürften, sind in Hamburg im Einsatz. Werner Gliem, Clustermanager und Sprecher der Geschäftsführung der Logistikinitiative Hamburg erklärte, Privatwirtschaft und öffentliche Hand hätten es sich zum Ziel gemacht, die Elbmetropole zur Modellregion für nachhaltige belastungssenkende "Smart Last Mile Logistics" - kurz SMILE - zu machen. In Hamburg würden gemeinsam verschiedene "Leuchtturm-Projekte" eingeführt, zwei bis drei Jahre erprobt und bewertet. Dabei gehe es um alternative Zustellprojekte, Zustellpunkte, Antriebe und Transportsysteme. Getestet werden im Bereich der KEP-Dienste vorsortierte Container auf festgelegten Stellplätzen, die Nutzung von Paket-Shops als Mikrodepots und die Zustellung per Lastenfahrrad oder zu Fuß. Ebenso sammle man Erfahrungen mit Paketboxen und der Kofferraum-Zustellung. Neben Fahrrädern werden LNG- und CNG-Trucks sowie E-Fahrzeuge eingesetzt. Es werde darüber nachgedacht, S- und U-Bahnen zum Gütertransport zu nutzen und Busse als Sammler für Retourensendungen. Mit Drohnen und Paketrobotern experimentiere man, selbst Rohrpostsysteme kämen infrage. UPS hat viele Projekte auf der letzten Meile in Hamburg erprobt und einige auf weitere Städte übertragen. Diese erläuterte Rainer Kiehl, Projektmanager City-Logistik bei UPS. Gute Erfahrungen habe man mit von der Firma EFA bei Stuttgart umgerüsteten E-Transportern auf Basis eines Mercedes Vario gemacht, von denen 49 in Deutschland im Einsatz sind: keine Laderaumverluste, ausreichende Reichweite. Auf der (aller-)letzten Meile setzt man bei UPS auf Lastenpedelecs wie den Cargo Cruise XL und Cyclo Cargo. Nutzlast und Ladevolumen habe man bei beiden noch nie ausgeschöpft. In Hamburg waren 2016 vier Container, fünf P 100E, acht P 80E, sieben E-Tricycles und vier Tricycles im Einsatz. Dadurch habe man 78.000 Fahrkilometer, 14.000 Liter Diesel und 37 Tonnen CO2 gespart. Ein weiterer Vorteil der Tricycles: Die Fahrer brauchen weder Führerschein noch BKF-Qualifikation. Von dieser Art "Nachwuchs" können viele Unternehmer nur träumen. Unternehmen wie die Bunte Spedition, Spedition Peter Janssen, Weets Spedition und Akkermann Transporte haben viel Zeit und auch Geld in das Thema Ausbildung investiert. 2012 haben sie den "Ostfriesisch Papenburger Ausbildungsverbund für Logistikberufe" gegründet. Über die Hürden und Erfolge eines Ausbildungsverbunds berichtete Hajo Agena, Geschäftsführer des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen, Bezirksgruppen Oldenburg und Ostfriesland (siehe VerkehrsRundschau 47/2016). Neue Maße und Gewichte für Lkw Hilfreich für das Erreichen der Klimaziele könnten neue Regeln für Maße und Gewichte an Lkw sein, über die Dieter Roth, Senior Project Manager bei TÜV SÜD berichtete. Die EU will nicht nur höhere Gewichte für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zulassen, sondern auch längere Maße beim Einsatz von "Luftleiteinrichtungen", erklärte Roth. Eigentlich sollten die Regeln bis Mai 2017 national umgesetzt werden. Allerdings gibt es Verzögerungen. Dennoch - in diesem Bereich gibt es ein Umdenken, das künftig andere Lkw-Designs beflügeln könnte. Mehr zum Thema im Dossier Fuhrparkmanagement www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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