Nicht mehr viel Zeit für die Registrierung

Die Italiener und ihre Regelungen zum Abfalltransport: Anfang 2017 schlugen die Wogen hoch im Transportgewerbe angesichts der Bestimmungen, die sich die italienischen Behöreinfallen lassen hatten (siehe VR16/2017, Seite 18, 19). Die Reaktionen reichten von "ein wahnsinniger bürokratischer Wust" bis hin zu "rein protektionistische Maßnahmen". Auch die Verbände machten Druck, allen voran der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Und selbst im eigenen Land regte sich Widerstand. So intervenierten die italienischen Verbände der metallverarbeitenden Industrie, weil Italien viel Schrott aus Deutschland für seine Stahlproduktion bezieht und die Unternehmen befürchteten, dass die Lieferkette gestört werden könnte. Anmeldeschluss nochmals verlängert Die Aufregung hatte sich entzündet an den Bestimmungen zum Albo nazionale gestori ambientali, kurz "Albo" genannt. Das ist ein Register, in dem sich alle Unternehmen anmelden müssen, die grenzüberschreitende Transporte von gefährlichen und nichtgefährlichen Abfällen von und nach Italien abwickeln wollen. Die Informationen, die die Speditionen zur Anmeldung zu liefern hatten, waren umfangreich. Das italienische Umweltministerium hat dann doch auf die Proteste reagiert. Zum einen wurde der Anmeldeschluss nochmals verlegt, vom 15. Mai 2017 auf den 30. September 2017. Aber viel wichtiger: Es wurden eine Reihe von Erleichterungen beschlossen. Die Registrierung ist jetzt zwar immer noch kein Kinderspiel, die Hürden wurden aber deutlich abgesenkt. Guido Koschany, Leiter der Abteilung Umwelt, Gefahrgut und Entsorgung beim BGL und ein scharfer Kritiker der ursprünglichen Regelung, zeigt sich letztlich zufrieden. "Die Registrierung ist weiterhin nicht einfach, aber für jedes Unternehmen sollte es nun möglich sein, die bestehenden Steine aus dem Weg zu räumen", sagt Koschany. Hatten es vor den Erleichterungen bis Anfang April nur 15 Unternehmen geschafft, sich erfolgreich zu registrieren, sind es laut Koschany, der sich dabei auf Angaben der Handelskammer Bozen beruft, jetzt 200 bis 300 Betriebe, die den Antrag eingereicht haben. Allerdings: "Die Qualität der Anträge ist zum Teil sehr schlecht", hat Koschany von der Handelskammer Bozen erfahren, bei der viele Anträge aus Deutschland eingehen. Als Beispiel nennt Koschany die Frage nach der Reinigung der Fahrzeuge, bei der einige Unternehmen eine Antwort schuldig bleiben. Zwei Monate Arbeitsaufwand Daher kann es sein, dass die Prüfungskommission den Antrag ablehnt und damit eine Registrierung scheitert. Wenn ein Unternehmen sichergehen will, dass ein Antrag durchkommt, besteht die Möglichkeit, einen italienischen Berater hinzuzuziehen. Beim BGL gibt es eine entsprechende Liste, allerdings sind mit deren Einsatz Beratungskosten verbunden. Nahezu die ganze Leidensgeschichte des Albo mitgemacht hat Gerlinde Härting, Leiterin der Abteilung Wertstofflogistik bei der Spedition Quehenberger. Sie zeigt sich einerseits erleichtert: Denn für eine ihrer beiden Töchter in Rumänien und Tschechien hat sie gerade die erste Genehmigung erhalten. "Die zweite werde ich auch noch schaffen", sagt sie, und in ihrer Antwort schwingt auch Trotz mit. Trotz deshalb, weil sie einen "Irrsinnsaufwand" betrieben hat und jetzt, kurz vor der Zielgeraden, die Genehmigung auch schaffen will. Während sich sonst größere Unternehmen aufgrund ihrer Kompetenz leichter tun als kleinere, war bei der Registrierung im Albo die Betriebsgröße ein Nachteil. Zum einen, weil kleinere Unternehmen weniger Fahrzeuge anmelden. Bei Quehenberger waren es immerhin 500 Zugmaschinen und 600 Auflieger. Zum anderen befindet sich der Fuhrpark kleinerer Betriebe häufiger in deren Besitz. Härting musste hingegen den Leasingvertrag für jedes Fahrzeug herbeischaffen und zudem in deutscher oder italienischer Sprache übersetzen und die Übersetzung beglaubigen lassen. Auf zwei Monate beziffert sie den Arbeitsaufwand für die Registrierung. Koschany bestätigt, dass für kleinere Betriebe der Aufwand nicht so groß ist. Aber er mahnt zur Eile: Bis zum 30. September sind es nicht einmal mehr zwei Monate, und wer sich bislang nicht mit der Thematik befasst hat, braucht seine Zeit, um die Formulare auszufüllen. Abschottung unter dem Strich geglückt Sich vor der Registrierung zu drücken, ist auch keine gute Idee. "Die meisten Auftraggeber in Italien setzen nur Unternehmen mit einem entsprechenden Nachweis ein", sagt Härting. Und Koschany weiß von Fällen, in denen die Italiener Lkw und Auflieger sechs Monate stillgelegt haben, weil keine Registrierung vorlag (siehe Kasten oben). Koschany geht davon aus, dass 50 Prozent der bislang registrierten Unternehmen sich nicht mehr im neuen Albo anmelden werden. "Nicht wenige scheuen den Aufwand, weil für sie Abfalltransporte nicht die Haupttätigkeit ist", nennt er einen Grund. Und auf die Frage, ob es den Italienern gelungen sei, ihren Markt doch zumindest teilweise vor ausländischer Konkurrenz zu schützen, antwortet Koschany: "Unter dem Strich muss ich diese Frage leider mit 'ja' beantworten." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Italien" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Was man zum Albo nazionale wissen muss Saftige Strafen Hier einige grundsätzliche Fragen und Antworten zur neuen Regelung in Italien:Wer muss sich im Albo nazionale gestori ambientali eintragen?Alle Unternehmen, die grenzüberschreitende Transporte von gefährlichen und nicht-gefährlichen Abfällen von oder nach Italien durchführen wollen (sogenannte Kategorie 6).Bis wann müssen sich die Unternehmen eingetragen haben?Transportbetriebe müssen im Albo bereits seit Ende 2010 eingetragen sein. Seit 15. Oktober 2016 gilt eine neue Regelung. Der dafür notwendige neue Antrag muss bis zum 30. September 2017 im Albo eingegangen sein.Wo sollten deutsche Unternehmen sich anmelden?Deutsche Unternehmen sollten den Weg über die Handelskammer Bozen wählen, weil dort deutschsprachiges Personal tätig ist.Was kostet die Anmeldung?Zunächst mal Zeit. Wer sich nicht auskennt mit dem System, wird sich anfangs schwertun mit den Bestimmungen. Zudem müssen zahlreiche Unterlagen eingereicht werden, deren Einsammlung erfahrungsgemäß dauert. Liegen diese nicht in deutscher oder italienischer Sprache vor, sind zum Teil beglaubigte Übersetzungen erforderlich. Und je nach Höhe des Abfallaufkommens werden zudem Jahresgebühren zwischen 150 Euro und 1800 Euro fällig.Welche Strafen drohen, wenn eine Spedition ohne Registrierung Abfälle befördert?Laut BGL kann es passieren, dass ein Lkw stillgelegt wird. Dem Verband sind Fälle bekannt, in denen ein Lkw sechs Monate nicht zur Verfügung stand."Bei wertvollen Abfällen ist das auch für den Auftraggeber ein gravierender Schaden", sagt BGL-Experte Guido Koschany. cd

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