Rom. Die von Österreich angedrohte Brennerschließung zur Eindämmung des Migrantenflusses wird von den italienischen Ministerien als reine Androhung und innenpolitischer Schachzug im österreichischen Wahlkampf aufgefasst. Es gebe keinen Anstieg der Zahl der Migranten, betonte Vize-Außenminister Mario Giro wiederholt. Das hätten auch die Österreicher der italienischen Regierung gegenüber mehrfach erklärt. Gegenüber der Nachrichtenagentur Ansa bezeichnete er die österreichischen Drohungen gar als „surreal“: „Italien hat keinerlei Absicht, unilaterale Schritte in der Migrantenkrise zu unternehmen, aber Wien sollte sich im Ton mäßigen.“
Es könne nicht angehen, dass das Verhältnis zweier Staaten aufgrund von Polemik im Vorfeld der österreichischen Wahlen vom 15. Oktober 2017 riskiert werde. Auch Kammerpräsidentin Laura Boldrini kommentierte die österreichischen Absichten als „deprimierend“: “Man macht keine Politik auf Basis von Drohungen.“ Weder Drohungen noch Grenzschließungen oder ein Militäraufgebot könnten die Probleme lösen.
42 Millionen Tonnen Waren pro Jahr betroffen
Doch alleine schon intensivierte Kontrollen am Brenner könnten das Exportgeschäft empfindlich treffen. Der Transportverband Cgia sieht bei einer möglichen Brennerschließung oder aber längeren Wartezeiten am Brenner vor allem italienische Herstellungsbetriebe als Leidtragende. Insbesondere jene im Nordosten, die mit täglichen „Just in time“-Lieferungen in Richtung Nordeuropa exportierten. Lieferverzögerungen könnten zu gesalzenen Strafzahlungen oder infolgedessen gar zu Auftragsverlust führen.
Von einer dauerhaften Brennerschließung oder intensivierten Kontrollen wären jährlich etwa 42 Millionen Tonnen Waren betroffen, die pro Jahr über diesen Grenzübergang von Italien gen Norden gehen. Rund 30 Millionen Tonnen davon werden laut einer aus dem Jahr 2014 stammenden Studie per Straße über den Brenner transportiert, weitere 11,7 Millionen Tonnen werden per Schiene über den Brenner geschickt. (nja)