Nicht auf Kurs

Es muss dringend mehr passieren". Mit diesen deutlichen Worten fordert Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA), Verkehrspolitik und Branchenvertreter auf, mehr in Sachen Klimaschutz zu unternehmen. In ihrer Studie "Daten zur Umwelt 2015" rückt die Behörde den Verkehrssektor in den Fokus, der Verkehr sei beim Klimaschutz "noch nicht auf Kurs". Das UBA konstatiert: Der Verkehr verursacht rund 18 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland - und ist der einzige Sektor, der seine Emissionen seit 1990 nicht mindern konnte. Im Verkehrssektor stammen 95 Prozent aller Treibhausgasemissionen aus dem Straßenverkehr. CO2-Grenzwerte und Mautausweitung Was tun? Das UBA hat konkrete Ideen. "Es ist notwendig, bei schweren Nutzfahrzeugen eine Begrenzung des CO2-Ausstoßes festzulegen", fordert Maria Krautzberger im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. Sie setzt sich für eine Ausweitung der Maut auf Lkw ab 3,5 Tonnen und das gesamte Straßennetz ein. "Außerdem sollte Deutschland darauf hinwirken, dass bei der nächsten Novellierung der Eurovignettenrichtlinie eine weitergehende Internalisierung externer Kosten möglich wird", so Krautzberger. Die Maut-Höchstsätze sollten sich an den tatsächlich ermittelten externen Kosten orientieren. Um diese Vorhaben umzusetzen, ist die Politik gefragt. Krautzberger sieht sich durch Empfehlungen der EU-Kommission gestärkt und erwartet von der Bundesregierung die Umsetzung von Maßnahmen zur umweltverträglicheren Gestaltung des Verkehrs. "Das Aktionsprogramm Klimaschutz setzt hier schon die richtigen Akzente, reicht aber noch nicht weit genug". Lkw im Fokus der Regulierung Was bedeutet das für die Unternehmen im Transport- und Logistiksektor? Auf jeden Fall neue Belastungen und wachsende Regulierung, da sind sich fast alle Beteiligten einig. "Die Branche muss damit rechnen, dass künftig immer wieder schärfere Regelungen, stringentere Grenzwerte sowie höhere administrative und finanzielle Belastungen auf sie zukommen", sagt Thomas Hailer, Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums. Auch Thomas Puls, Verkehrsexperte des Instituts der Deutschen Wirtschaft, appelliert an die Unternehmer, sich mit dem Thema zu beschäftigen: "Der Lkw wird als Emittent immer bedeutsamer und rückt weiter in den Fokus der Regulierung." Branchenvertreter verweisen, ansprochen auf den Vorwurf, der Verkehrssektor leiste nicht genug für den Klimaschutz, vor allem auf die Tatsache, dass Ökonomie und Klimaschutz bei Transportunternehmen seit jeher Hand in Hand gehen (siehe auch Seite 20). "Treibstoff ist einer der größten Kostenblöcke", sagt Adolf Zobel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Transportverbandes BGL. "Da sich CO2-Emissionen linear zum Treibstoffverbrauch entwickeln, zahlt sich in unserer Branche Klimaschutz in barer Münze aus." Auch Hailer hält die Kritik am Lkw für überzogen: "Die Branche hat eine Entkoppelung des Güterverkehrswachstums vom CO2-Wachstum erreicht und setzt diesen Weg konsequent fort." BGL-Vertreter Zobel wehrt sich gegen den Vorwurf, der Lkw sei Hauptsünder in Sachen Klimaschutz: "Das UBA könnte, anstatt den Lkw zu brandmarken, anhand der eigenen Statistik darauf hinweisen, dass die spezifischen Emissionen seit 1995 beim Stockstoffoxid um 77 Prozent und beim Feinstaub um 88,4 Prozent gesunken sind". Mit den vom UBA in seinem Bericht häufig verwendeten Schlagworten Verkehrsverlagerung und Vermeidung konfrontiert, werden die Branchenexperten deutlich. "Wie man in einer zunehmend arbeitsteiligeren und globalisierten Wirtschaft Verkehrsvermeidung praktizieren soll, ist nicht nachvollziehbar", so Zobel. Hailer verweist auf den schleppenden Ausbau der Kapazitäten auf der Schiene, der einer Verlagerung im Wege stehe, und IW-Mann Puls sagt: "Die Forderungen sind nicht neu und ihre Umsetzung bisher immer wieder an den Realitäten des Transportmarktes gescheitert". Streit um Verkehrsvermeidung Das UBA verweist in Sachen Verkehrsvermeidung auf "Überlegungen, wie beispielsweise über die Konsolidierung von Gewerbeflächen Transportwege verkürzt oder vermieden werden können." Auf VR-Nachfrage, was das konkret bedeuten solle, schreibt das UBA: "Eine regionale Steuerung der Entwicklungsabsichten von Gewerbeflächen beziehungsweise eine Kooperation von Kommunen bei der Gewerbeflächenentwicklung". Thomas Puls hält dagegen: "Güterverkehr kann nicht so einfach vermieden werden, da er Vorleistungscharakter hat. Der Lkw fährt ja nicht durch die Gegend, weil der Fahrer Lust dazu hat, sondern weil er einen konkreten Auftrag innerhalb einer Lieferkette zu erfüllen hat." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau.de/dossiers Fazit Weitere Regulierung kommt Alle sind sich einig: Der Straßengüterverkehr wird den nächsten Jahren zusätzliche Belastungen schultern müssen - um die Klimaschutzziele zu erreichen. Auch wenn sich Logistikbranche und UBA nicht einig darüber sind, wie groß der Beitrag des Güterverkehrs schon jetzt ist, fest steht: Dieser Beitrag reicht nicht. Die Politik wird handeln und die Vorgaben verschärfen - ein Thema könnte die Einbeziehung des Straßenverkehrs in den Emissionshandel werden. Der Kampf der Unternehmer um eine "grüne Logistik" ist somit keine Modeerscheinung und wird sich weit über Marketingfragen hinaus zu einem existenzentscheidenden Kriterium entwickeln. tr Das sagt die Studie im Wortlaut zu ... ...Verkehrvermeidung und Verlagerung"Um den weiteren Anstieg von Güterverkehrsaufwand zu vermeiden, müssen Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung und zur Verkehrsverlagerung des Gütertransports auf Schiene und Schiff ergriffen werden. Zur Transportvermeidung werden Maßnahmen wie effizientere Logistik im Rahmen des betrieblichen Umweltmanagements oder überbetrieblich im Rahmen von Frachtbörsen und Modellen der City-Logistik sowie ökonomische Instrumente untersucht. Durch bessere Raumplanung und höhere Transportkosten werden langfristig verkehrsvermeidende Standortentscheidungen von Unternehmen unterstützt. Die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene oder den Wasserweg kann durch die Einführung fairer Kostenstrukturen (zum Beispiel durch die Lkw-Maut), Maßnahmen zum kombinierten Ladungsverkehr und zu vernetzten Güterverteilzentren sowie durch die Entwicklung eines gesamteuropäischen integrierten Verkehrssystems gefördert werden."... direkten Emissionen des Lkw"Im Lkw-Verkehr sind die spezifischen Emissionen pro Verkehrsaufwand seit 1995 durch bessere Motoren und bessere Kraftstoffqualität gesunken. Die Schwefeldioxid-Emissionen verringerten sich um mehr als 99 Prozent im Vergleich zum Ausgangsniveau, die der Kohlendioxid-Emissionen um 30 Prozent"... Gesamt-Emissionen des Lkw"In Bezug auf die Gesamtemissionen des Straßengüterverkehrs zeigt sich, dass die technisch bedingten Senkungen je Tonnenkilometer aufgrund des gestiegenen Verkehrsaufwands zum Teil wieder ausgeglichen wurden. Die absoluten Kohlendioxid-Emissionen erhöhten sich zwischen 1995 und 2013 um 13 Prozent."...Bahn und Binnenschiff"Eine der zentralen Säulen einer nachhaltigen Mobilität ist die Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundlichere Verkehrsträger. Im Bereich des Güterverkehrs sind dies die Eisenbahn und das Binnenschiff. Dabei ist zu bedenken, dass auch die Unterhaltung und Ausweitung der Schienenwege und der Ausbau unserer Flüsse zu Wasserstraßen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Bahn und Schiff bieten sich als verhältnismäßig emissionsarme Alternativen an."...Lärm und Güterverkehr"Verkehrslärm beeinträchtigt das Leben vieler Menschen in Deutschland. Große Bedeutung hat die lärmarme Abwicklung des Verkehrs. Wo Emissionsgrenzwerte zur Bewältigung des Lärmproblems nicht ausreichen, sollen weitere Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung von Geräuschemmissionen ergriffen werden."

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