Raben steigt zum Jahresende als Gesellschafter bei der Stückgutkooperation System Alliance aus. System Alliance verliert damit an sieben Standorten einen Partner. Nun hat Georg Köhler, Geschäftsführer der System Alliance, eine interessante Lösung gefunden. Über die Details spricht er im Interview mit der VerkehrsRundschau.
VerkehrsRundschau: Zum 1. Januar 2018 startet der bisherige System Alliance-Gesellschafter Raben mit eigenem Netz in den deutschen Stückgutmarkt. Bricht damit die Kooperation System Alliance in Deutschland auseinander?
Georg Köhler: Absolut nicht. Ganz im Gegenteil! Durch die Aufschaltung neuer Systempartner, konnten wir zum Beispiel fallweise kleinere Flächengebiete schaffen und so durch Stoppverdichtung die Vor- und Nachlaufverkehre optimieren. Das haben wir für Partnerbetriebe mit großflächigen Zustellgebieten schon früher diskutiert, aber jetzt getan. Und werden dies auch weiter tun, sofern es Sinn macht. Alles das führt zu einem sehr guten Ergebnis für unsere Kunden und Betriebe: System Alliance steht qualitativ sehr gut da – auch nach dem 1. Januar 2018.
Andererseits verliert Ihre Kooperation durch den Ausstieg Rabens gleich sieben Standorte. Kann System Alliance künftig überhaupt noch die Flächendeckung in Deutschland sicherstellen?
Absolut! Wir werden alle diese Lücken, von denen Sie sprechen, in unserem Netz, auch durch die Aufschaltung neuer Systempartner schließen: In Prenzlau ist dies Emons in Neubrandenburg, in Regensburg sind dies die beiden Speditionen Streit in Obertraubling und Niedermaier in Landau an der Isar, in Nürnberg die Firma DTC und in Mönchengladbach Nellen & Quack.
Und wie decken Sie künftig Berlin, Würzburg und Heilbronn ab?
Für diese Gebiete Berlin, Würzburg und Heilbronn haben wir eine besondere Lösung geschaffen. Dort arbeiten wir jeweils mit mehreren Korrespondenzpartnern, deren Namen wir aber vorerst nicht nennen. Mehrere Korrespondenzpartner deshalb, weil wir die Gebiete so zugeschnitten haben, dass wir durch die Hauptläufe eine vernünftige Netzwerkstruktur aufbauen können. Dazu gehört auch, dass wir Flächengebiete verkleinert haben und in bestimmten Regionen nicht ein Partner tätig ist, sondern mehrere Partner.
Arbeiten diese Korrespondenzpartner auch für andere Speditionskooperationen?
Ja, das ist so. Es gibt heute fast keine Spedition mehr, die nicht in mehreren Kooperationen Systempartner ist. Wir haben mit diesen jedoch Verträge geschlossen, die denen unserer Systempartner in punkto Qualität und Verbindlichkeit absolut entsprechen. Und System Alliance zeichnet sich ja durch viel Offenheit aus. Wir wollen immer gute Lösungen schaffen – ohne das enge Korsett geschlossener Kooperationen.
Ihnen ist es also tatsächlich gelungen, die Lücken im System Alliance Netz zu schließen, die ansonsten durch das Ausscheiden Raben gedroht hätten. Worin lagen die größten Herausforderungen?
Herausfordernd ist, dass unsere Kooperation so groß ist – mit sehr viel Sendungsvolumen und Tonnage. Wir werden allein in diesem Jahr mehr als neun Millionen Sendungen abwickeln. Es wird also auf Sicht gesehen immer schwieriger systemfähige Partner zu finden. Die Frage ist, ob und wie lange überhaupt die Mittelstandskooperationen ihr heutiges Korsett auch künftig beibehalten können. Das ändert sich gerade.
Woran liegt das?
Zu nennen sind hier der Laderaum- und der Fahrermangel. Und den Speditionsverbünden muss es gelingen, auch über die Kooperationen hinaus, sich weiter zu optimieren. Das ist die zentrale Zukunftsaufgabe. Wir müssen uns da alle ein gutes Stück weiter öffnen – anders denken, anders arbeiten. Wir alle haben heute noch viele „Flaschenhälse“, etwa die Größe von Anlagen, die Zahl der Kraftfahrer, der verfügbare Laderaum. Diese Optimierungsmöglichkeiten müssen wir gemeinsam erschließen. Nur dann bleiben wir zukunftsfähig.
Was heißt das konkret? Strebt System Alliance nun die Kooperation der Kooperationen an, etwa mit Cargoline?
Wir arbeiten ja heute schon an einigen Standorten operativ mit Cargoline zusammen. Wir nutzen Cargoline-Standorte und umgekehrt. System Alliance ist da schon immer sehr offen gewesen, was die Zusammenarbeit mit Partnern und Drittpartnern betrifft. Auch weil wir diesen Betrieben Wachstumsmöglichkeiten geben müssen – möglicherweise auch außerhalb unserer Kooperation. Das ist so in Ordnung.
Eine Fusion mit Cargoline streben Sie aber nicht an?
Nein. Deutlich interessanter ist für unsere Systempartner die punktuelle Zusammenarbeit auf operativer Ebene. Das hilft diesen mehr und uns dadurch letztlich auch.
Drängen aber nicht auch die vielen Internetplattformen, die sich im Moment gründen, die Unternehmen dazu, enger zusammen zu rücken, möglicherweise gar zusammen zu gehen?
Wie gesagt, System Alliance war und ist da immer sehr offen. Man muss immer über den Tellerrand blicken.
Abschließend noch einige Fragen zur augenblicklichen Situation im Stückgutmarkt: Ziehen danke des Laderaummangels endlich die Stückgutpreise an?
Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Das lernt man als Betriebswirtschaftler im ersten Semester. Und genau das erleben wir momentan: die Stückgutpreise steigen endlich an – wobei die Preisgestaltung Aufgabe unserer Gesellschafter ist.
Sprich: das Blatt wendet sich? Die letzten Jahren haben viele Stückgutspediteure noch rote Zahlen geschrieben?
Das Blatt wendet sich. Das ist aufgrund der Ressourcenverknappung, die alle im Moment spüren, auch bitter notwendig. 2018 wird das Jahr sein, in dem sich hier im Stückgutmarkt viel verändern wird.
Das Interview führte VerkehrsRundschau-Redakteurin Eva Hassa.