Neue GroKo plant Arbeitsmarktreform

Wenn die SPD-Mitglieder Anfang März der geplanten Fortsetzung der großen Koalition mit der Union zustimmen, könnte der zeitliche und finanzielle Aufwand für Transport- und Logistikunternehmen zunehmen. Denn die Parteien haben sich in ihrem Entwurf eines Koalitionsvertrags für eine neue schwarz-rote Regierung auf tief greifende Änderungen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik geeinigt. Folgende Vorhaben sieht der Koalitionsvertrag vor: GroKo will Befristungen reduzieren Befristete Jobs sollen laut dem Koalitionsvertrag eingedämmt werden. Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten sollen nur noch 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristet anstellen dürfen - und das auch nur noch für maximal 18 Monate. Bisher ist eine sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen für bis zu 24 Monate möglich. Bis zu dieser Gesamtdauer soll auch nur noch eine einmalige statt einer dreimaligen Verlängerung möglich sein. Bei Überschreiten dieser Quote soll jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen gelten. Maßgeblich ist jeweils der Zeitpunkt der letzten Einstellung ohne Sachgrund. Zudem sollen Kettenbefristungen verboten sein. Dazu heißt es im Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD vom 7. Februar 2018: "Eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist dann nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben." Auf die Höchstdauer von fünf Jahren will die neue, alte GroKo auch eine oder mehrere vorherige Entleihungen des nunmehr befristet eingestellten Arbeitnehmers durch ein oder mehrere Verleihunternehmen anrechnen. Ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber ist erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren möglich. Arbeitszeiten sollen flexibler werden Union und SPD wollen über eine Tariföffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz weiterhin Experimentierräume für tarifgebundene Unternehmen schaffen, um eine Öffnung für mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilität in der zunehmend digitalen Arbeitswelt zu erproben. Künftig kann dann auf Grundlage von diesen Tarifverträgen mittels Betriebsvereinbarungen insbesondere die Höchstarbeitszeit wöchentlich flexibler geregelt werden. Bei dem Thema Arbeit auf Abruf wollen die Parteien gesetzlich festschreiben, dass der Anteil abzurufender und zu vergütender Zusatzarbeit die vereinbarte Mindestarbeitszeit um höchsten 20 Prozent unterschreiten und um 25 Prozent überschreiten darf. Fehlt eine Vereinbarung zur wöchentlichen Arbeitszeit künftig, gilt demzufolge eine Arbeitszeit von 20 Stunden. Im Krankheitsfall und an Feiertagen wollen die Koalitionäre den Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate als verpflichtende Grundlage festschreiben. Das zunächst gescheiterte Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit soll kommen - für Unternehmen ab 45 Mitarbeitern. Bei 46 bis 200 Mitarbeitern soll dieser Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder vorzeitige Rückkehr zur früheren Arbeitszeit nur einem pro 15 Mitarbeitern gewährt werden müssen. Der Arbeitgeber kann eine befristete Teilzeit ablehnen, wenn diese ein Jahr unter- oder fünf Jahre überschreitet, heißt es in dem Kapitel "Gute Arbeit". Die Tarifvertragsparteien sollen die Möglichkeit haben, hiervon abweichende Regelungen zu vereinbaren. Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit kann der Arbeitnehmer demnach frühestens nach einem Jahr eine erneute Arbeitszeitverkürzung verlangen. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung soll zudem von derzeit 3,0 Prozent des Bruttolohns um 0,3 Prozentpunkte sinken. Das Programm "Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle" soll 150.000 Langzeitarbeitslosen die Rückkehr in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Sie sollen durch ihren Lohn und einen Zuschuss an den Arbeitgeber auf den Mindestlohn kommen. Ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll darüber hinaus den Zuzug ordnen und steuern. Weniger Dokumentationspflichten In der neuen Legislaturperiode sind auch positive Neuerungen für die Wirtschaft geplant: Im Rahmen eines dritten Bürokratieabbaugesetzes will die mögliche neue Regierung etwa die Statistikpflichten für Unternehmen weiter verringern. Diese sollen sich stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können und investieren. Für eine weitere Entlastung der Wirtschaft planen Union und SPD unter anderem "die Vereinheitlichung von Grenz- und Schwellenwerten in verschiedenen Rechtsbereichen, die Harmonisierung zum Beispiel von handels- und steuerrechtlichen Vorschriften und zeitnahe Betriebsprüfungen durch die Finanzbehörden". Und sie wollen die Schwellenwerte vor allem im Steuer- und Sozialrecht sowie bei Berichtspflichten und der Verwendungspflicht bestimmter Formulare hinterfragen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Arbeitsrecht www.verkehrsrundschau.de/dossiers DSLV-Statement Speditionsverband kommentiert das Kapitel "Gute Arbeit" kritisch Dem deutschen Speditions- und Logistikverband DSLV gehen die Reformpläne von Union und SPD zum Arbeitsmarkt zu weit. Der Entwurf für einen neuen Koalitionsvertrag berücksichtige die Interessen deutscher Speditions- und Logistikunternehmen kaum und sei - statt von einem Abbau bürokratischer Hemmnisse und einer größeren Flexibilität im Bereich des Arbeitsrechts - von einer "Aneinanderreihung kostenintensiver Maßnahmen im Bereich der Sozialausgaben geprägt", resümierte kürzlich DSLV-Präsident Mathias Krage."Die beiden Volksparteien scheinen vergessen zu haben, dass die Arbeitgeber den Löwenanteil zur Finanzierung des deutschen Sozialstaates beitragen", moniert er. Die Wiederherstellung der Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung lasse die arbeitgeberseitig zu schulternde Lohnfortzahlung im Krankheitsfall komplett außer Acht. Darüber hinaus werde die aus Arbeitgebersicht dringend benötigte Flexibilität zur Bewältigung von saisonalen und temporären Auftragsspitzen im Arbeitsrecht noch weiter eingeschränkt. Die geplante Überregulierung im Bereich des Arbeitsrechts werde dazu führen, dass sie im Zweifel von Neueinstellungen absehen, fürchtet Krage. ag Gesetzeslage Heutiges Recht auf Teilzeitarbeit Das Gesetz verankert heute schon einen Anspruch auf Teilzeitarbeit für Arbeitnehmer (§ 8 TzBfG). Diese müssen ihn nicht mit Kinderbetreuung oder der Wahrnehmung anderer familiärer Pflichten begründen. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate bestanden hat und das Unternehmen in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer (ohne Auszubildende) beschäftigt. Arbeitnehmer müssen den Wunsch nach Arbeitszeitverringerung und deren Umfang spätestens drei Monate vorher schriftlich oder mündlich anmelden - und sollten dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben. Die mögliche Verkürzung und die Verteilung der verringerten Arbeitszeit hat der Arbeitgeber im Einvernehmen mit seinen Beschäftigten festzulegen. Aus berechtigten Gründen kann er ablehnen. ag

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