Straßburg/Brüssel. Millionen von Menschen, die zum Arbeiten in ein anderes EU-Land entsandt werden, sollen künftig besser vor Ausbeutung und Niedriglöhnen geschützt werden. Das EU-Parlament verabschiedete am Dienstag mit großer Mehrheit eine Reform der sogenannten EU-Entsenderichtlinie. Damit kann der Vorschlag der EU-Kommission europaweit gültig werden.
Die Mitgliedstaaten müssen die neuen Regeln bis Mitte 2020 umsetzen. Sie sehen unter anderem vor, dass ins Ausland entsandte Arbeitnehmer den gleichen Lohn bekommen und unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie ihre lokalen Kollegen. Die Kosten für die Reise in das Land und für ihre Unterkunft dürfen nicht mehr von ihrem Lohn abgezogen werden, sondern müssen vom Arbeitgeber getragen werden. Entsendungen sind künftig auf ein Jahr beschränkt – mit der Möglichkeit einer Ausweitung auf 18 Monate.
EU-Mobilitätspaket sieht Sonderregeln für Lkw-Fahrer vor
Es gibt aber Ausnahmen für den Verkehrssektor, wo entsandte Arbeitnehmer häufig nur für kurze Zeit in einem anderen EU-Land unterwegs sind. Die Entsenderichtlinie sieht zum Beispiel nicht vor, dass Fernfahrer in jedem Land, durch das sie fahren, den landesüblichen Lohn bekommen. Über deren Status berät der Verkehrsausschuss des Parlaments noch einmal gesondert am kommenden Montag. Die EU-Kommission hatte diesbezüglich vor einem Jahr im Rahmen des ersten Mobilitätspaketes mehrere Reformvorschläge gemacht.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte am Dienstag, dass der Gesetzgeber mit der Reform der EU-Entsenderichtlinie die europarechtliche Rechtsunsicherheit mit Blick auf die Zulässigkeit von umfassenden Tariftreueklauseln in der öffentlichen Auftragsvergabe beendet. „Jetzt erwarten wir von der Bundesregierung, dass sie alle Spielräume bei der nationalen Umsetzung nutzt, damit die Verbesserungen tatsächlich bei den Beschäftigten ankommen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
DGB fordert auch zügige Regelung für Straßengüterverkehr
Dagegen sei es ein schwerwiegender politischer Fehler, dass die neuen Regelungen nicht für den internationalen Straßentransport gelten sollen. Bestimmte Berufsgruppen von den verbesserten Entsendebestimmungen auszuklammern, bedeutet laut Buntenbach, vorsätzlich entsandte Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse zu schaffen. Diese Ungleichbehandlung sei weder begründbar noch hinnehmbar. „Gerade die Beschäftigen im grenzüberschreitenden Straßenverkehr sind schon heute in besonders hohem Maße von Lohn- und Sozialdumping betroffen. Sie jetzt auch noch auszuschließen, zementiert den unfairen Status Quo und setzt die institutionalisierte Ausbeutung im internationalen Straßentransport fort.“
Der DGB fordert die deutsche Bundesregierung und die Abgeordneten des Europaparlaments deshalb auf, sich in den Verhandlungen um das erste Mobilitätspaket auch für die zehn Millionen Beschäftigten im EU-Straßentransport starkzumachen. (dpa/ag)