Netzwerken und vernetzen

Die Regierungen weltweit müssen sich auf eine geordnete Einführung von fahrerlosen Lkw vorbereiten, um negative soziale Folgen und Jobverluste zu verhindern. Das ist die Kernbotschaft einer Studie, die das Weltverkehrsforum (International Transport Forum, ITF) gemeinsam mit drei Partnerorganisationen kürzlich in Leipzig vorgestellt hat. Gemeinsam mit dem europäischen Herstellerverband ACEA, dem Weltdachverband der Straßentransportwirtschaft IRU und der International Transport Workers Federation beschäftigt sich die Sonderorganisation des Wirtschaftsverbandes OECD damit, wie der Übergang zum fahrerlosen Straßengüterverkehr ausgestaltet werden kann. 4,4 Millionen arbeitslose Fahrer in 2030 Der Generalsekretär des Weltverkehrsforums, José Viegas, rechnet damit, dass autonome Lkw in den nächsten drei bis zehn Jahren auf öffentlichen Straßen verkehren dürfen. Das sagte er bei der Vorstellung der Studie. Die neue Technologie könnte demnach die Nachfrage an Fahrern in den USA und Europa bis zum Jahr 2030 um 50 bis 70 Prozent reduzieren. Bis zu 4,4 Millionen der voraussichtlich 6,4 Millionen Stellen für professionelle Trucker könnten 2030 wegfallen, so eines der Szenarien. Selbst wenn der autonome Lkw künftig Berufsanfänger zunehmend davon abhält, den Fahrerberuf zu wählen, könnten immer noch mehr als zwei Millionen Fahrerjobs in den USA und Europa überflüssig werden, schätzen die Experten der Studie zufolge.Um das Worst-Case-Szenario zu vermeiden, schlugen die beteiligten Interessenvertreter beim Weltverkehrsforum vor, dass ein Gremium aus Repräsentanten der Gewerkschaften, des Speditionsgewerbes, der Fahrzeughersteller und der Regierung des jeweiligen Landes die Einführung selbstfahrender Lkw beratend begleitet. Wichtig seien dabei die Arbeitsmarktaspekte. Außerdem plädierten sie für ein temporäres Genehmigungsverfahren, um die Geschwindigkeit dieses Übergangs zu steuern. Der Verkauf von Lizenzen an Betreiber, die Geld durch fahrerlose Lkw sparen, sollte ergänzt werden durch Beiträge aller Straßennutzer, die von mehr Verkehrssicherheit profitieren, heißt es in der Studie. Als weitere unterstützende Maßnahmen nennen die Experten Arbeitsmarktprogramme zur Umschulung von Fahrern und finanzielle Hilfen für die Betroffenen. Die Experten schlugen weiterhin vor, internationale Standards und Straßenverkehrsvorschriften für selbstfahrende Lkw einzuführen. Eine Harmonisierung über Landesgrenzen hinweg sei wichtig, um die Vorteile des autonomen Fahrens künftig im internationalen Güterverkehr vollständig nutzen zu können. Zudem sprachen sie sich dafür aus, Pilotprojekte fortzuführen, um Fahrzeuge, Netzwerktechnologien und Kommunikationsplattformen zu testen. Etwa 500.000 Berufskraftfahrer sind derzeit in Deutschland tätig. Rund 20.000 Stellen fehlen heute hierzulande, um den Bedarf an Güterverkehren abzudecken. "Auch nach der Einführung autonomer Lkw werden qualifizierte Fahrer gebraucht", sagte IRU-Präsident Christian Labrot bei der Vorstellung der Studie. Er betonte, die Unternehmen im Güterverkehrsgeschäft dürften trotz der technischen Entwicklungen beim Werben um Fachkräfte nicht nachlassen. Thema lautete Governance of Transport Deutschland war vom 31. Mai bis 2. Juni zum zehnten Mal bereits Gastgeber des Weltverkehrsforums. Vor Ort waren diesmal mehr als 1300 Teilnehmer aus 80 Ländern, darunter insgesamt 41 Verkehrsminister, Vizeverkehrsminister und Staatssekretäre aus den 59 ITF-Mitgliedstaaten, Vertreter internationaler Organisationen sowie aus der Wirtschaft und von Verbänden. Das Thema des Gipfels lautete "Governance of Transport", die staatliche Verantwortung für Mobilität. Im Fokus dabei standen Infrastruktur, globale Vernetzung und die Regulierung von Innovationen. "Mit der Digitalisierung der Mobilität erleben wir derzeit die spannendste Innovationsphase seit der Motorisierung", erklärte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt bei der Eröffnung. Die Staaten würden dabei besondere Verantwortung tragen: "Denn Innovationen haben die Tendenz, sich auf die Metropolen zu konzentrieren. Sie müssen aber auch in den Regionen stattfinden, damit alle Menschen daran teilhaben können." Darum investiere die Bundesregierung derzeit Rekordmittel in eine leistungsfähige Infrastruktur, sagte der CSU-Politiker. "Wir bringen die Gigabit-Netze in die Regionen und das automatisierte Fahren auf die Straße." Bei den Diskussionen über den Einsatz von Roboterfahrzeugen wurde in Leipzig vor allem eines deutlich: wie weit Deutschland auf dem Weg zu selbstfahrenden Pkw und Lkw bereits ist - und wie große Schritte andere Staaten noch machen müssen. In einer gemeinsamen Abschlusserklärung verständigten sich die Mitglieder des Weltverkehrsforums deshalb unter anderem auf eine bessere Vernetzung des Verkehrssektors im Dienste der Weltwirtschaft, den Ausbau der Infrastrukturen für die Mobilität von morgen, die bedarfsgerechte Förderung von Innovationen und einen festen Rechtsrahmen für die Nutzung frei verfügbarer Mobilitätsdaten - Stichworte sind hier: Cybersicherheit und Datenschutz. Deutschland ist Vorreiter Zunächst müssen in vielen Ländern aber auf nationaler Ebene erst einmal die Voraussetzungen geschaffen werden, um die neuen Technologien rund um die Digitalisierung des Güterverkehrs und speziell das automatisierte und vernetzte Fahren nutzen zu können. Deutschland ist hier Vorreiter - nicht nur technisch, sondern auch politisch. Im zweiten Schritt seien internationale Standards und Vorschriften sowie eine enge Abstimmung zwischen den Regierungen und den Vertretern aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft von Bedeutung, hieß es beim Weltverkehrsforum, um gut entwickelte, zuverlässige, sichere und nachhaltige Verkehrsnetze sowie effiziente Warenströme zu ermöglichen. Bei der politischen Gestaltung müssten vor allem die ehrgeizigen Ziele berücksichtigt werden, die 2015 in zwei großen Übereinkommen vereinbart wurden: das Klimaübereinkommen von Paris und die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Die Gesetzgeber weltweit sollten sich bei dem Übergang zum autonomen Fahren darüber hinaus auf die Vorteile der neuen Technologien konzentrieren und Innovationen im Verkehrssektor nicht durch zu viele Bedenken ausbremsen, sagte IRU-Präsident Labrot. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Verkehrspolitik" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Das Weltverkehrsforum Leipziger Gipfeltreffen der Verkehrsminister aus aller Welt Das Weltverkehrsforum wurde im Jahr 2006 gegründet und findet seither in Leipzig statt. Es versteht sich als internationaler "Think Tank" für Mobilitätspolitik. Im Mittelpunkt stehen der Dialog und Erfahrungsaustausch von Regierungsvertretern und Entscheidern aus Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Das ITF ist in diesem Jahr auf 59 Mitgliedstaaten gewachsen: Kasachstan und die Vereinigten Arabischen Emirate sind beigetreten. Die Präsidentschaft wechselt jährlich. 2017 ist Mexiko Präsident des Weltverkehrsforums. Das nächste Gipfeltreffen der Verkehrsminister findet 2018 statt - wieder in Leipzig. ag

Netzwerken und vernetzen

Marktübersicht: Kombi-Operateure in Europa

Cyber-Sicherheit

HASHTAG

#Personalie

Am Rande: Dobrindt zum "Betonkopf des Jahres" ernannt

Binnenschiffer gegen Kostensenkung für Güterbahn

Österreich will Vorbereitungen für Maut-Klage treffen

MEISTGELESEN

Tempomat zu hoch eingestellt: Bußgeld für Lkw-Fahrer

Quantron von Insolvenzverwalter verkauft

Bildergalerie: Die Gäste der VerkehrsRundschau Gala 2025

WEITERLESEN

NEWSLETTER