"Netzwerk ist alles"

Seit Jahren entwickelt sich der Umsatz der Lakner Spedition + Logistik in Schwäbisch Gmünd positiv. Aktuell erwirtschaftet die Gruppe 25 Millionen Euro. Wichtigster Wachstumstreiber ist laut Firmenchef Jochen Abt die Lagerlogistik. "Seit vergangenem Jahr beschäftigen wir erstmals mehr Mitarbeiter in diesem Geschäftsbereich als im Transportsegment", berichtet der 50-Jährige, der in dritter Generation die Geschicke des 1923 gegründeten Familienunternehmens lenkt. 1998 stieg Abt in den heimischen Familienbetrieb ein, nachdem sein älterer Bruder sich entschieden hatte, Lehrer zu werden. Duales Studium an der DHBW Mannheim Zuvor studierte er an der Universität in Marburg und an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Mannheim Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt "Spedition, Transport und Logistik". Erste Praxiserfahrungen sammelte er während des dualen Studiums an den Dachser-Standorten Karlsruhe, Regensburg und Stuttgart. "Das war echt gut und ich habe heute noch Kontakt zu vielen Studienkollegen", blickt Abt auf die Studienzeit zurück. Und er betont: "In einer Spedition ist Netzwerk alles." 300 Mitarbeiter und 100 Lkw Heute arbeiten etwa 300 Menschen für sein Unternehmen, darunter mehr als 100 Fahrer für die etwa 100 Lkw im Fuhrpark. Dieser setzt sich vor allem aus Fahrzeugen der Marken Mercedes-Benz, gleichzeitig ein wichtiger, regionaler Lakner-Kunde, sowie Volvo zusammen. Hinzu kommen noch drei MAN-Trucks. Seit Mitte Juni zählen außerdem drei Iveco-Lkw mit Flüssigerdgas(LNG)-Antrieb zur Flotte. Die Fahrzeuge vom Typ "Iveco Stralis NP" mit je 460 PS und dem ZF-Getriebesystem "TraXon" transportieren täglich dreimal Lkw- und Pkw-Getriebegehäuse des Technologiekonzerns ZF, die im Werk Nürnberg gegossen werden, zur Montage ins Werk Friedrichshafen. Für ZF mit Iveco-LNG-Trucks on Tour "Diese Tour hat sich angeboten, weil sie an Ulm vorbeigeht, und dort befindet sich derzeit die einzige LNG-Tankstelle Baden-Württembergs", berichtet Abt. Das Thema LNG habe der Kunde ZF angestoßen, zum einen um Emissionen zu senken, aber auch weil Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Maut für LNG-Fahrzeuge für zwei Jahre ausgesetzt hat. "Als Planungshorizont ist das für eine mittelständische Spedition eigentlich zu kurz, schließlich ist so ein LNG-Auto 30 Prozent teurer als ein Diesel und die Restwerte sind quasi gleich null", erklärt Abt. Hinzu komme, dass es hierzulande an einem flächendeckenden Tankstellennetz fehle. Auf die Iveco-Modelle fiel die Wahl, weil der Hersteller laut Abt als einziger Low Liner mit LNG-Antrieb anbiete. "Auch weil Iveco ZF-Getriebe verbaut, war es naheliegend, daraus eine Kooperation zu machen", ergänzt der Geschäftsführer. Mit ZF verbindet ihn bereits eine enge Partnerschaft: Für die ZF-Tochter TRW Automotive betreibt Lakner seit Mitte vergangenen Jahres ein Lager im rund 15 Kilometer vom Firmensitz Schwäbisch Gmünd entfernten Alfdorf. Auf rund 13.700 Quadratmeter Lagerfläche bevorratet die Spedition Produktionsmaterial und Komponenten für Insassenschutzsysteme für die Automobilindustrie. Jungheinrich-FTS ersetzte 16 Mitarbeiter Hier lagern auch bis zu sechs Tonnen schwere Stahlcoils, Granulate und Gefahrgut, die besondere Anforderungen an die 80 Lakner-Mitarbeiter vor Ort stellen. Gleich 16 Personen ersetzte ein fahrerloses Transportsystem (FTS) von Jungheinrich, das an sieben Tagen rund um die Uhr im Dreischichtbetrieb im Einsatz ist. "Das Investment von rund 600.000 Euro amortisiert sich so relativ schnell nach 1,5 Jahren", berichtet Abt. Kampf um Talente wird härter Er betont, dass es immer schwieriger werde, Mitarbeiter fürs Lager zu finden. Schließlich konkurriere man in der Region Schwäbisch Gmünd mit großen Arbeitgebern aus der Automobilindustrie. "Die haben die 35-Stunden-Woche und auch bei den Löhnen können wir nicht mithalten", erklärt Abt. Besonders schlimm sei die Situation beim Fahrpersonal. "Mittlerweile beschäftigen wir viele rumänische und bulgarische Fahrer. Für eine bessere Verständigung haben wir in der Dispo jetzt auch eine rumänische Mitarbeiterin angestellt und nur für die Fahrerakquise haben wir ein eigenes Büro in Rumänien", fährt der Firmenchef fort. Für die Fahrer aus dem Ausland stellt Lakner sogar ein Wohnhaus bereit. Zudem wird jeden Samstag kostenlos Deutschunterricht im Unternehmen angeboten, auch wenn nicht jeder dieses Angebot nutzt. Abt dazu: "Wir haben mehrere osteuropäische Fahrer, die sprechen nach einem Jahr wirklich gut Deutsch; wir haben aber auch mehrere, die sind seit zwei Jahren hier und sprechen kein Wort." Inzwischen sei aber auch der Markt in Rumänien leer gefegt. "Ich kenne schon die ersten Spediteure, die holen ihre Fahrer aus Vietnam, auch von den Philippinen. Da brauchen sie dann auch eine Arbeitserlaubnis", berichtet der Firmenchef. Natürlich bilde man auch selbst aus - nicht nur Berufskraftfahrer (BKF), sondern auch Fachkräfte für Lagerlogistik, Kfz-Mechatroniker und Speditionskaufleute. Doch auch hier sei es zunehmend schwer, interessierte Bewerber zu finden: "Wir schreiben jedes Jahr aus, aber bei uns bewirbt sich kaum noch jemand", berichtet Abt. Für die wenigen, die eine Ausbildung im gewerblichen Bereich beginnen, sei man dann fast schon ein "soziales Auffangbecken". Unpünktlichkeit sei da noch das kleinste Problem: "Wir haben hier Schlägereien gehabt, wir haben hier Diebstähle gehabt. Einer hat einen Getränkeautomaten aufgebrochen", erinnert sich Abt. "Deshalb haben wir gesagt, wir reduzieren das auf die, von denen wir glauben, dass es auch die Richtigen sind. Aktuell haben wir beispielsweise drei BKF-Azubis statt früher 18", ergänzt er. Appell für mehr Wertschätzung Vor allem der Job des Berufskraftfahrers werde zunehmend unattraktiv. "Wenn ich mir angucke, was heute da draußen auf den Autobahnen los ist und wie die da drei, vier Monate im Jahr kampieren auf den Rastplätzen unter übelsten Bedingungen - dann wundert mich das nicht", sagt der Geschäftsführer. Aus seiner Sicht fehle es vor allem an Wertschätzung für das, was die Fahrer tagtäglich leisten. Das merke er auch bei Verhandlungen mit vielen Kunden, die aktuell aufgrund der leicht schwächelnden Konjunktur ihre Frachten wieder neu ausschreiben und dabei "um jeden Euro und jeden Cent feilschen". Als "Frechheit" empfindet er, dass manche großen Verlader mit Entladezeitenbuchungen den Druck noch erhöhen. "Komme ich eine halbe Stunde später als ausgemacht, schreibt der mir eine Rechnung über 50 Euro, weil ich seinen Ablauf störe - das kann echt nicht sein", echauffiert sich der Manager. Gleichzeitig gebe es Firmen, die Fahrer drei bis vier Stunden an der Rampe stehen lassen, aber nicht bereit sind, dafür Standgeld zu zahlen. Papier ade bis Frühjahr 2020 Angesichts dieser Umstände wünscht sich Abt, dass die Transportbranche geschlossener auftritt und sich gemeinsam wehrt. Um sich trotz derartiger Widrigkeiten fit für die Zukunft zu machen, hat sich der Manager im eigenen Unternehmen vor 1,5 Jahren Verstärkung ins Boot geholt: Manfred Kaiser, dessen Großmutter die Schwester des Firmengründers war, steht ihm seitdem als Speditions- und Fuhrparkleiter zur Seite. Und der 53-Jährige feilt entschlossen an einem Strukturwandel im Unternehmen: "Als ich hier angefangen habe, hat der Seniorchef noch Überweisungen mit der Schreibmaschine getippt. Bis zum Frühjahr möchte ich das papierlose Büro einführen", berichtet er. Die Dispowand hat er schon abgeschafft, stattdessen arbeiten die Disponenten nun mit drei Bildschirmen. Kaiser, gelernter Kfz- und Elektromeister, hat darüber hinaus Lager und Werkstatt auf den neuesten Stand gebracht. Klarer Fokus auf Nachhaltigkeit Auch für die Barrierefreiheit im Unternehmen hat er gesorgt: Unter anderem wurde im Bürogebäude ein Fahrstuhl für behinderte Kollegen eingebaut. Ein großes Anliegen ist dem Speditionsleiter auch das Thema Nachhaltigkeit. Das Dach der Spedition wurde bereits begrünt, nun sollen die Außenwände folgen. Geplant ist auch eine grüne Ruhezone, in der die Mitarbeiter ihre Mittagspause verbringen können. "Ich will da auch Insektenhäuser aufstellen. Und für jeden Lkw, den wir fahren, werde ich einen Baum pflanzen", kündigt er an. Das passt auch gut zur Remstalgartenschau, die noch bis 20. Oktober in Schwäbisch Gmünd läuft und für die Lakner als Partner auf seinen Lkw kräftig die Werbetrommel rührt. Die Umwelt hat die Spedition übrigens auch aus wirtschaftlichen Gründen im Blick: "Wir müssen auf die Zukunft eingestellt sein, sonst können wir am Markt nicht bestehen", ist Kaiser sicher. Die Story zum Anhören finden Sie als Podcast unter www.verkehrsrundschau.de/podcast In Kürze Die Lakner Spedition + Logistik in Schwäbisch Gmünd gibt es seit fast 100 Jahren. Das Unternehmen wächst stark, vor allem im Bereich Lagerlogistik. Jetzt setzt der in dritter Generation von Jochen Abt geführte Familienbetrieb verstärkt auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Zahlen und Fakten: fast 100 Jahre in Familienhand Mit dem Transport von Milch und Langholz auf Pferdefuhrwerken und Milchsammelwagen startete Severin Abt, der Großvater von Jochen Abt, 1923 im Dorf Rechberg, heute Teil der Stadt Schwäbisch Gmünd, sein Transportgewerbe. Fünf Jahre später gründete in Schwäbisch Gmünd Josef Lakner die Speditionsgesellschaft Lakner.1934 schaffte Severin Abt seinen ersten Diesel-Lkw an, der ab 1945 auch für den Personentransport genutzt wurde: Ausgestattet mit Holzaufbau und -bänken pendelte er von Rechberg nach Schwäbisch Gmünd. Ein Jahr später, nach Kriegsende, kaufte Abt den ersten Nahverkehrsbus und baute den Personenverkehr aus. Die Spedition lief fortan nur noch nebenbei. 1953 übernahm das Unternehmen Omnibusverkehr Abt den Stadtverkehr in Schwäbisch Gmünd. Seit dem Tod des Firmengründers 1976 lenkten dessen Söhne Albert, Severin und Arthur Abt die Geschicke des Betriebs. Die Geschäftsbereiche reichten nun von der Personenbeförderung im Linien-, Gelegenheits- und Reiseverkehr über Transport und Logistik im Güternah- und -fernverkehr bis hin zum Betrieb eines Reisebüros in Schwäbisch Gmünd.Im Jahr 1981 übernahmen die Brüder Abt die Spedition Lakner mit damals neun Lkw, heute sind es 100. Es folgte die Trennung des Bus- und des Speditionsgeschäfts. Seit 1998 wird der heute 77-jährige Arthur Abt von Sohn Jochen Abt in der Spedition Lakner unterstützt. Daneben führt die Familie noch die Spedition Abt. Jochen Abts Onkel Albert Abt betreibt außerdem nach wie vor den Stadtbusverkehr in Schwäbisch Gmünd mit der Firma Stadtbus Gmünd Severin Abt. akw

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