Nationales Verbot soll kommen

Das Güterverkehrsgewerbe muss sich in Kürze mit einem ganzen Bündel an Gesetzänderungen auseinandersetzen (siehe Kasten rechts). Am meisten betrifft die Branche eine Reform des Fahrpersonalgesetzes (FpersG), wonach es ein nationales Verbot geben soll, die regelmäßige Wochenruhezeit im Lkw zu verbringen. Eine solche Bestimmung suchte man vergeblich im Entwurf eines entsprechenden Änderungsgesetzes, den die Bundesregierung zuletzt vorgelegt hatte. Dabei hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur geplanten Novelle bereits im vergangenen November deutlich gemacht, wie solch eine deutsche Regelung aussehen könnte. Die Länderkammer will die Verkehrsunternehmer in die Pflicht nehmen. Sie sollen die Arbeit der Fahrer so organisieren, dass diese die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden am eigenen Wohnort, am Ort des Unternehmenssitzes - oder mit Zustimmung des Chefs auch an einem anderen Ort - "in einer festen Unterkunft mit geeigneten Sanitäreinrichtungen und ausreichenden Versorgungsmöglichkeiten" verbringen können. Das Campieren im Lkw entlang deutscher Autobahnen sollte ein Ende haben. Bei vorab abgesprochenen Abweichungen ist eine Dokumentationspflicht vorgesehen, bei Zuwiderhandlung soll beiden ein Bußgeld drohen, schlägt der Bundesrat vor. Änderung könnte bald in Kraft treten Die Bundestagsfraktionen von SPD und CDU haben die Sache nun in die Hand genommen. Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf soll während der anstehenden Beratungen im Verkehrsausschuss geändert werden. "Wir wollen ins Gesetz schreiben, dass die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit auch dann nicht eingehalten wird, wenn diese im Fahrzeug oder an einem Ort ohne geeignete Schlafmöglichkeiten verbracht wird", erläutert Udo Schiefner, SPD-Berichterstatter für Güterverkehr, Transport und Logistik. Anfang März will der Verkehrsausschuss die FPersG-Änderungen beschließen und dem Bundestag zur Abstimmung vorlegen. "Ich rechne damit, dass der Bundesrat das Gesetz dann noch vor der Osterpause verabschiedet und es im Mai in Kraft treten kann", erläutert der Parlamentarier. Unklar ist allerdings, was der Gesetzgeber unter einer "geeigneten Schlafmöglichkeit" versteht. Die Formulierung bietet Interpretationsspielraum. Schiefner weiß um diese Schwachstelle. Konkretere Vorgaben seien aber entweder nicht einzuhalten oder würden bei nächster Gelegenheit von einem Gericht kassiert, so der SPD-Politiker. Aus demselben Grund werde es keine Aufforderung geben, einen bestimmten Ort zur Regeneration aufzusuchen. "Das wäre ohnehin nicht kontrollierbar", sagt er. Die Koalitionsfraktionen wollen, dass das nationale Verbot schnell kommt, da eine einheitliche europäische Lösung seit Jahren auf sich warten lässt. Entsprechende Reformen wollte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc eigentlich schon Ende 2015 vorlegen. Zuletzt hieß es, sie wolle in diesem Mai ihre Verbesserungsvorschläge für den Straßengüterverkehr machen. Alleingänge von Belgien und Frankreich erhöhten zwischenzeitlich den Handlungsdruck. Die Nachbarländer regelten, dass die wöchentliche Ruhezeit nicht im Fahrzeug verbracht werden darf, und setzen das Verbot konsequent um. Verstöße werden mit hohen Geldbußen geahndet. "Seitdem stauen sich jeden Freitagabend die Lkw an deutschen Raststätten, weil es bei uns noch kein Verbot gibt", kritisiert Schiefner die Missstände. Die Chancen, dass sich das bald ändert, stehen gut. Der Verkehrspolitiker rechnet damit, dass der Gesetzentwurf nachgebessert wird und danach rasch die parlamentarischen Hürden nimmt. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Adolf Zobel, hofft, dass auch auf EU-Ebene wieder Bewegung in die Sache kommt. "Wir brauchen eine Klarstellung, was EU-rechtlich in Bezug auf die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit gilt", sagt er. Ein Urteil des europäischen Gerichtshofs könnte eine einheitliche EU-Regelung erzwingen. Schwerpunktkontrollen des Bundesamtes für Güterverkehr und Polizei wären nötig, um das geplante deutsche Verbot wirksam umzusetzen. Damit also die Sanktionierung durch das FPersG kein Papiertiger bleibt, muss möglicherweise zusätzliches Kontrollpersonal eingestellt werden. Gesetzesreformen Was sich für Spediteure und Transporteure noch ändert Das nationale Verbot zu Wochenruhezeiten ist Teil eines Reformpakets. Der sogenannte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes, des Fahrpersonalgesetzes, des Gesetzes zur Regelung der Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern, des Straßenverkehrsgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrtbundesamtes bringt weitere Änderungen für die Güterverkehrsbranche:Güterverkehrserlaubnis: Die nationale Güterkraftverkehrserlaubnis wird künftig nur noch für zehn Jahre erteilt. Inhaber einer befristeten gelben Lizenz müssen alle zehn Jahre einen neuen Antrag stellen. Dies betrifft jedoch nur 2700 Unternehmen. Die meisten Transporteure fahren laut dem BGL mit der blauen EU-Gemeinschaftslizenz, die ebenfalls nur zehn Jahre gültig ist. Altfälle sind von der Neuregelung nicht betroffen. Bereits erteilte unbefristete Lizenzen behalten ihre Gültigkeit.Digitacho-Manipulation: Kontrollbehörden erhalten mehr Befugnisse. Polizei und Bundesamt für Güterverkehr (BAG) dürfen bei einem konkreten Verdacht die Untersuchung in einer Werkstatt anordnen, um Manipulationen und technische Fehlfunktionen am Fahrtenschreiber aufzudecken. Bestätigt sich der Verdacht, muss der Fahrzeughalter die Prüfkosten tragen.Verkehrsunternehmensdatei: Die Novelle schafft die Voraussetzung, dass das BAG alle Verstöße des Verkehrsunternehmers und des Verkehrsleiters speichern darf. Bisher wurden kleinere Bußgeldverfahren bis 200 Euro nicht zentral gespeichert.Lenk- und Ruhezeiten: Unternehmen können Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten länger aufbewahren, um nachweisen zu können, dass der Mindestlohn gezahlt wurde. sah EuGH Ruhezeiten: Generalanwalt billigt belgisches Verbot Ein vor dem europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängiger Fall könnte für Klarheit sorgen, wie die EG-Verordnung 561/2006 auszulegen ist. Während Fahrer die täglichen sowie reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten im Lkw verbringen dürfen, ist dies für die regelmäßigen Wochenruhezeiten innerhalb der EU umstritten. Der Generalanwalt sprach sich in seinen Schlussanträgen am 2. Februar dafür aus, Artikel 8 der EG-Verordnung so zu interpretieren, dass Fahrer ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden nicht im Fahrzeug verbringen dürfen.Der EuGH muss über die Klage des belgischen Transportunternehmens Vaditrans entscheiden, das gegen das Verbot des belgischen Staates vorgeht, die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im Lkw zu verbringen. Zwar steht das Urteil noch aus, doch meist folgen die Richter den Schlussanträgen des Generalanwalts. Mit einem solchen Richterspruch würde klargestellt, dass EU-weit einheitliche Regeln gelten. EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc will im Mai Vorschläge veröffentlichen, wie der Streit um das Verbringen der regelmäßigen Wochenruhezeit in Fahrerkabinen eindeutig gelöst werden soll. Das EuGH-Urteil könnte dabei eine wichtige Rolle spielen. sah/ag

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