Nahles entschärft Gesetz

Der überarbeitete Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zu Leiharbeit und Werkverträgen stößt bei der Opposition und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) auf heftige Kritik. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Arbeitgeber und Teile der CDU jene schwarzen Schafe schützen wollten, die Werkverträge missbrauchten, kritisierte DGB-Chef Reiner Hoffmann. Linken-Fraktionschef Klaus Ernst sprach von einem "kompletten Kniefall vor den Arbeitgebern". Die Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmecke nannte den Entwurf eine Mogelpackung. Es sei unvertretbar, dass der zunächst vorgesehene Kriterienkatalog zur Abgrenzung zwischen Werkverträgen und Leiharbeit fehlt. Mit dem Kriterienkatalog wollte die SPD-Politikerin regeln, ob jemand wirklich als Selbstständiger arbeitet oder ob er als Scheinselbstständiger abhängig beschäftigt ist. In dem Fall würde ein Arbeitsverhältnis bestehen und der Arbeitgeber müsste ganz normal Sozialbeiträge für den Arbeitnehmer zahlen. Die Arbeitgeber hatten moniert, der ursprüngliche Entwurf greife in bestehende Tarifverträge ein und beschränke die unternehmerische Freiheit. Nunmehr heißt es in der aktuellen Fassung allgemein: "Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann". Nach den Worten von Carsten Linnemann, Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung, können auch Unternehmen, die dem Branchen-Flächentarif nicht angehören, von einer Ausnahmeregelung Gebrauch machen, um Leiharbeiter nicht nur 18, sondern maximal 24 Monate in ihrem Betrieb zu beschäftigen. Nahles wollte das tarifgebundenen Unternehmen vorbehalten. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) begrüßte die Neufassung. Mit dem Wegfall des Kriterienkatalogs werde eine "Kernforderung des DSLV" erfüllt, betonte Verbands-Justitiar Andreas Stommel gegenüber der VerkehrsRundschau. Gerade im Bereich der Kontraktlogistik komme es vor, dass die Tätigkeiten in den Räumen des Arbeitgebers erfolgten. Da hätte leicht der Generalverdacht entstehen können, es handle sich um Scheinwerkverträge. Der Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik (BGL) wollte sich derzeit noch nicht zu dem Entwurf äußern. Tariföffnungsklausel fehlt Weitere Änderungen am Entwurf beziehen sich auf die Bezahlung von Leiharbeitern. Derzeit müssen sie nach neun Monaten genauso bezahlt werden wie Stammbeschäftigte. Eine längere Abweichung soll nun nur zulässig sein, wenn "nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung" mindestens eine Bezahlung erreicht sei, die mit dem Tariflohn von Stammbeschäftigten vergleichbar ist. Eine weitere Ausnahme soll möglich sein, "wenn nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung" an das tarifliche Arbeitsentgelt erfolgt. Nach Ansicht des DSLV fehlt es noch an einer Tariföffnungsklausel, die branchenspezifischen Belangen Rechnung trägt. Nahles reagierte gelassen auf die Kritik an ihrem überarbeiteten Gesetzentwurf. Man sei in der schwarz-roten Koalition "gut unterwegs". Voraussichtlich bis Mitte März werde das Kabinett entscheiden, Anfang 2017 solle das Gesetz in Kraft treten. Nach Ansicht politischer Beobachter reagiert die SPD-Politikerin mit den Änderungen auf öffentliche Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Diese hatte im November auf dem Arbeitgebertag gesagt, Nahles Gesetzespläne gingen über den im Koalitionsvertrag vereinbarten Kompromiss hinaus. Das Vorhaben Die Bundesregierung will mit dem Gesetzentwurf den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen einschränken. So soll verhindert werden, dass Unternehmen Leiharbeiter als Streikbrecher einsetzen und Betriebsräte sollen über den Einsatz von Werkvertragsnehmern besser informiert werden. Im Juni 2015 gab es in Deutschland rund 961.000 Beschäftigte bei Zeitarbeitsfirmen. Das waren etwa 2,7 Prozent der Beschäftigten. Bei der Zeitarbeit werden Arbeitskräfte entliehen. Bei einem Werkvertrag wird eine Arbeitsleistung unabhängig von einer bestimmten Person eingekauft. jök

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