Mit der richtigen Idee die Zukunft bereiten

Sein Unternehmen auf mehreren Pfeilern aufzubauen, kann nicht verkehrt sein. Denn schwächelt ein Segment, kann eine drohende Schieflage mit neuen Kunden oder zusätzlichen Aufträgen in einem anderen Geschäftsfeld vermieden werden. Oder alle Segmente wachsen und das Unternehmen expandiert somit kräftig (siehe Beispiele in den Kästen). Gerade Zeiten wie diese, in denen die Konjunktur brummt, sind ideal, um nach neuen Geschäftsfeldern Ausschau zu halten und so für eine bessere Statik im Unternehmen zu sorgen. Denn Transportleistungen sind derzeit gefragt - was jedoch nicht heißt, dass Speditionen solche Angebote ohne eigenes Zutun ins Haus flattern. Ein Beispiel für ein Unternehmen, das auf der Suche nach Logistikdienstleistern ist, ist BoxatWork. "Wir suchen Franchisenehmer in Großstädten, welche Lagerraum haben und Transportservices übernehmen", sagt Gerrit Jan Reinders, Gründer und Geschäftsführer des Berliner Start-ups. Auf einer Internet-Plattform bietet das Unternehmen Privat- und Geschäftskunden, deren Wohnungen und Büros aus allen Nähten platzen, Abhol- und Lagerdienstleistungen für nicht mehr benötigte Akten, Bücher und andere Artikel an. Interessenten können wiederverwendbare Boxen mieten, die bis zu 67 Liter aufnehmen. Der Franchisenehmer holt die einzulagernden Gegenstände binnen 24 Stunden ab und stellt sie dem Kunden auch wieder zu. "BoxatWork will vor allem in Großstädten ab 300.000 Einwohnern Fuß fassen", sagt Reinders. In 23 deutschen Kommunen sowie weiteren in der Schweiz, Frankreich, den Niederlanden und USA ist das Unternehmen bereits präsent. Der Einstieg in neue Geschäftsfelder muss nicht teuer sein. Im Falle von BoxatWork fallen abgesehen von den monatlichen Franchise-Gebühren kaum Zusatzkosten an. Am anderen Ende des Spektrums stehen komplexe Dienstleistungen vor allem in der Kontraktlogistik, welche für jeden Kunden besonders konfiguriert werden müssen. Mit dem Angebot weiterer Geschäftsfelder haben zuletzt Unternehmen wie Seifert Logistics in Ulm oder die Sander-Gruppe in Hamburg (siehe oberer Kasten Seite 23) Aufmerksamkeit erregt. Wer Dienstleistungsqualität und Versorgungssicherheit garantieren will, muss hohe Investitionen in neue Standorte, Intralogistik und Personal einplanen. Im Idealfall hat er wie Sander eine eigene IT-Tochter aufgebaut. "Solch ein Aufwand ergibt nur Sinn, wenn Synergien mit vorhandenen Geschäftsfeldern existieren und ein neues Feld mit einem langjährigen Bestandskunden erschlossen werden kann", sagt Christian Schober, Logistikberater in Germering. Wenigstens ebenso wichtig ist der Aufbau von digitalen Kompetenzen. "Viele Services können mit erstaunlich geringem Aufwand auf Cloud-Basis abgewickelt werden", sagt Daniel Giel, Logistikberater von BWLC in Niederkassel. Die notwendige Infrastruktur stellt ein IT-Anbieter bereit, der Logistikdienstleister muss lediglich einen Nutzervertrag abschließen. Giel muss es wissen. Er unterstützte mehrere Start-ups und Logistikdienstleister, Tourenoptimierungen einzuführen und auf papierlose Lagerverwaltung umzustellen. "Vielen mittelständischen Unternehmen fehlt noch das Verständnis für digitale Prozesse", resümiert der Berater. Sie tun sich deshalb auch mit neuen Geschäftsfeldern schwer. Giels Erfahrungen nach öffnet die Digitalisierung der eigenen Geschäftsprozesse den Weg zu neuen Geschäftsfeldern. "Ein solches Logistikunternehmen spürt Schwachstellen in Kundenprozessen auf und kann überzeugend Verbesserungen vorschlagen", sagt Giel. Er rät, bewährte Prozesse regelmäßig von externen Experten hinterfragen zu lassen. In der Regel arbeite ein Unternehmen mit digitalen Prozessen produktiver und sei auch deshalb für neue Geschäftsfelder gut gerüstet. Kunzendorf und Meljo machen mit Egal ob mit oder ohne Digitalisierung: Innovative Konzepte bauen in der Regel immer auf vorhandenen auf. Das gilt auch für Reinders' Geschäftsidee. Mit Lagerdienstleistungen für Privathaushalte und Geschäftsbüros werben bereits Möbelspeditionen und lokale Dienstleister. Der BoxatWork-Gründer hat jedoch dieses Konzept zum Full-Service-Angebot weiterentwickelt. Vor allem Kurier-, Expressund Paketdienste und Stückgutspeditionen, welche Erfahrung mit Innenstadtverkehren haben und über citynahe Lagerräume verfügen, wünscht sich Reinders als Franchisenehmer. Unternehmen wie Kunzendorf Spedition, Berlin, oder Meljo Network, Hamburg, konnte er laut eigener Aussage von seinem Konzept überzeugen. Jetzt will er dieses in möglichst vielen Großstädten durchsetzen. Mehr zum Thema im Dossier Logistik-Trends www.verkehrsrundschau.de/dossiers Praxisbeispiel Maschinenbau Mit Logistikleistungen für einen Gabelstaplerhersteller fing es an Mit Stückgut und Teilladungen hat Sander Logistics, Hamburg, während der letzten Jahre den meisten Umsatz gemacht. Für Jürgen Konrad Preußner, Geschäftsführer des Cargoline-Systempartners, warfen diese Geschäftsfelder jedoch zu geringe Margen ab. "Mit einem langjährigen Kunden, der uns vertraut, wollten wir den Einstieg in die Kontraktlogistik wagen", sagt der erfahrene Logistiker. Als der bisherige Geschäftspartner eines großen Gabelstaplerherstellers seine logistischen Dienstleistungen nicht fortsetzen konnte, nutzte Preußner die Chance zu einem Angebot. Für Neufahrzeuge in drei Werken dieses Unternehmens sowie die Mietflotte im norddeutschen Raum hatte Sander Logistics bereits Distributionslösungen entwickelt. Jetzt kamen Kontrakt- und Beschaffungslogistikleistungen hinzu."Wir mussten neue IT-Lösungen konzipieren und Spezialfahrzeuge anschaffen", sagt der Sander-Chef. Den Hanseaten half hierbei das Know-how der neuen Unternehmenstochter Gesellschaft für Logistikorganisation (Gelog), an der sie 90 Prozent Anteile erworben haben. Außerdem mussten sie in Vorleistung eine Halle mit spezifischen Torhöhen anmieten und hier Hochregallager und Flurförderequipment einbauen. Für deren Betrieb wurden rund drei Dutzend branchenerfahrene Mitarbeiter eingestellt. Die Arbeit für den Gabelstaplerproduzenten ebnete den Weg zu weiteren Auftraggebern. Heute betreut Sander fünf Kontraktlogistikprojekte für Fahrzeug- und Maschinenhersteller."Für jeden neuen Kunden sind hohe Investitionen in durchgängige IT-Prozesse für Produktion und Vertrieb zu veranschlagen", sagt Preußner. Außerdem wünschen manche Kunden landesspezifische Konfigurationen für Auftrags- und Track & Trace-Daten inklusive Avis- und "Estimated Time of Arrival" (ETA)- Informationen. Auch für solche IT-Lösungen erwies sich die Gelog-Übernahme als Glücksgriff."Über eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit hinaus ist die Bereitschaft wichtig, das bisher Erreichte infrage zu stellen und mit dem Kunden ständig neue alltagstaugliche Lösungen zu entwickeln", lautet für Preußner die Erfolgsformel für weitere Kontraktlogistikprojekte. bot Praxisbeispiel E-Commerce Vom Verlagslogistiker zum E-Commerce-Experten Aus der Verlagslogistik ist Sigloch Distribution, Blaufelden, nicht wegzudenken. Das württembergische Unternehmen hat bekannte Branchennamen wie Rowohlt, S. Fischer, Beltz, Ernst Klett und Diogenes als Kunden."Wir wachsen in einem schrumpfenden Markt weiter", versichert Christoph Schaupp, Geschäftsführer von Sigloch."Gleichzeitig haben wir die weitere Unternehmensentwicklung mit neuen Geschäftsfeldern abgesichert."Im E-Fulfillment für kleinteilige Sendungen sieht Schaupp die wichtigste Kernkompetenz. Wer Bücher und andere Verlagsobjekte pickt, verpackt und ausliefert, kann solche Dienstleistungen auch für andere Kleinprodukte entwickeln."Egal ob Fashion-Artikel, Parfüms oder Schmuck: Wir wenden uns an Unternehmen, die im E-Commerce-Markt für Endkunden Fuß fassen wollen", sagt Schaupp.Während der letzten fünf Jahre konnten die Schwaben unter anderem die Modemarke Peter Hahn und den Jeans-Hersteller Mustang als Kunden gewinnen. Eine zweite wichtige Zielgruppe sind Automotive-Konzerne, Werkzeughersteller und andere Industrieunternehmen: Ihnen bietet Sigloch das Ersatzteil- und Retourenmanagement an. Heute macht das Unternehmen 40 Prozent seines Umsatzes außerhalb der Verlagsbranche, Tendenz steigend. "Für die Akquisition neuer Kunden habe ich erfahrene Key-Account-Manager mit Geschäftskontakten in die avisierten Zielgruppen angestellt", sagt Schaupp. Die Anwerbung war nicht einfach. Der Sigloch-Standort unmittelbar an der A 6 sowie die Aussicht, in Eigenregie neue Geschäftsfelder aufzubauen, motivierte jedoch manchen Manager zum Arbeitsplatzwechsel. Am Wochenende pendeln diese Angestellten zu ihren Wohnsitzen in süddeutschen Ballungsräumen. Außerdem zog Sigloch weitere Hallen hoch, investierte in teilautomatische Intralogistik und baute eine Verpackungsabteilung auf. Weil rund um den Stammsitz Flächen frei waren und problemlos Arbeitskräfte akquiriert wer-den konnten, konnte Sigloch eine schnelle Realisierung der geplanten Projekte garantieren. Weitere neue Kunden will Schaupp vor allem auf Messen und Kongressen gewinnen. Jedes Jahr ist Sigloch mit einem Stand auf rund einem halben Dutzend Events präsent. bot