Berlin. Nach dem Rückzug von Bahnchef Hartmut Mehdorn hat die Bundesregierung die Nachfolgefrage und die Zukunft des Konzerns in einem ersten Durchgang erörtert. Nach gut zweistündigen Beratungen einer Ministerrunde unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurden Einzelheiten in der Nacht zum Mittwoch zunächst nicht bekannt. Ohne Erklärungen - so wie sie am späten Dienstagabend zunächst vorgefahren waren - verließen Merkel, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) und die übrigen Minister das Kanzleramt. Ziel der Bundesregierung ist, möglichst noch in dieser Woche zu einer Entscheidung zu kommen - und damit Handlungsfähigkeit der großen Koalition zu demonstrieren. Vorausgegangen war am Montag das Rücktrittsangebot von Mehdorn, der in der Datenschutzaffäre seines Unternehmens zunehmend unter politischen Druck geraten war. An dem Gespräch nahmen von SPD-Seite auch Finanzminister Peer Steinbrück und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee teil. Für die Union waren - neben Merkel - Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vertreten. Auch künftige Unternehmensstruktur thematisiert Dem Vernehmen nach sollte es nicht nur um die Neubesetzung des Chefsessels gehen, sondern vor allem auch um die künftige Struktur des Unternehmens. So war der Börsengang der Bahn wegen der Finanzkrise im Herbst 2008 zunächst abgesagt worden. Die SPD will die teilweise Privatisierung sogar für die gesamte nächste Wahlperiode abblasen, was in der Union auf heftige Kritik stieß. In einem Brief an die Kanzlerin hatten die Bahn-Gewerkschaften Transnet und GDBA eine Mitentscheidung über die Führungsspitze eingefordert. Im übrigen müsse noch vor der Personalentscheidung die Ausrichtung des Konzerns klar werden. Seit dem abgesagten Börsengang im Zuge der Wirtschaftskrise fehle es an Orientierung. "Die Fortschreibung des integrierten Konzerns" besitze für beide Gewerkschaften "besonders hohen Stellenwert". Der Aufsichtsrat, der formell über die Mehdorn-Nachfolge entscheidet, wird zur Hälfte von den Arbeitnehmervertretern bestimmt. Spekulationen um mögliche Nachfolger Als Nachfolger von Mehdorn wurde öffentlich zuletzt über den amtierenden Aufsichtsratschef Werner Müller (62) spekuliert, aber auch über den bisherigen Chef des Frankfurter Flughafens Fraport, Wilhelm Bender (64), der diesen Posten in Kürze aus Altersgründen aufgibt. Im Gespräch war auch eine Doppelspitze bei der Bahn mit einem Chef für die Konzernleitung und einem weiteren Topmanager für das Transportgeschäft, der aus dem Unternehmen kommen könnte. Im Gespräch dafür war der Chef des Bahn-Fernverkehrs, Nikolaus Breuel. Neben den Personalfragen will die Koalition aber auch die Aufklärung der Datenschutzaffäre vorantreiben, über die Mehdorn politisch gestolpert war. Dabei geht es um die mehrfache massenhafte Erhebung von Mitarbeiterdaten seit 1998, von denen Mehdorn nach eigenen Angaben nichts wusste, sowie um die Kontrollen und Beeinflussung von Mitarbeiter- und Gewerkschafts-E-Mails. (dpa)
Ministerrunde erörterte Mehdorn-Nachfolge
Rund zweistündigen Beratungen unter Leitung von Bundeskanzlerin Merkel / Auch künftige Unternehmensstruktur thematisiert