Mauterhöhung im Doppelpack

Von Freitagabend, 27. April, "bis Mittwoch, 2. Mai 2018, Dienstschluss", so viel Zeit gab das Bundesverkehrsministerium (BMVI) Verkehrs- und Industrieverbänden, um eine Stellungnahme zum Entwurf des neuen Mautgesetzes abzugeben. Das ist deutlich zu kurz, urteilt der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Noch im ersten Absatz seiner Stellungnahme, die der VerkehrsRundschau vorliegt, schreibt er: "Nicht zum ersten Mal vermittelt die gesetzte knappe Frist den Anschein, dass aus Sicht des Ministeriums Verbändeanhörungen nur noch ,Pro forma'-Charakter zugeschrieben wird." Als Begründung für die enge Terminsetzung nannte das BMVI den vorgesehenen Kabinetttermin am 23. Mai 2018. Höchste Mautsteigerung für Euro 6 Auch inhaltlich bemängeln die Verbände den Gesetzentwurf. So kritisieren neben dem BGL der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) einstimmig den hohen Mautsatz für die saubersten Lkw mit der Schadstoffklasse Euro 6. Der BDI hat errechnet, dass für Euro-6-Fahrzeuge bis zu 60 Prozent mehr Maut gezahlt werden müsste. Mit dieser Umsetzung falle der Anreiz "äußerst bescheiden aus", dass Transportunternehmen, die noch vergleichsweise viele Euro-4-Lkw besitzen, ihre Flotte modernisieren. Erschwerend hinzu kämen die zusätzlichen Kosten für AdBlue (etwa 1,1 Cent pro Kilometer), gibt der Verband an. Noch schärfere Worte findet der BGL: "Es ist ganz offensichtlich, dass eine Erhebung von Luftverschmutzungsgebühren auch für Euro-6-Lkw keineswegs der Umwelt, sondern allein der Generierung zusätzlicher Staatseinnahmen dient." Auswirkungen auf die Wirtschaft Der Gesetzentwurf sieht vor, dass "die Aktualisierung der Mautsätze sowie die Anlastung der Lärmbelastungskosten zu einer kostenseitigen Belastung von Unternehmen, die Güterverkehr betreiben, in Höhe von circa 1,04 Milliarden Euro pro Jahr" führen. Dazu kommen die Einnahmen aus der Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen ab Juli 2018, sodass der Bund ab dem nächsten Jahr drei Milliarden Euro mehr einnimmt. Im Vergleich zu den bisherigen Einnahmen (2017: 4,66 Milliarden Euro) zahlt das Transportgewerbe also ab dem kommenden Jahr 64 Prozent mehr an Maut. BGL und BDI sind sicher, dass dies nicht ohne Folgen bleibt: "Wir sind davon überzeugt, dass die innerhalb nur eines Jahres stattfindenden doppelten Mehrbelastungen des deutschen Straßengüterverkehrs sich auch in den Verbraucherpreisen niederschlagen werden", so der BGL. Der BDI warnt, dass die "hohen positiven Erwartungen enttäuscht werden könnten". Damit verweist er auf den Gesetzentwurf, der "keine Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau" erwarte. Indes fürchtet der BDE um die Wettbewerbsfähigkeit der Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft und fordert deshalb eine Mautbefreiung von Fahrzeugen der Branche. "Die Fahrzeuge transportieren künftige Recyclingrohstoffe, die wettbewerbsfähig sein müssen. Mautgebühren bewirken offensichtlich das Gegenteil", betont der BDE. Auch die DIHK fürchtet, dass erhöhte Mautsätze die Wirtschaft ausbremsen könnten, und fordert, dass die "Mehrbelastung überdacht werden sollte". Mangelnde Kalkulation der Zinssätze Ein weiterer Aspekt, den BDI und BGL aufgreifen, ist die Kalkulation der Zinssätze im Wegekostengutachten. Sie argumentieren, dass der Ansatz kalkulatorischer Zinsen im Wegekostengutachten von durchschnittlich 3,3 Prozent angesichts des derzeitigen realen Zinsniveaus und der langfristigen Rendite von Anleihen der öffentlichen Hand deutlich zu hoch sei. Es gab aber auch Lob für den Gesetzentwurf. BGL und BDI begrüßen, dass im Gesetzestext die Mautsätze für das gesamte Bundesfernstraßennetz einheitlich gehalten wurden. Eine Unterscheidung zwischen Bundesstraßen und Autobahnen hätte zur Benachteiligung von ländlichen Regionen geführt, so die Einschätzung. Auch lobt der BDI, dass die Mautsätze nun nach Gewichtsklassen und nicht mehr nach Achsenanzahl berechnet werden sollen. "Dadurch wird der Fehlanreiz korrigiert, ein und dieselbe Last allein aus Gründen der Mautkosteneffizienz auf einem Fahrzeug mit nur vier Achsen verladen zu müssen", heißt es in dem Statement. Die voraussichtlichen Mautsätze des Gesetzentwurfs: www.verkehrsrundschau-plus.de/mautsatz

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