München. Bei den Verkehrs- und Wirtschaftsverbänden stoßen die Pläne des Bundesverkehrsministers zur Einführung einer PKW-Maut eher auf Skepsis. Das heute vorgestellte Modell für eine Infrastrukturabgabe auf deutschen Straßen müsse nach Ansicht des ADAC zunächst „einer intensiven und kritischen Prüfung unterzogen werden“, schreibt der Automobilclub in einer ersten Reaktion. Positiv sei zu bewerten, dass sich das vorgestellte Konzept an den Vorgaben des Koalitionsvertrags orientiert. „Es ist gut, dass Herr Dobrindt noch einmal sehr deutlich gemacht hat, dass kein einziger deutscher Autofahrer durch eine Maut finanziell zusätzlich belastet wird. Wir erwarten jedoch, dass diese Zusage auch für die Zukunft gilt und nicht in einigen Jahren auf Kosten der Inländer an den Schrauben der KFZ-Steuer gedreht wird“, sagte ADAC Vizepräsidenten für Verkehr Ulrich Klaus Becker.
Zweifel an Vereinbarkeit mit EU-Recht
Grundsätzlich hat der ADAC Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Konzepts mit den EU-Regularien. Diese schreiben vor, dass Bürger aus anderen EU-Staaten nicht diskriminiert werden dürfen. Die aktuellen Mautpläne bedingen nach Ansicht des ADAC eine zeitliche, sachliche und inhaltliche Verknüpfung zwischen einer neuen Abgabe für alle Autofahrer und der Kompensation über die KFZ-Steuer für die Inländer. Dies könnte nach Einschätzung des ADAC als Diskriminierung von ausländischen PKW-Fahrern gedeutet werden. Die von Dobrindt zugrunde gelegten Betriebs- und Verwaltungskosten sind nach Ansicht des ADAC mit acht Prozent zu niedrig angesetzt.
Der Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) sieht in der Einführung einer deutschen Pkw-Maut einen richtigen Ansatz, der in der geplanten Umsetzung jedoch nicht konsequent sei. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt gehe mit seinem Konzept den erforderlichen Weg nur zur Hälfte und verzichte dabei auf dringend benötigte Einnahmen, schreibt der Verband. „Mit der gleichzeitigen Entlastung deutscher PKW um den zuvor erhobenen Mautbetrag reduziert sich das vorgeschlagene Modell lediglich auf ein Ärgernis für Ausländer, das dem Verkehrsetat nicht spürbar hilft“, bemängelt der DSLV in seinem Statement.
Das Deutsche Verkehrsforum hat sich in einer Stellungnahme zu Dobrindts Mautplänen dafür ausgesprochen, dass die Mauteinnahmen zweckgebunden im Etat auftauchen und zusätzlich „on top“ in die Verkehrswege investiert sollten. Allerdings löste die PKW-Maut mit ihrem relativ niedrigen Nettoaufkommen in dreistelliger Millionenhöhe nicht die langfristigen Finanzierungsprobleme der Verkehrsinfrastruktur, gab der DVF-Präsidiumsvorsitzende Klaus-Peter Müller zu bedenken. Dazu wären neben steigenden Nutzergebühren auch mehr Investitionen der öffentlichen Hand nötig.
Angesichts der in den nächsten Jahren zu erwartenden Steuereinnahmen gebe es auch ohne neue Mautinstrumente ausreichend Spielraum, stellte der Verband der Automobilindustrie (VDA) fest. So würden nach der jüngsten Steuerschätzung die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden in diesem Jahr um 3,3 Prozent, 2015 sogar um 4,2 Prozent steigen. Bis 2017 werd sich diese Dynamik fortsetzen mit Rekordeinnahmen von dann mehr als 712 Milliarden Euro. Es wäre nach Ansicht des Automobilverbandes daher möglich, mehr Mittel aus dem Haushalt für die Infrastruktur bereitzustellen. „Der Staat hat kein Einnahmeproblem, es kommt vielmehr auf die richtige Prioritätensetzung an“, schreibt der VDA. (diwi)