Weimar. „Die sich anbahnende Kontrolle der Wochenruhezeit wird wahrscheinlich wieder nur bei deutschen Unternehmen kontrolliert”, betonte Präsident Christoph Schuchert in seiner Eröffnungsrede zur diesjährige Jahreshauptversammlung des Landesverbandes Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV). „Wir kennen das schon vom Mindestlohn, der wohl demnächst auf wenigstens 8,80 Euro steigen wird und den bei ausländischen Verkehrsunternehmen auch niemand kontrolliert!”, führte er an.
Schuchert beklagte generell den Mindestlohn als falsches Instrument: „Das führt zu Gleichmacherei, da wir zwischen leistungswilligen und leistungsunwilligen Mitarbeitern nicht mehr wirklich differenzieren können – eine Gleichmacherei, die wir eigentlich für überwunden hielten.“ Insgesamt ging der LTV-Präsident hart mit der Politik ins Gericht: „Die Ausarbeitungen der Bunderegierung zum Thema ‚Schnittstelle Rampe‘ sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Die Branche kostet dieses Thema rund 250 Euro pro Fahrzeug und Tag und damit 12.500 Euro pro Lkw im Jahr. Da muss endlich etwas getan werden.” Auch würde die avisierte Bemautung der Bundesstraßen ab 2018 zu einer weiteren Wettbewerbsverzerrung führen, vor allem aber zu massiven Benachteiligungen zahlreicher Unternehmen der Region.
Ein rosiges Bild der Branche zeichnete Birgit Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft in Thüringen: „Insgesamt verzeichnen wir im Transport- und Logistikgewerbe Thüringens einen Zuwachs an Beschäftigten von 20 Prozent – bei bundesweit nur 8,6 Prozent. Allerdings verwies auch die Ministerin auf das Problem der überalternden Fahrerschaft sowie der größer werdenden Nachwuchsprobleme. „Die nächsten Jahre geht rund ein Drittel der BKF in den Ruhestand. Das müssen wir irgendwie kompensieren.” Als Beispiel für das Engagement der thüringischen Regierung nannte Keller der Berufsaktionstag im BBZ Nordhausen, dessen Schirmherrin sie ist. Bezüglich des Lang-Lkw informierte sie, dass Thüringen aktuell keine weiteren Strecken freigeben werde. Immerhin engagiert sich das Verkehrsministerium für den Bau weiterer Stellplätze an den Autobahnen. „Es fehlen nach aktuellen Erhebungen in Thüringen immer noch 200 Parkmöglichkeiten für Lkw. Noch für 2017 haben wir den Bau von 170 weiteren Stellplätzen geplant.”
Kampf gegen Sozialdumping
Dieter L.-Koch, Vizepräsident des Verkehrsausschusses, der EU versprach den Anwesenden bei seiner Grußbotschaft, dass sich seine Behörde vermehrt für die Beseitigung von Sozialdumping stark machen werde. „Wobei man da tatsächlich von Wettbewerbsverzerrung sprechen muss – obwohl es Kollegen aus Bulgarien eher als legalen Weg des Wettbewerbsvorteils sehen”, sagte der EU-Politiker. Den Gerüchten zu einer Straßenverkehrsagentur trat Koch allerdings entgegen: „Ein Behörde, die nur kontrolliert, wird es nicht geben!” Der EU-Parlamentarier verabschiedete sich mit einem Wunsch an die deutsche Politik: „Ich würde mir eine Zweckbindung der Maut wünschen”, was ihm zumindest den Applaus der anwesenden LTV-Mitglieder einbrachte.
Höhere Mängelquote an Fahrzeugen
Andreas Marquardt, Präsident des BAG, konstatierte eine steigende Mängelquote seiner Kontrolleure: „Hatten wir 2014 noch 16 Prozent Beanstandungen, stieg die Quote im letzten Jahr auf 18 Prozent.” Vor allem das Thema Tachomanipulation mache dem BAG Sorge, betonte der Präsident. „Und wenn ich den Fahrern noch etwas mit auf den Weg geben darf: Auch bei der Ladungssicherung steigt die Mängelquote und die Chauffeure scheinen nur das Niederzurren zu kennen. Da gäbe es bessere Möglichkeiten die Ladung zu sichern.” Marquardt vergaß allerdings nicht zu erwähnen, dass es wohl noch schwärzere Schafe gibt: „Bei Kontrollen von Fernbussen haben wir aktuell 30 Prozent Mängelquote – vor allem die Technik und die Lenk- und Ruhezeiten bereiten da Probleme.” An die anwesenden Fuhrunternehmen richtet der BAG-Präsident eine eindeutige Botschaft: „Der steigende Anteil der Osteuropäer an den mautpflichtigen Verkehren wird sich meines Erachtens nicht aufhalten lassen. Immerhin stellen wir fest, dass noch 95 Prozent der Inlandsverkehr von deutschen Unternehmen abgewickelt werden.”
Gründe für niedrigere Frachtpreise
LTV-Geschäftsführer Martin Kammer erläuterte bei seinen Ausführungen die mit dem steigenden Anteil osteuropäischer Lkw einhergehenden niedrigen Frachtpreise. „Die kommen zustande, weil diese Unternehmen zum Beispiel keinen Mindestlohn zahlten, wenn sie in Deutschland unterwegs sind. Da wird viel zu wenig kontrolliert – wie auch bei der Kabotage.” Mit dem Hinweis auf die niedrigen Kraftstoffpreise und einer damit verbundene Entspannung an der Kostenfront meinte Kammer dennoch: „Wenn die Preise wieder steigen, sehe ich eine Welle von Unternehmen in Thüringen, die nicht mehr am Markt bestehen können.” Auch aus diesem Grund lehnte der LTV-Geschäftsführer eine Anhebung des Mindestlohns ab.
Mit der Jahreshauptversammlung des LTV standen auch neue Präsidentschaftswahlen an. Es war keine große Überraschung, dass der amtierende Verbandspräsident Christoph Schuchert einstimmig mit einer Enthaltung wiedergewählt wurde. Als Vizepräsidenten bestätigten die wahlberechtigen Mitglieder mit gleichem Ergebnis René Starke sowie Karsten Beese. (gg)