LKW-Maut in Großbritannien

LKW-Maut in Großbritannien Die Gentlemen bitten zur Kasse Ab 2014 soll auch in Großbritannien eine LKW-Maut erhoben werden. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde unlängst eingebracht. Wer sagt´s denn: Während in Downing Street Number 10, dem Sitz des britischen Premierministers, alles getan wird, um sich vom europäischen Kontinent abzugrenzen, zeigen die Regierungskollegen im ein paar Straßen entfernten Verkehrsministerium (Department for Transport), dass Großbritannien einer Harmonisierung mit vielen Staaten des Festlands nicht abgeneigt ist. Zumindest was die Einführung einer Maut für LKW angeht: Ende Oktober brachte der zuständige Staatssekretär Stephen Hammond einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, wonach ab 2014 LKW auf allen öffentlichen Straßen Großbritanniens zahlen müssen. LKW ab 12 Tonnen werden abkassiert Der Gesetzentwurf sieht vor, für LKW ab 12 Tonnen in verschiedenen Klassen Gebühren zu erheben. Der Mindestsatz soll bei 85 Pfund (etwa 106 Euro) pro Jahr liegen, der Höchstsatz beträgt 1000 Pfund (rund 1250 Euro). Die Mautgebühr wird bei in Großbritannien registrierten Fahrzeugen von der zuständigen Zulassungsstelle eingezogen. Bei ausländischen Fahrzeugen soll dies ein Privatunternehmen übernehmen. Demnach sollen ausländische LKW für jeden Tag, den sie auf einer Straße des Vereinigten Königsreichs stehen oder fahren, Gebühren bezahlen. Sie können die Maut für einen Tag, eine Woche, einen Monat oder für ein Jahr begleichen. Eine Tagesgenehmigung soll 10 Pfund für die schwersten Fahrzeuge kosten, die Jahresmaut darf auch bei ausländischen Fahrzeugen 1000 Pfund nicht überschreiten. Die Einführung der Maut soll nach Angaben des zuständigen Ministeriums dazu dienen, „bis zu einem gewissen Grad das Ungleichgewicht auszugleichen, das dadurch entsteht, dass britische Transportunternehmen in anderen europäischen Ländern Maut bezahlen, während ausländische Transportunternehmer nichts bezahlen, um britische Straßen zu benutzen“. Wirksam im Sinn einer Wettbewerbskorrektur wird dies erst durch Reduzierung der Kraftfahrzeugsteuer, die ebenfalls 2014 eingeführt werden soll. Der Effekt: Lediglich unter zehn Prozent der britischen LKW sollen eine größere Abgabenlast tragen als vor Einführung der Maut. Anders sieht das für die ausländischen Transportunternehmer aus: Mit der neuen LKW-Maut erhofft die britische Regierung einen millionenschweren Geldsegen. Ausgangspunkt der Kalkulationen sind die Verkehrszahlen des Jahres 2009. Damals machten 123.000 ausländische LKW 1,42 Millionen Mal Abstecher auf die Insel – für in der Summe 4,05 Millionen Tage. Ob dies weiterhin so sein wird, wenn ausländische Fahrzeuge mit einem Maut-Nachteil gegen die britische Konkurrenz antreten müssen, weiß niemand. Dennoch hofft das Verkehrsministerium, zwischen 22 und 25 Millionen Pfund (28 und 31 Millionen Euro) aus den Taschen ausländischer Transporteure ins britische Staatssäckel zu lenken. Was mit diesem Geld geschehen wird, ist noch offen. Es könnte zur Schuldentilgung, zur Verbesserung der Straßen oder zur Unterstützung des Straßentransportsektors verwendet werden. Verbände begrüßen die Maut Die Transport- und Speditionsverbände in Großbritannien begrüßen die Einführung der Maut. „Wir unterstützen die Pläne in diesem Stadium“, betonte James Hookham, Geschäftsführer bei der Freight Trade Association (FTA) in London. Damit könnten „die Wettbewerbsnachteile britischer Transportunternehmer gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz zum Teil ausgeglichen werden“. Auch die Road Haulage Association (RHA) in London stellt sich hinter die Pläne des britischen Verkehrsministeriums: „Insbesondere die Einführung schon im Frühjahr 2014 begrüßen wir“, betont Jack Semple, Geschäftsführer für Grundsatzfragen bei der RHA. „Wir nehmen zur Kenntnis, dass dieses Vorhaben so viel wie möglich tut, um die Spielregeln der Straßenbenutzungsgebühren innerhalb der EU anzugleichen.“ Die Kritik an den Plänen in Großbritannien ist leise, doch sie bleibt nicht aus. Die FTA sieht das Risiko, dass die Maut nicht komplett durch Steuererleichterungen kompensiert wird, da die Verwaltungskosten für die Maut nicht bei der Behörde hängenbleiben sollen. Sprich: Die Transportunternehmen müssen für die Mehrkosten der Verwaltung aufkommen. Strenge Kontrollen angemahnt Die British Vehicle Rental and Leasing Association (BVRLA), Dachverband der Vermiet- und Leasingfirmen in Großbritannien, hat in den Konsultationen vor der Vorlage des ersten Gesetzentwurfs die Befürchtung geäußert, dass Halter schadstoffvermindert fahrender LKW, die derzeit steuerliche Vergünstigungen genießen, durch die Einführung der Maut und die gleichzeitige Reduzierung der Kraftfahrzeugsteuer am Ende deutlich mehr bezahlen müssten. Außerdem betont BVRLA-Geschäftsführer John Lewis die Bedeutung strenger Kontrollen: „Wenn die Bezahlung der Maut nicht streng überprüft wird, ist es wahrscheinlich, dass ausländische Transportunternehmen eher die Strafe riskieren als die Maut zu zahlen.“ Für deutsche Speditionen, die Englandverkehre unterhalten, kam die Gesetzesvorlage zur Mauterhebung zwar teilweise überraschend, doch nicht verblüffend: „Es ist eigentlich nur normal, wenn man sieht, was in den anderen europäischen Ländern und auch in Deutschland passiert“, kommentiert Heiko Schulze, Inhaber der Schulze Logistics in Crimmitschau, die mit 150 bis 200 LKW pro Monat nach England fährt, als er von der VerkehrsRundschau von den Plänen erfährt. Begeistert ist er nicht: „Uns schmerzt es enorm. Das wird wieder ein Problem geben, die Maut auf die Kunden umzulegen.“ Peter Knoll, Mitglied der Geschäftsführung der Spedition Reimler in Oststeinbek bei Hamburg, die täglich einen LKW nach Mittelengland schickt, meint zwar: „Wir gehen davon aus, dass wir die Maut an den Kunden weitergeben würden, weil die Frachtraten nicht auf einem so hohen Level sind, dass wir die Kosten auffangen könnten.“ Dennoch wird die Maut das Großbritannien-Geschäft in seinen Augen nicht vereinfachen: „Der England-Markt ist jetzt schon schwierig in Bezug auf Rückladungen.“ Für Wilbert Herff, Koordinator des Netzwerks Europa bei der Emons Spedition GmbH in Köln, die fünfmal pro Woche Stückgut nach England bringt, stellt sich die Situation anders dar. „Wir würden das analog zu anderen Ländern durchreichen an die Kunden. Das ist ja kein Zuschlag unsererseits, das ist ja wie eine Steuer.“ So oder so hält Herff das englische Motto Abwarten und Teetrinken hier für besonders angebracht: „Ich habe mit unserem Partner Anglia Forwarding in Großbritannien gesprochen. Dort ist man noch nicht sicher, ob der Gesetzentwurf wirklich durchgeht.“ Und was die stolzen Abgeordneten im House of Parliament daraus machen, ist ebenfalls abzuwarten. Gewiss ist jedoch: Wenn die Maut kommt, dann wird es nicht lange dauern, bis man weiter an der Gebührenschraube dreht. Denn die bislang vorgesehenen Mautsätze sind nahezu günstig im Vergleich zu der Abgabenhöhe beispielsweise in Deutschland. ❙❚■ Florian Beck, freier Journalist Ab 2014 soll es auf dem gesamten Straßennetz in Großbritannien eine LKW-Maut geben Deutsche Post DHL LKW-Maut in Großbritannien So soll die Maut aussehen Noch ist das Gesetz nicht verabschiedet, das auch in Großbritannien die LKW-Maut einführen soll. Doch wenn es so durchgeht, wie es das Londoner Verkehrsministerium eingebracht hat, dann wird es folgende Eckdaten enthalten: Betroffen: LKW ab 12 Tonnen Geltungsbereich: alle öffentlichen Straßen Maximale Gebühr: 1000 Pfund (circa 1250 Euro) pro Jahr Minimale Gebühr: 10 Pfund (circa 12,50 Euro) für die größten Fahrzeuge pro Tag Geldstrafe bei Missachtung: maximal 5000 Pfund Erhebung durch: ein beauftragtes Privatunternehmen (bei ausländischen LKW) fb