Fulda/Wiesbaden. Die Polizei in Hessen hat im Kampf gegen Lkw-Ladungsdiebstahl offenbar Erfolge erzielt. Die erfassten Fälle haben sich zuletzt mehr als halbiert, wie das Landeskriminalamt (LKA) in Wiesbaden auf Anfrage mitteilte. Die Zahl sank von 305 Fällen im Jahr 2016 auf 140 Fälle im Jahr 2017. Doch „Planenschlitzer” sorgen nach wie vor für gewaltige finanzielle Schäden - bundesweit.
Sie schleichen sich meist im Dunkel der Nacht auf Autobahnparkplätzen an die Sattelzüge heran. Wenn die Fahrer schlafen, schneiden sie Abdeckungsplanen an den Ladeflächen auf und stehlen die Ladung. Die Palette reicht vom Flachbildfernseher, über Kaffeemaschinen und Rasenmäher bis zu Duschgel und Hygieneartikeln, wie die Polizei exemplarisch aufzählte.
„Der Kampf gegen die Planenschlitzer ist noch nicht gewonnen”, sagte Christoph Schulte vom Hessischen Landeskriminalamt der Deutschen Presse-Agentur. „Die Fallzahlen sind zwar rückläufig. Aber wir vermuten, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist und viele Fälle nicht zur Anzeige gebracht werden. Wir können nur an alle Lkw-Fahrer appellieren, jeden Fall konsequent anzuzeigen - auch wenn es sich nur um versuchten Diebstahl handelt.”
Schadenhöhe erheblich gestiegen
Die Zahl der registrierten Straftaten ging zwar zuletzt zurück, aber die Schäden sind erheblich gestiegen - die „Planenschlitzer” sind effizienter geworden. 2016 lag der veranschlagte Schaden noch bei mehr 865.000 Euro, 2017 waren es mehr als 1,3 Millionen Euro. Das bedeutet: Die Diebe haben sich auf wertvollere Waren konzentriert.
Das LKA hat eine Erklärung für die Rückgänge. „Wenn mal eine Täter-Gruppe, die für viele Fälle verantwortlich ist, weitergezogen ist, kann es schon große Auswirkungen auf die Statistik haben”, erläuterte Schulte. 2016 habe es eine große Aufklärungskampagne zum Thema gegeben. „In der Zeit wurden möglicherweise mehr Fälle angezeigt. Und 2017 ist die Aufmerksamkeit für das Thema vielleicht schon wieder etwas zurückgegangen.”
Das Thema werde der Polizei auf absehbare Zeit erhalten bleiben, sagt Schulte: „Es gibt immer mehr Lkw-Verkehr auf den Autobahnen, aber nicht mehr überwachte Rastanlagen. Wir haben das Phänomen erkannt und müssen auch aus polizeilicher Sicht noch eine Schippe zulegen. Aber eine lückenlose Überwachung kann es nicht geben, weil wir das mit unserem Personal nicht gewährleiten können.”
Nutzung bewachter Parkplätze empfohlen
Die Frage sei, wie sich die Fahrer schützen können. Wichtig sei, die Transport-Touren sorgsam zu planen und möglichst nur überwachte Parkplätze anzusteuern, empfiehlt das LKA. Die Fahrer könnten sich mit Kollegen absprechen und wachsame Netzwerke bilden. Wichtig ist laut Schulte: „Nicht mit Fremden über die Ladung sprechen und sich nicht aushorchen lassen.”
Ladungsdiebstahl ist ein gewaltiges Problem für die Transport- und Versicherungsbranche. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt die jährlichen Schäden durch den Verlust der Güter für deutsche Versicherer auf 300 Millionen Euro. Die Banden operieren bundesweit. Einer der Brennpunkte in Deutschland ist Hessen, und dort vor allem Osthessen. „Dort verlaufen viel befahrene Verkehrsachsen”, erklärte Polizeisprecher Martin Schäfer in Fulda.
Hohe Dunkelziffer
Ladungsdiebstahl ist für Banden aus der organisierten Kriminalität - auch aus Osteuropa - ein lukratives Geschäft geworden. Das tatsächliche Ausmaß scheint dabei größer als von den Behörden festgestellt. Die Dunkelziffer der Delikte ist laut Experten hoch.
Nicht wenige Opfer verschweigen Diebstähle lieber, auch um steigende Versicherungskosten zu vermeiden. Sie wollen auch generell nicht als unsicheres Unternehmen erscheinen. „Das ist ein weit verbreitetes Phänomen”, sagte Ingo Hodea, Referent beim Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV). Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) forderte mehr bewachte Parkplätze. (dpa)