Interview: "Last-Kilometerpreise von 35 und 45 Cent"

Sind tatsächlich mehr Kleinlaster aus Osteuropa im deutschen KEP- und Transportmarkt unterwegs? Kemal Keskinsoy: Die Zahl dieser Unternehmer steigt. Vor allem seit einem Jahr. Die meisten kommen aus Polen, Ungarn und Tschechien sowie verstärkt auch aus Rumänien. Sie setzen in der Regel 2,8- oder 3,5-Tonner mit Aufbau ein und haben so bis zu eine Tonne Nutzlast. Teilweise sind die Fahrzeuge sogar mit Schlafkabinen ausgestattet, weil die Unternehmer oft monatelang unterwegs sind. Sie starten zum Beispiel in Polen, stellen im Schwarzwald zu, laden dort nach und fahren von dort aus weiter nach Köln. Sie sind also nicht nur grenzüberschreitend, sondern auch in Deutschland aktiv. Was rechnet ein osteuropäischer Unternehmer pro Kilometer ab? Diese Betriebe fahren teilweise zu Last-Kilometerpreisen von 35 und 45 Cent - bei längeren Entfernungen sogar darunter. Mindestens 75 bis 80 Cent pro Lastkilometer braucht man aber, wenn man ausgelastet 500 Kilometer pro Tag im Einsatz ist. Denn allein die Personalkosten machen für deutsche Unternehmen pro Kilometer schon 25 Cent aus - dazu kommen noch die Fahrzeugkosten. Kann ein Unternehmer mit solchen Konditionen auf Dauer überleben? Diese Selbstfahrer kalkulieren mit monatlich 350 Euro Gewinn. Das reicht denen. Die müssen sich nur in einer der vielen Frachtenbörsen und Internetplattformen einklinken. Und das ist meist kostenlos. So kommen sie an ihre Aufträge, weil auch namhafte Verlader ihre Sendungen dort einstellen. Den meisten Versendern ist das egal, weil sie ihre Waren möglichst kostengünstig von A nach B befördern wollen. Was fordern Sie folglich von dem deutschen Gesetzgeber? Aus unserer Sicht sollte jedes für gewerbliche Transporte genutzte Fahrzeug mit einem digitalen Tachografen ausgestattet sein. Außerdem sollte jeder Unternehmer, der gewerbliche Transporte durchführt, eine Güterkraftverkehrslizenz benötigen. Sowohl deutschland- als auch EU-weit. Das sehen manche Kleintransporteure vielleicht anders. Aus meiner Sicht aber sollte dies verpflichtend für alle sein. Nur so lassen sich Wettbewerbsverzerrungen vermeiden.

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