Berlin. Trotz einer von der Allianz pro Schiene präsentierten Umfrage, der zufolge 72 Prozent der Deutschen den Einsatz von Lang-Lkw ablehnen, zweifeln Verkehrspolitiker kaum noch an dessen Regelbetrieb ab Januar 2017. Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege räumte bei der Vorstellung der Umfrage ein, dass viele Länderverkehrsminister ihre ursprünglichen Bedenken gegen die bis zu 25,25 Meter langen und 44 Tonnen schweren Fahrzeuge aufgegeben hätten. Deren „Experimentierfreude am Gigaliner“ sei gewachsen.
Zu Beginn des Feldversuchs 2012 hatten SPD und Grüne auf Bundes- und Länderebene den Einsatz der Lang-Lkw nahezu einhellig abgelehnt. Inzwischen fahren diese in 13 von 16 Bundesländern. Jetzt wurde der Lang-Lkw sogar von SPD-Politikern gelobt. „Wir müssen wegkommen von der dogmatischen Debatte, dass der Lang-Lkw etwas Böses ist“, sagte Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies am Mittwoch der Neuen Osnabrücker Zeitung. Bundesweit müsse noch Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Zuvor hatte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Martin Burkert, als „guten Kompromiss“ vorgeschlagen, den Einsatz von Lang-Lkw zu begrenzen. „Sinnvoll wäre es, Lang-Lkw künftig nur im Kombinierten Verkehr und damit als Zulieferer für Bahn und Binnenschiff zu genehmigen“, sagte der SPD-Politiker diese Woche. Einen unbegrenzten Regelbetrieb lehne er aus Sicherheits- und Umweltgründen strikt ab.
Burkerts Vorschlag stieß allerdings auf ein unterschiedliches Echo. Den Lang-Lkw als Zubringer für die Güterbahn könne er sich vorstellen, reagierte Flege von Allianz pro Schiene, ein großer Teil seiner Gegenargumente würde entfallen. Dagegen vermied es der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, Ingo Strater, auf den Kompromiss einzugehen und stellte für Ressortchef Alexander Dobrindt (CSU) klar: „Aufgrund der positiven Erfahrungen, die wir gemacht haben, will der Minister, dass der Lang-Lkw in den Regelbetrieb geht.“
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht sich hinsichtlich des sich abzeichnenden Regelbetriebs indes bestätigt. „Der Feldversuch hat bisher keine Anhaltpunkte geliefert, dass Lang-Lkw eine Transportverlagerung von der Schiene zur Straße bewirken. Pro transportierter Tonne werden bis zu 25 Prozent CO2 eingespart. Lang-Lkw führen daher nicht zu mehr Verkehr, sondern helfen, den wachsenden Güterverkehr besser zu bewältigen“, erklärte VDA-Geschäftsführer Kay Lindemann auf Anfrage.
Der Lkw-Feldversuch läuft noch bis zum Jahresende. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sind derzeit 150 Fahrzeuge von 59 Unternehmen in Deutschland unterwegs. (jök)