Wiesbaden. Die deutsche Wirtschaft ist nach dem Absturz in der Corona-Krise kräftiger in Schwung gekommen als zunächst angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im Zeitraum Juli bis September im Vergleich zum zweiten Quartal um 8,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Nach vorläufigen Daten war die Behörde von einem Plus von 8,2 Prozent ausgegangen. Zum Jahresende dürfte die Erholung aber wegen des Teil-Lockdowns in Deutschland und Beschränkungen in vielen anderen europäischen Staaten angesichts steigender Infektionszahlen eine Pause einlegen.
Mit dem starken Wachstum im dritten Quartal habe die deutsche Wirtschaft einen großen Teil des massiven Rückgangs des Bruttoinlandsprodukts vom Frühjahr wieder aufgeholt, erklärte die Wiesbadener Behörde. Im zweiten Vierteljahr war das BIP dramatisch eingebrochen, nachdem das öffentliche Leben coronabedingt in weiten Teilen heruntergefahren worden war. Bereits zum Jahresanfang war die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal gesunken.
Getragen wurde das Wachstum im dritten Quartal den Angaben zufolge insbesondere von höheren privaten Konsumausgaben (plus 10,8 Prozent) und stark gestiegenen Exporten von Waren und Dienstleistungen (plus 18,1 Prozent). Zudem investierten Unternehmen mehr in Maschinen und andere in Ausrüstungen. Von den Bauinvestitionen kamen dagegen keine Wachstumsimpulse, sie gingen zum Vorquartal um 2,0 Prozent zurück.
Blick aufs gesamte Jahr 2020
Im Jahresvergleich hinterließ die Corona-Krise allerdings tiefe Spuren. Im Vergleich zum dritten Quartal 2019 schrumpfte die Wirtschaftsleistung in Europas größter Volkswirtschaft preisbereinigt um 3,9 Prozent.
Nach Einschätzung der Bundesbank und anderer Volkswirte werden die aktuellen Beschränkungen des öffentlichen Lebens die Konjunkturerholung vorerst beenden. Das Bruttoinlandsprodukt könnte im Schlussquartal 2020 „stagnieren oder sogar zurückgehen“, hieß es im jüngsten Monatsbericht der Notenbank. Durch die voraussichtliche Verlängerung des Teil-Lockdowns in Deutschland über November hinaus steigt aus Sicht von Ökonomen die Wahrscheinlichkeit eines Rückgangs des BIP im vierten Quartal. Dieser dürfte aber im Vergleich zum Einbruch von März und April „sehr milde ausfallen“, sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.
Im Gesamtjahr 2020 wird die deutsche Wirtschaft allen Prognosen zufolge schrumpfen. Die „Wirtschaftsweisen“ gehen von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5,1 Prozent aus. Der Sachverständigenrat ist damit etwas optimistischer als Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Das Wirtschaftsministerium rechnete zuletzt mit einem Einbruch um 5,5 Prozent. Dieser wäre mit der historischen Rezession 2009 infolge der globalen Finanzkrise vergleichbar mit damals minus 5,7 Prozent. (dpa/ja)