Berlin. Die insolvente Air Berlin hat den Flugbetrieb eingestellt und sich mit Easyjet über den Verkauf der letzten Unternehmensteile geeinigt. Die britische Fluggesellschaft will von Air Berlin 25 Flugzeuge vom Typ A320 übernehmen. „Damit haben wir einen letzten wichtigen Meilenstein in den Bieterverhandlungen erreicht“, teilte der Generalbevollmächtigte im Insolvenzverfahren bei Air Berlin, Frank Kebekus, am Samstag mit. „Alle Unternehmensteile der Air Berlin sind jetzt verkauft.“
Die beiden Unternehmen unterzeichneten nach Angaben von Easyjet eine Vereinbarung über die Übernahme von Teilen des Flugbetriebs in Tegel. Bisher war Easyjet am Standort Berlin ausschließlich am Flughafen Schönefeld aktiv. Für die 25 Maschinen will Easyjet wiederum Leasingverträge abschließen. Die Transaktion soll im Dezember vollzogen werden, wie die britsche Airline mitteilte.
Easyjet stellt Air-Berliner ein
„Das ist gut für die Air-Berliner, die attraktive Arbeitsplatzangebote in Berlin erhalten“, sagte Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann. „Das ist auch gut für den Luftverkehrsstandort Deutschland, da Wettbewerb und attraktive Angebote erhalten bleiben.“ Bis zu 1000 Piloten und Flugbegleitern sollen Stellen bei Easyjet angeboten werden.
Die neuen Mitarbeiter würden „in den kommenden Monaten eingestellt“, auf der Grundlage von mit der Gewerkschaft Verdi ausgehandelten Tarifverträgen, teilte Easyjet mit. Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle erklärte, für die Mitarbeiter solle es keine materiellen Einbußen geben. „Das gibt sehr vielen Beschäftigten von Air Berlin eine reelle Chance und berufliche Sicherheit für die Zukunft.“ Auch die Flugbegleitergewerkschaft Ufo bezeichnete das Jobangebot als „kleinen Lichtblick in dieser katastrophalen Situation“. Die schlechte Nachricht sei allerdings, dass sich die Beschäftigten bei Easyjet neu bewerben müssen.
Technik-Mitarbeiter kommen bei Zeitfracht unter
Für weit mehr als 6000 Mitarbeiter haben sich Angaben von Air Berlin zufolge neue berufliche Perspektiven ergeben. Bereits vor zwei Wochen hatte sich die Lufthansa mit 81 Maschinen gut die Hälfte der Air-Berlin-Flotte gesichert. Lufthansa will die beiden Air-Berlin-Töchter Niki und LGW sowie weitere 20 Jets übernehmen, sofern die Kartellbehörden zustimmen. Niki und LGW sind nicht insolvent und fliegen weiter.
Bis zu 3000 Mitarbeiter sollen bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterkommen. Davon sollen rund 1700 Mitarbeiter mit Niki und LGW direkt übernommen werden, auf die anderen 1300 Stellen können sich Interessenten bewerben.
Für 1200 Beschäftigte des Bodenpersonals in Berlin und 550 Mitarbeiter der Air-Berlin-Technik besteht die Möglichkeit, in eine Transfergesellschaft zu gehen. 300 Mitarbeiter der Air-Berlin-Technik sollen von der Berliner Logistikfirma Zeitfracht und der Wartungsfirma Nayak übernommen werden. Mehrere Hundert Mitarbeiter haben Unternehmensangaben zufolge Air Berlin bereits in Richtung neuer Arbeitgeber verlassen.
Emotionaler Abschied bei letzten Flügen
Die letzte Maschine der insolventen Fluggesellschaft, eine Airbus A320, landete am Freitagabend um 23.45 Uhr aus München kommend auf dem Flughafen Berlin-Tegel. Von heute auf morgen fallen nun rund 250 innerdeutsche und Europa-Flüge aus dem Angebot. Noch im vergangenen Jahr hatte Air Berlin rund 800 Flüge täglich im Programm.
Air Berlin war nach Lufthansa seit dem Jahr 2003 die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft. Im Rekordjahr 2011 kam sie auf mehr als 35 Millionen Passagiere bei 4,2 Milliarden Euro Umsatz. Mit 1,5 Milliarden Euro verschuldet musste Air Berlin Mitte August Insolvenz anmelden. Der Flugbetrieb konnte nur dank eines Überbrückungskredites des Bundes über 150 Millionen Euro bis Freitag aufrechterhalten werden.
Die letzte Maschine wurde in Tegel von vielen bisherigen Mitarbeitern, Bodenpersonal und Schaulustigen auf der Besuchertribüne erwartet. Die Flughafen-Feuerwehr empfing die Maschine mit Wasserfontänen. Vor dem Abflug in München und nach dem Ausrollen in Berlin hielt die Crew aus einem Fenster des Cockpits eine Fahne mit der Aufschrift „Air Berlin sagt Tschüss“. Auf anderen Flughäfen wie Düsseldorf und Hamburg gab es für die letzten Flüge ähnliche emotionale Aktionen. (dpa)