Interview: "Jedem sollte bewusst sein, dass Kundenwünsche Geld kosten"

Viele Kunden verursachen - oft ungewollt - bei ihren Speditionsdienstleistern hohe Prozesskosten. Gleichzeitig sind sie immer weniger bereit, faire Preise zu zahlen. Was raten Sie Spediteuren hier zu tun? Rainer Hoppe: Das ist ein sehr sensibles Thema, für das ein Speditionsunternehmer sehr viel Fingerspitzengefühl benötigt. Entscheidend ist aber, dass er zunächst einmal weiß, welcher Auftraggeber ihn wie viel Aufwand kostet. Dafür ist es notwendig, die Prozesskosten jedes Kunden zu ermitteln und zu analysieren. Manchmal aber hilft nur eines: Ein Spediteur muss auch einmal den Mut haben, sich von Kunden zu trennen, die zu hohe Prozesskosten verursachen. Das ist aber leichter gesagt als getan, da es heute in allen Unternehmen auf jeden Cent Umsatz ankommt ... Große Speditionskonzerne tun sich da in der Tat leichter als Mittelständler. Die großen Netze lehnen in der Regel sofort einen Auftrag ab, wenn sie sehen, dass die Sendung nicht zu ihren Systemen passt. Mittelständler gehen dagegen auf individuelle Kundenwünsche ein. Das ist ja auch die große Stärke des Mittelstands. Andererseits müssen auch mittelständische Speditionsbetriebe ihre Kosten im Blick haben und etwaige Kostentreiber radikal eliminieren. Sonst schlittert ein Unternehmen schneller ins Minus, als ihm lieb ist. Was empfehlen Sie den Dienstleistern vor diesem Hintergrund? Entscheidend ist, dass ein Firmenchef bei seinen Mitarbeitern innerhalb seines Unternehmens ein Gesamtprozess-Verständnis schafft. Jeder Mitarbeiter muss dafür sensibilisiert sein, dass Kundenorientierung Geld kostet. Jedes Handling-Extra und jede unbelabelte Sendung binden beim Dienstleister Mitarbeiter-Ressourcen und verursachen damit Mehrkosten. Das heißt nicht, dass Spediteure nicht mehr auf die Wünsche ihrer Kunden eingehen sollen. Jedem einzelnen Mitarbeiter sollte aber bewusst sein, dass diese Wünsche Geld kosten. Dieses Verständnis, unterstützt mit einer vernünftigen IT, birgt aus meiner Sicht noch relativ große Kosteneinspar-Möglichkeiten in mittelständischen Speditionen. Der Haken daran ist, dass viele Auftraggeber da nicht mitspielen werden! Das liegt häufig auch an der Art und Weise der Ansprache. In der Regel sprechen die Vertriebsmitarbeiter mit den Auftraggebern. Um aber Prozesse im Miteinander mit dem Verladerund dem Empfänger-Unternehmen im Sinne des Spediteurs zu verändern, sollte ein Speditionsdienstleister einen anderen Rahmen schaffen. Idealerweise initiiert er dafür zum Beispiel "Verbesserungskreise", in denen sich regelmäßig operative Verantwortliche aus den jeweiligen Unternehmen treffen, um gemeinsam Prozessoptimierungs-Möglichkeiten zu diskutieren. Das passiert in Speditionsunternehmen aber noch zu wenig. Solche Workshops sind zwar auch mit einem gewissen Aufwand verbunden, aber letztlich zahlt sich dieser für alle Beteiligten aus.

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