Rom. Die italienischen Gewerkschaften scheinen zum Widerstand gegen die von Regierungschef Silvio Berlusconi vorgelegten Sanierungspläne entschlossen - bis hin zum Generalstreik. Sie machen gegen die von Berlusconi Mitte dieser Woche in Brüssel angekündigten Erleichterungen von Entlassungen auch bei unbefristeten Arbeitsverträgen mobil, wie italienische Medien am Freitag übereinstimmend berichteten. Unterdessen bekräftigte der angeschlagene Berlusconi, dass er weiterhin gegen Neuwahlen ist.
Neuwahlen 2012 wären gegen die Interessen des Landes, das Stabilität brauche, sagte Berlusconi am Freitag in einem Gespräch mit dem TV-Sender „Canale 5". Auch er widersprach Spekulationen, wonach er mit dem Koalitionspartner Umberto Bossi von der Lega Nord bereits seinen Rücktritt bis Januar und Neuwahlen im März vereinbart hat. Dies seien Träume der Opposition und Erfindungen der Zeitungen, sagte er. Die Lega Nord hatte schon am Mittwoch einen solchen angeblichen Pakt dementiert.
„Diese Regierung muss gehen, an jedem Tag häuft sie neuen Schutt auf unserer Gegenwart und vor allem unserer Zukunft auf", sagte die Generalsekretärin der größten Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso, der Zeitung „L'Unità". Auch die Gewerkschaften CISL und UIL könnten in einer für sie seltenen Einigkeit bei einem Generalstreik mitmachen.
„Wir haben einen Arbeitsminister (Maurizio Sacconi), der die Arbeitnehmer hasst", meinte Camusso in dem Interview. Sie warf die Frage auf, ob Berlusconi die „Freiheit, zu entlassen" im Parlament wie schon oft mit der Vertrauensfrage durchsetzen werde. Die Gewerkschaften CGIL und UIL - zusammen etwa vier Millionen Mitgliedern - wollten bereits am Freitag in Rom gegen Berlusconi demonstrieren.
Der Regierungschef hatte unter dem Reformdruck der EU dem jüngsten Gipfel in Brüssel ein umfangreiches Papier mit Absichtserklärungen zu Liberalisierungen, einer Rentenreform und Infrastrukturprogrammen für mehr Wachstum in dem hoch verschuldeten Italien vorgelegt. Bis Mai 2012 soll danach eine Gesetzesreform mit neuen Regeln es Unternehmen leichter machen, aus wirtschaftlichen Gründen Arbeitnehmer zu entlassen, die mit unbefristeten Arbeitsverträgen eingestellt wurden.
Berlusconi hatte vor zwei Wochen eine Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen, wird aber weiterhin von Kritikern auch aus den eigenen Reihen bedrängt. In den nächsten 18 Monaten gehe es darum, die der EU gegebenen Reform- und Sanierungsversprechen umzusetzen, sagte er. In Italien stehen regulär im Jahr 2013 Parlamentswahlen an.
Berlusconis Außenminister Franco Frattini sieht sein Land nicht als Teil der Euro-Schuldenkrise und verweist auf die Probleme anderer Länder: „Ich weigere mich, Italien als Teil des Problems zu sehen, wo doch Frankreich am Zug wäre, das Problem der griechischen Anleihen in den französischen Banken zu lösen", sagte er in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Frattini lehnte zugleich Pläne zur Änderung der EU-Verträge für die dauerhafte Stabilisierung der Eurozone ab. Er lobte den Druck aus Brüssel: Dieser habe bewirkt, dass sich die Regierungskoalition kurz vor dem EU-Krisengipfel auf eine Rentenreform und ein Liberalisierungsprogramm verständigt habe. (dpa)