VerkehrsRundschau: Panalpina hat im vergangenen Geschäftsjahr sein Engagement in der Frischelogistik mit mehreren Übernahmen in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Kenia deutlich ausgebaut. Was reizt Sie gerade in diesem Segment?
Volker Böhringer: Gegessen wird immer. Das Perishables-Segment ist also eine Branche, die stabile Mengenzahlen und Erträge bietet. Zudem hilft uns diese Branche in unserem Bestreben, unser weltweites Chartergeschäft auszubauen. Denn die Warenströme in der Frischelogistik gehen entgegen der klassischen Outbound-Ströme aus Europa. Sie holen also Waren aus Südamerika und aus Afrika rein, und verschicken im Outbound beispielsweise Maschinen und Hightech-Geräte. Das hilft unserem Chartergeschäft. Ich denke an die Schaffung neuer Transportrouten, aber auch an die noch bessere Auslastung unserer Luftfrachtkapazitäten.
Wie schlug sich Ihr Engagement in der Frischelogistik im vergangenen Geschäftsjahr 2017 in Ihren Zahlen nieder?
Die Unternehmen, die wir letztes Jahr akquiriert haben, werden 2018 schätzungsweise 25 Millionen Franken zum Bruttoertrag und etwa zwei Millionen Franken zum Betriebsergebnis beisteuern. Das gesamte Frischwarengeschäft macht heute global rund 10% von Panalpinas Luftfrachvolumen aus. Im Bereich Frischelogistik übernahmen wir 2017 in Kelsterbach Teile der Cool Chain Group, in Belgien die Firmen Adelantex und AD Handling, in den Niederlanden Interfresh Airfreight und in Kenia Air Connection. Zwei Jahre zuvor war es in Kenia bereits die Firma Airflo.
Welche Umsatz- und Wachstumsziele hat sich Panalpina bis zum Jahr 2020 in der Frischelogistik gesetzt?
Wir haben uns da sehr ambitionierte Ziele gesetzt. So werden wir bis zum Jahr 2020 unseren Service in diesem Segment in doppelt so viel Ländern wie heute anbieten, also in 40 bis 50 Ländern. Die Frischelogistik wird also einen signifikanten Anteil am Mengenvolumen, Bruttoertrag und Ebit der Panalpina haben. Wir sind da auch sehr zuversichtlich, dass wir das erreichen. Wir wollen in der Frischelogistik die weltweit bevorzugte Anbieterin für zuverlässige End-to-End-Lösungen werden. Und genau diese werden im Zeitalter des E-Commerce immer wichtiger.
Welches Investitionsvolumen steht Panalpina für den Ausbau der Frischelogistik zur Verfügung?
Tut mir Leid, dazu äußern wir uns nicht öffentlich.
Dann verraten Sie uns, in welche Bereichen Sie nun investieren werden?
Weltweit gesehen gibt es vereinzelt natürlich noch Regionen, wo wir weiße Flecken haben, zum Beispiel in Asien. Dort ist es durchaus vorstellbar, dass wir Investitionen tätigen. Gerade China gewinnt als Absatzmarkt stark an Bedeutung. Viele Frischeartikel werden beispielsweise von Kenia nicht mehr nach Europa, sondern verstärkt nach China gehen. Dafür wird Europa zunehmend aus anderen aufstrebenden Märkten wie beispielsweise Uganda oder Aserbeidschan beliefert werden. Mit solchen Entwicklungen gehen wir mit und wir machen auch unsere Kunden, die Produzenten und Händler, auf sie aufmerksam.
Wie wichtig ist für Sie in der Frischelogistik der deutsche und europäische Markt?
Sehr wichtig. In Europa gibt es sehr viele interessante Import- und Exportmärkte, auf der Exportseite beispielsweise Norwegen, Spanien, Frankreich oder Italien, aber auch eher unerwartete Länder wie Serbien oder Schottland. Man muss sich allerdings von der Idee verabschieden, dass sich bestimmte Dinge nur mit einer Länderstrategie lösen lassen. Wir verfügen welteit über Hubs, die wir logistisch sinnvoll miteinander verknüpfen.
Sind Zukäufe für Sie in Deutschland in der Frischelogistik ein Thema?
Unser vorrangiges Ziel ist es operativ in diesem Segment zu wachsen. Wobei wir Akquisitionen hier nicht ausschließen. Wenn sich eine interessante Gelegenheit bietet, sagen wir nicht Nein. Oft interessant sind für uns, wie die Zukäufe im letzten Jahr zeigen, mittelständische und inhabergeführte Betriebe.
Ihr Mitbewerber Kühne + Nagel investiert in bestimmten Branchen, etwa in der Pharmabranche, verstärkt in eigene Trailer und Aufbauten. Wird das Panalpine in der Frischelogistik auch tun?
Nein, das werden wir mit Sicherheit nicht tun! Wir setzen hier, wie im Overland-Segment auch, auf die Zusammenarbeit mit qualifizierten Transport- und Speditionspartnern, die wir in unsere Lieferketten integrieren. Wir könnten uns aber vorstellen, die Synergien im Landverkehr und in der Frischelogistik stärker zu nutzen.
Auf der Fruit Logistica haben Sie neue Services im Bereich der Frischelogistik angekündigt. Welche planen Sie konkret und bis wann?
Noch ist da nichts spruchreif. Einerseits geht es um neue Sammelcontainerdienste für Frischwaren in der Seefracht. Andererseits um die Frage, wie das ganze Frischesegement eine zuverlässige Lieferkette aufbauen kann, die dem Konsumverhalten und den zunehmend anspruchsvollen Kundenerwartungen gerecht wird und gleichzeitig wirtschaftlich ist. Fakt ist, der E-Commerce beeinflusst massiv das Einkaufsverhalten der Menschen, auch im Frischesegment. Der neue Trend ist Unmittelbarkeit, sprich: Endverbraucher wollen rund um die Uhr schnell, am besten sofort, mit frischen Waren versorgt werden. Hier gilt es, neue Ansätze auszuprobieren und Antworten zu finden.
Das Interview führte VerkehrsRundschau-Redakteurin Eva Hassa.