Der Logistikdienstleister Dachser erwirbt zum 15. Januar 2013 die spanische Spedition Azkar an der das Kemptener Unternehmen bereits seit 2008 mit zehn Prozent beteiligt ist. Auf der Iberischen Halbinsel und in Spanien ist Azkar Marktführer im industriellen Stückgutsegment. Das Unternehmen setzte im vergangenen Jahr 367 Millionen Euro um und beschäftigt über 3000 Mitarbeiter an 91 Standorten. Dachser-Chef Bernhard Simon erläutert im Interview mit der VerkehrsRundschau die Hintergründe für den Zukauf in Spanien.
VR: Die ersten Verkaufsgespräche zwischen Dachser und der spanischen Spedition Azkar fanden schon 2008 statt. Aber erst jetzt vermelden Sie den Vollzug. Warum hat das so lange gedauert?
Bernhard Simon: Wir sind beide sehr stolze Unternehmen. Außerdem sind bei einem solchen Unterfangen viele Aspekte zu berücksichtigen, persönliche, psychologische und unternehmerische. Da ziehen sich solche Gespräche hin, vor allem wenn man ein Unternehmen kauft, das als Nummer 1 in Spanien eigenständig hätte bestehen können. Wir konnten Azkar ja nur übernehmen, weil dort die Nachfolge nicht gelöst war. Eine schnelle Heirat tut in der Regel sowieso nicht gut. Die Ehe soll ja ein Leben lang existieren.
VR: Welche Bedeutung hat die Akquisition von Azkar im Vergleich zu bisherigen Dachser-Übernahmen?
Simon: Azkar ist mit Abstand die größte Akquisition, die unser Unternehmen in seiner Historie getätigt hat. Sie ist rein von der Größe deutlich bedeutsamer als unsere Übernahme von Graveleau in Frankreich.
VR: Die Kartellbehörden müssen dem Kauf aber noch zustimmen …
Simon: Die Entscheidung der Kartellbehörden dürfte schon Mitte Januar fallen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass sie den Kauf genehmigen. Zumal alle großen Logistikunternehmen wie auch Azkar nur wenige Prozent Marktanteile in Spanien halten.
VR: Wie passen die Kunden- und Branchenstrukturen bei Azkar und Dachser zusammen?
Simon: Dachser ist in den Branchen Elektroindustrie, Chemie und Maschinenbau stark. Damit machen wir den größten Teil unseres Umsatzes. Deshalb war Azkar ja unser Wunschkandidat, weil wir in der Industriegüterlogistik so kongruent sind. Außerdem hat sich das Unternehmen in der Handelslogistik sehr etabliert und ist dort führend. Das wiederum ergänzt uns, weil Dachser im DIY Handelssegment ebenfalls stark ist.
VR: Wie viel Zeit veranschlagen Sie für den Integrationsprozess mit Azkar? Wird er ähnlich lange verlaufen wie mit Graveleau?
Simon: Nein. Die Integration mit Azkar soll schnell abgeschlossen sein. Unsere Unternehmen arbeiten ja seit 2006 zusammen. Außerdem hielten wir seit 2008 zehn Prozent an Azkar. Das Unternehmen ist also schon zu 100 Prozent in unser europäisches Netz integriert. Die Marke und die Systeme werde wir aber einige Jahre parallel führen.
VR: Andererseits sind sowohl Dachser als auch Azkar in Portugal präsent. Da gibt es sehr wohl Überschneidungen.
Simon: Das ist richtig. Deshalb werden wir dort unsere beiden Unternehmen zusammenführen und z.B. weniger attraktive redundante Immobilien verkaufen. Ich sehe aber wenige Überschneidungen. Dachser ist in Portugal vor allem im Komplettladungsgeschäft und im industriellen Stückgut stark, während sich Azkar in den klassischen Portugal-Spanien-Verkehren und vor allem in der Kontraktlogistik sowie im Stückgut-, Paket- und Konsumgütergeschäft etabliert hat. Gemeinsam können wir in Portugal also das gesamte logistische Portfolio anbieten.
VR: In welchen Ländern gibt es darüber hinaus Überschneidungen?
Simon: Es gibt keine weiteren Überschneidungen.
VR: Was ändert sich durch den Azkar-Kauf für die eingesetzten Frachtführer? Verlieren diese jetzt fallweise Aufträge, und wenn ja welche Relationen sind vor allem betroffen?
Simon: Ich sehe keinen Grund für Veränderungen, da es keine Überschneidungen gibt. Dachser setzt Frachtführer in Europa ein, Azkar in Spanien, so dass sich dies kongruent ergänzt.
VR: Werden Sie im Zuge des Integrationsprozesses auch Mitarbeiter abbauen?
Simon: In Portugal wird es Redundanzen geben, aber nur wenige. Und wenn das der Fall ist – sozialverträglich. Außerdem erwarten wir uns durch die noch engere Verzahnung der Azkar- mit den Dachser-Aktivitäten ein deutliches Mehr-Wachstum.
VR: Was sind da die konkreten Wachstumstreiber?
Simon: Wir erwarten vor allem bei den grenzüberschreitenden Verkehren ein stärkeres Wachstum. Außerdem haben wir selbst in wirtschaftlich schwierigeren Ländern wie in Frankreich, Spanien und Portugal bei den Exportverkehren sehr stark zugelegt. Unsere Entargo-Produkte, also die standardisierten Produktlinien, haben sich dort hervorragend entwickelt. Außerdem erwarten wir uns vor allem in der Kontraktlogistik ein höheres Wachstum - insbesondere durch die verstärkte Zusammenarbeit unserer Key-Account-Abteilungen.
VR: Wie hilft Ihnen die Azkar-Übernahme bei Ihren Aktivitäten in Süd-Amerika?
Simon: In einem Satz: überhaupt nicht! Azkar ist eine reine Landverkehrsorganisation.
VR: Welchen Platz nimmt Dachser nun dank des Azkar-Kaufs im Ranking im industriellen Stückgut künftig ein?
Simon: Diese Frage lasse ich lieber Sie beantworten. Aber wir werden sicherlich zu den ersten drei Unternehmen gehören – je nachdem, wie man den Markt definiert.
Das Interview führte Eva Hassa