Interview

InterviewSicher kaufenVerstärkt kommen Zurrmittel auf den Markt, die nicht dem gültigen Sicherheitsstandard entsprechen. Was man tun kann, um beim Kauf auf der sicheren Seite zu sein, erklärt im Interview Uwe Schöbel, Entwicklungsleiter bei Dolezych.Wie erkenne ich „gefälschte“ Zurrgurte?Gefälscht trifft bei der Thematik nicht den Kern. Die Systeme sind nicht falsch, sie sind aber häufig mit falschen Angaben auf dem Etikett versehen. Das geschieht durch den Hersteller bewusst oder auch aus Unwissenheit. Manchmal werden auch Angaben von anderen Herstellern kopiert und auf dem Etikett übernommen. Visuell erkennt der Anwender einen Zurrgurt, der nicht mit den Angaben auf dem Etikett übereinstimmt, nicht. Das kann man nur durch Prüfungen, wie einen Zerreißtest, feststellen.Der Blick auf das Material hilft also nicht. Was kann man noch tun?Als ersten Ansprechpartner gibt es vor allem den Hersteller oder den Händler. Dieser sollte Informationen beispielsweise über die Qualität der Zurrmittel geben können. Welche Informationen sind das?Zum Beispiel, ob der Hersteller oder Inverkehrbringer die notwendigen Prüfungen der Zurrmittel durchführt, ob er die Prüfungen dokumentiert, ob er zertifiziert ist, ob der Käufer einen „echten“ Prüfbescheid sowie weitere Informationen und eine ausführliche und verständliche Gebrauchsanleitung erhält. Wer hier nur bruchstückhafte und seltsam übersetzte Dokumente bekommt, sollte aufmerksam werden.Ist der Preis ein Indiz, ob die Zurrmittel den geforderten Ansprüchen entsprechen?Wer diese Materialien seriös auf den Markt bringt, hat einen gewissen Aufwand zu betreiben, um die erforderlichen Sicherheitsprüfungen nachzuweisen. Das muss sich auch im Preis niederschlagen. Wenn ein Unternehmer jedoch einen Standard-Zurrgurt mit acht Metern als vermeintliches Schnäppchen für deutlich unter fünf Euro angeboten bekommt, sollte er wissen, dass solche Preise nur durch Abstriche in der Produktsicherheit möglich sind.Sie sprachen das Etikett an. Hilft das weiter?Die DIN EN schreibt vor, welche Angaben, beispielsweise der Code oder das Symbol des Herstellers, Rückverfolgbarkeitscode, Nummer und Titel der Europäischen Norm EN 12195-2, Herstellungsjahr sowie Dehnung des Gurtbandes, auf das Etikett gehören. Das Produktsicherheitsgesetz verlangt unter anderem die Angabe des Herstellers auf dem Etikett. Vorsichtig werden sollte man bei Schreibfehlern und sehr hohen Angaben von Vorspannkräften. Wir beobachten seit einiger Zeit, dass die Leistungswerte bei Standard-Zurrgurten sehr hoch angesetzt werden. Verlassen sich die Transporteure auf derartige Angaben, sparen sie vermeintlich dadurch Zurrgurte beziehungsweise können höhere Nutzlasten sichern. In der Kontrolle fallen sie vielleicht nicht auf, riskieren aber ein Versagen der Ladungssicherung mit allen Konsequenzen.Auf dem Etikett finden sich oft CE- und GS-Zeichen. Ein Garant für Qualität?Ein CE-Zeichen darf seit 1998 gar nicht mehr für Zurrgurte verwendet werden, denn sie fallen nicht in den Bereich der Maschinenrichtlinie. Das ist ein deutliches Zeichen, dass mit dem Material etwas nicht stimmt. Das GS-Zeichen ist zwar nicht vorgeschrieben, dokumentiert aber Qualität, da nicht nur das Produkt, sondern auch die Fertigungsstätte geprüft wird. Also kann man sich darauf verlassen?Leider auch nicht. Hier gibt es viel Missbrauch. Wir finden im Markt immer mehr gefälschte GS-Zeichen. Die Käufer sollten das GS-Zeichen auf Echtheit überprüfen. Sie können sich an die GS-vergebende Stelle wenden, wie den TÜV. Ein guter Ansprechpartner ist auch die BG Verkehr. Was tun die Behörden, um die Verbreitung dieser Zurrmittel zu unterbinden? Es gibt Stichprobenkontrollen durch das Amt für Arbeitsschutz. Das darf bereits bei Verdacht kontrollieren. Aber das sind viel zu wenige. Sobald die Zurrgurte im Markt verteilt sind, lässt sich kaum noch etwas machen.Lassen sich Unfälle auf nicht standardgemäße Zurrmittel zurückführen?Es gibt keine belastbaren Zahlen, denn es ist schwierig das nachzuweisen. Wir haben allerdings am Markt schon Ratschen gefunden, deren Griff statt vorgeschriebener 250 weniger als 100 Kilogramm ausgehalten hat. Das ist schon als kriminell zu bezeichnen, natürlich kann da schnell etwas passieren. ❙❚■ Birgit BauerVitaUwe SchöbelDer Dortmunder hat Maschinenbau, Fachrichtung Fertigungstechnik, studiert. Bei Dolezych ist er für die Betriebsleitung sowie die Abteilungsleitung Konstruktion und Entwicklung verantwortlich. Außerdem ist er Geschäftsführer des Tochterunternehmens BQH. Schöbel arbeitet seit mehr als 20 Jahren beim VDI im Fachbereich Ladungssicherung (VDI 2700ff) sowie beim DIN in nationalen und internationalen Normausschüssen mit. bb

Interview

Transfrigoroute-Branchendialog

Marktübersicht: Kombi-Operateure in Europa

MEISTGELESEN

Vier-Milliarden-Euro-Bahnstrecke München-Stuttgart für Güterzüge ungeeignet

Neuer Verkehrsminister Schnieder (CDU) im eigenen Podcast

Podcast: Wir rechnen vor – lohnt sich ein E-Lkw im Vergleich zum Diesel?

WEITERLESEN

NEWSLETTER