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Dass früher nicht alles besser war, erkennt man schnell, wenn man in das Thema Fahrwerkskomponenten einsteigt. In dem Zusammenhang trug Stephan Kleinschnitz, Marketing-Manager von SAF in Europa, einmal die Aggregategewichte zusammen: Sie lagen noch Mitte der Neunzigerjahre bei der SAF Modul mit großer Bremse bei 482 Kilogramm und speckten bis heute in der Intradisc Plus bis auf 380 Kilo ab - wobei die Aggregate ohne Bremszylinder gewogen wurden. Einen großen Anteil an der Gewichtsreduktion seit 1990 haben neben verbesserten Berechnungsmethoden der Achskörper und -lenker auch die Scheibenbremsen, die bei SAF 1996 präsentiert wurden und bald darauf drei Viertel der Produktion ausmachten. Ähnlich verlief die Entwicklung bei BPW und Gigant, wobei Letztere jetzt zu Krone gehören. Kässbohrer-Achsen aus Burtenbach Die eigene Achsfertigung von Schmitz Cargobull und Krone knüpft übrigens an alte Kässbohrer-Zeiten an: Zur Wendezeit unterhielten die Ulmer bereits eine eigene Achsfertigung im Werk Burtenbach. Aber auch in Thüringen wurden und werden Achsen gefertigt: Die GfA-Achsen aus Gotha decken den Bereich zwischen 3,2 und 7,5 Tonnen ab. Und auch dort kämpft man ums Gewicht. Das gilt auch für die Bremsen, wie die Pressesprecherinnen Diana Spieler von Haldex und Annette Dönitz von Knorr Bremse unisono bekunden - denn gerade in gewichtssensiblen Bereichen geht die Frage nach leichteren Komponenten respektive ungefederten Massen bis ins Detail. Da die Achsen und Bremsen vor allem im Trailerbereich zu den verschleiß-, aber auch auskunftsfreudigsten Komponenten gehören, lag es nahe, diese mit Elektronik zu versehen, um detaillierte Angaben zu Fahrzustand und Verschleiß zu haben. "Früher dachte niemand auch nur darüber nach, was man aus den einzelnen Komponenten herausziehen könnte", erklärt Kleinschnitz von SAF dazu - "da war das Knowhow von Fahrer und Unternehmer unersetzlich". Heute und in Zukunft sieht man sich bei den Achs- und Bremsenherstellern eher als System- und Datenlieferant und nutzt verstärkt das Smartphone zum Auslesen und Steuern der Systeme: Bei Knorr kann man über I-TAP nicht nur Daten zum Reifendruck erfahren, sondern via Smartphone beispielsweise auch das Heben und Senken steuern. Heute: Eurocombi-Parken per Handy Bei ZF geht man noch einen Schritt weiter: Dort lässt sich ein Eurocombi-Prototyp mit zwei Achsen spielend leicht über ein Tablet durch enge Gassen rangieren. Auch BPW entwickelte sich im Laufe der Jahre vom reinen Hardware- zum kompletten Systemanbieter und denkt wie ZF nicht mehr nur in Stahl, sondern auch in Kompositverfahren, um weitere Pfunde zu sparen. Beispiele hierfür sind der ZF-Vierpunktlenker oder die Composit-Achse von BPW, die in nicht allzu ferner Zukunft in Serie gehen könnten. Eine Riesenerleichterung sind auch die vereinfachten Bremsmontagen und gekapselten Lager der Achsen: In den Neunzigern musste bei den Arbeiten an den Bremsen das Lager mit geöffnet werden, was dabei gern verschmutzte und die nächste Standzeit nach sich zog. 1998 führte SAF deshalb eine sogenannte "Kompetenz-Garantie" ein, die eine Million Kilometer respektive sechs Jahre für das komplette Aggregat galt. Rauchende Kupplungen waren gestern Aber die Qualität wird auch hinter den Kulissen, in der Fertigung, gesteigert, wie Diana Spieler von Haldex erklärt. Als Beispiel nennt sie das neue Liftachsventil ILAS-E+, das in Heidelberg vollautomatisch gefertigt wird. Dabei wird das Drehmoment beim Einschrauben der Komponenten elektronisch erfasst und gesteuert. Gleiches gilt für den Eindrehwinkel. Ein weiterer heikler Punkt ist immer das Dichtungspaket, das jetzt ebenfalls maschinell gesteuert auf den Zehntel-Millimeter genau eingepasst wird. Auch hier bringt die Elektronik immer mehr Präzision und soll so die Standzeiten weiter minimieren. Was Fuhrparkleiter und Einkäufer freut, können ihre Fahrer dann auch live erfahren: Vor 25 Jahren waren Handschaltungen im Lkw noch Standard und es erforderte nicht nur im IFA L60 Kraft und Know-how, um ihn abseits der Straßen zu bewegen. Heute hält die Voith-Turbo-Retarder-Kupplung gigantische Gewichte in 40-prozentigen Steigungen und das Anfahren kostet nur einen Druck aufs Gaspedal - wie gesagt, früher war nicht alles besser! BPW-Achsen im Wandel der Zeit Gesamtsysteme statt Achsen Besonders deutlich wird der Wandel der Branche auch bei BPW: Mit "Bergischen" meinte man zur Wendezeit prinzipiell Trailerachsen - plus Nebenprodukte aus Stahl. Heute denkt man bei BPW in Compositmaterialien für Luftkessel und Achsen und baut das Thema Telematik aus: Pete Jendras, Geschäftsführer der BPW-Tochter Idem Telematics, bringt die Zukunft auf den Punkt:"Es gibt nichts, was wir nicht messen und quantifizieren können" gs Gothaer Achsfabrik einst und heute Trailerachsen aus Gotha Die Gothaer Achsenfabrik ging wie die Trailerfertigung von Schmitz Cargobull aus der 1864 gegründeten "Königlich-Preußischen Eisenbahnreparaturwerkstatt" hervor. Vor der Wende entstanden dort unter anderem Achsen für die W50- und L60-Lkw sowie die Multicar-Nutzfahrzeuge. 1993 wurde GFA privatisiert und 1997 verkauft. Dann firmierte das Unternehmen unter "GFA Gothaer Fahrzeugachsen und Antriebstechnik GmbH" und fertigte gezogene Achsen von drei bis neun Tonnen. 2010 ging das Unternehmen durch die Krise im Nutzfahrzeugmarkt in Insolvenz, doch die Produktion lief weiter. Ende 2011 übernahm Bernhard Schneider und startete neu durch: Er strukturierte die Fertigung um und entwickelte eine neue 7,5-Tonnen-Achse mit Scheiben- oder Trommelbremsen. Schneider hatte Erfolg: Mittlerweile hat sich die Mitarbeiterzahl verdoppelt. gs

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