In der Nische liegt die Kraft

In der Dispo von TransWerb herrscht reger Betrieb, obwohl Samstag ist. Die Fahrer sind vollzählig da und auf dem Tisch am Eingang steht Kuchen. Die Kaffeemaschine läuft auf Hochtouren und ein Fahrer nach dem anderen liest mit Disponent Matthias Künneth seine Fahrer-Karte aus, wechselt noch ein paar Worte mit dem Disponenten oder dem Chef Klaus Neukam zur nächsten Woche. Dieser "Jour fixe" am ersten Samstag im Monat hat sich bei der Spedition Carola Neukam TransWerb bewährt. Die Fahrer scheinen es zu genießen, kurz mit den Kollegen zu ratschen oder mit dem Chef etwas zu besprechen, bevor es ins Wochenende geht. Als Klaus Neukam dieses Samstagsritual vor ein paar Jahren eingeführt hat, war er unsicher, wie die Fahrer darauf reagieren würden. Heute weiß er, dass die Fahrer diese Stunde gerne investieren, weil sie ihrerseits wissen, was in der Speditionsbranche ein sicherer Arbeitsplatz wert ist, bei dem auch noch die Bezahlung stimmt. Schon früh erkannte Neukam, der sein Unternehmen vor 15 Jahren gegründet hat, dass zufriedene Fahrer ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg sind. Der Start als Unternehmer war hart Dabei entsprang die Unternehmensgründung eher einer Notlage. Damals wähnte sich der heutige Spediteur in einem sicheren Job und kannte das Speditionsgeschäft eher aus den Erzählungen seines Vaters, der sein Leben lang im Fernverkehr als Fahrer unterwegs war. "Als ich damals quasi über Nacht eine neue berufliche Perspektive brauchte, mietete ich einen Lkw und gründete die Firma auf den Namen meiner Frau, weil ich selbst noch als Angestellter tätig war", erinnert sich der Firmenchef. "Die ersten beiden Jahre waren hart, und ohne die Unterstützung meiner Frau wäre ich nie so weit gekommen. Daher haben wir die Firmierung bis heute nicht geändert", fügt er hinzu. Heute besteht der Fuhrpark des Familienunternehmens TransWerb aus 14 Lkw, die Klaus Neukam mit 17 Angestellten in Bewegung hält. Inzwischen ist auch Tochter Ann-Kristin als Juniorchefin im Unternehmen aktiv und unterstützt den Chef im Büro, neben Matthias Künneth, der hauptsächlich für die Disposition verantwortlich ist. Dass TransWerb trotz schwieriger Rahmenbedingungen nach wie vor gesund wächst, liegt in erster Linie an den speziellen Aufträgen, die Klaus Neukam immer wieder akquirieren konnte. "Ich habe früh gelernt, meinen Auftraggebern genau zuzuhören und vor allem auch über den reinen Transport hinaus Dienstleistungen anzubieten", so Klaus Neukam zu seiner Strategie. Entsprechend sind es zum größten Teil langjährige Stammkunden, die TransWerb teilweise sogar mit eigens dafür angeschafften Fahrzeugen bedient. Auf internationalen und nationalen Routen fährt TransWerb beispielsweise für die Kosmetik- und Druckindustrie. Ein weiteres Standbein sind Verteilerverkehre für weiße Ware und Ersatzteil-Logistik für die Automobilindustrie. Und immer wieder sind es Sonderdienstleistungen über den reinen Transport hinaus, die Kunden der Spedition zu echten und langjährigen Stammkunden machen. Bei den Auftraggebern aus der Druckindustrie etwa müssen beim Empfänger hochsensible Silikon-Tinkturen direkt in spezielle Tanks abgefüllt werden. Das Leergut geht dann gleich wieder zurück zum Absender. Ein anderes Beispiel ist ein Dauerauftrag für individuellen Messe-Support. Neukam: "Hierbei wurden wir vor einigen Jahren zufällig für einen Messetransport gebucht. Inzwischen gehört unser Fahrer zum Messe-Aufbau-Team und kümmert sich während der Messe um die Leergut-Logistik." Für einen anderen Kunden transportiert TransWerb spezielle Röntgengeräte und Computer-Tomografen in ganz Europa. In Absprache mit seinem Auftraggeber hat Neukam extra für diese Transporte einen eigenen Lkw mit diebstahlsicherem Aufbau, großer Hebebühne, einer Alarmanlage und einem GPS-Überwachungsmodul gekauft. Spezialist für Veranstaltungstechnik "Für einen unserer Kunden sind wir auf festen Routen im Frankreich-Verkehr unterwegs. Dafür haben wir nach einigen Überfällen auf unsere Fahrzeuge mehrere Faltwand-Kofferauflieger angeschafft, welche ein deutliches Sicherheitsplus darstellen", beschreibt Neukam ein weiteres Beispiel für die enge Zusammenarbeit mit seinen Stammkunden. Für Dax-Konzerne hat TransWerb eine ganz spezielle Transportdienstleistung entwickelt. Hierbei geht es um den Transport von äußerst sensibler Veranstaltungstechnik für Jahreshauptversammlungen großer bekannter Firmen. "Auch in diesem Segment haben wir uns zu einem Spezialisten entwickelt und feste Fahrer auf den Routen eingearbeitet. Da geht es um absolute Zuverlässigkeit und ein hohes Maß an Vertrauen", sagt der Spediteur. Natürlich ist auch bei TransWerb das Thema Fahrermangel eines, das unter den Nägeln brennt. Denn vor allem die speziellen Services, mit denen TransWerb erfolgreich ist, hängen stark von festen Fahrern ab, die den Qualitätsgedanken leben und ihren Job mit Leidenschaft machen. Die 14 fest angestellten Fahrer, die die TransWerb-Flotte bewegen, sind größtenteils schon viele Jahre an Bord. Neben einer fairen Bezahlung legt Neukam vor allem Wert auf ein offenes Miteinander. "Meine Tür steht grundsätzlich jedem offen und die Fahrer wissen, dass sie mit jedem Problem zu mir kommen können", erklärt der Chef. Außerdem legt er viel Wert auf eine gute Fahrzeugausstattung, bei der die Fahrer teilweise mitentscheiden dürfen. "Jeder muss einen Lkw fahren, in dem er sich wohlfühlt und der den harten Job so gut es geht unterstützt", sagt Neukam. Daher ist die Ausstattung mit Sicherheitsfeatures selbstverständlich wie auch eine Komfort-Ausstattung, die der Fahrer sich aussuchen kann. Darüber hinaus unterstützt die Spedition alle Fahrer auch bei Arbeitskleidung, Fortbildungsmaßnahmen sowie den regelmäßigen Schulungen laut Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz. Neue Hürden vor allem im Ausland Auf die Frage, ob Neukam heute noch einmal eine Spedition gründen würde, reagiert der Unternehmer nachdenklich: "Inzwischen sind die Bedingungen im 'normalen' Transportgeschäft so hart, dass man als Einzelkämpfer kaum Überlebenschancen hat, wenn man mit den Großen um Aufträge kämpfen muss." Europäische Mitbewerber würden mittlerweile über Frachtenbörsen mit deutschen Unternehmen konkurrieren. "Wenn wir zum Beispiel nach Frankreich, Italien oder Österreich fahren, werden wir mit landesspezifischer Bürokratie belastet, die es vor drei Jahren so noch nicht gab", klagt Neukam und nennt das Entsendegesetz als Beispiel. Aber dennoch ist Neukam davon überzeugt, dass auch kleinere Unternehmen eine Chance haben, wenn sie sich mit guten Fahrern und durchdachten Dienstleistungen von der Masse im Transportmarkt abheben. "Letztlich ist es wie in allen anderen wirtschaftlichen Bereichen: Wer über einen günstigen Preis im Großgeschäft mithalten will, muss selbst groß auftreten, was ein ungeheures finanzielles Risiko darstellt. Aber in der Nische ist auch heute noch Platz für flexible Unternehmen, die einfach mehr anbieten als Transport von der Stange." Mehr zum Thema im Dossier "Unternehmensführung" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Spedition im Porträt Breite Angebotspalette mit 17 Mitarbeitern- Unternehmenssitz: Velden- Fahrzeuge: 14 Lkw, gemischter Fuhrpark- Spezialfahrzeuge: Megasattel mit Hebebühne, Faltwand-Kofferfahrzeuge und -auflieger, Auflieger mit Hebebühnen und Auffahrrampen- Mitarbeiter: 17, davon 14 Fahrer- Leistungen: Verteilerverkehr, Maschinen-, Messe-, Kosmetika- und Gefahrguttransport, Ersatzteillogistik, Flüssigkeitstransporte, Hightech-Transporte cb