Hysterie oder Wirklichkeit?

Ein paar Zahlen gefällig, die das Statistische Bundesamt im Oktober veröffentlicht hat? Die Produktion im produzierenden Gewerbe ist im August 2014 um 4,0 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gesunken. Die deutschen Ausfuhren waren im gleichen Monat um 1,0 Prozent rückläufig, die Einfuhren um 2,4 Prozent geringer als im August 2013. Das verarbeitende Gewerbe lag bei den preisbereinigten Umsätzen im August um 0,3 Prozent unter dem entsprechenden Vorjahreswert. Ifo-Index auf Talfahrt Kein Wunder, dass sich angesichts solcher Zahlen eine gewisse Unruhe breit macht. Die Angst vor der Rezession geht wieder um. Untrügliches Zeichen dafür sind erste Diskussionsrunden im Fernsehen, in denen darüber diskutiert wird, ob die Krise uns schon wieder einholt. Und es gibt weitere Indikatoren, die nachdenklich stimmen. Zuvorderst ist da die Entwicklung des Ifo-Index. Er gilt als der wichtigste Indikator für die Stimmungslage in Deutschlands Wirtschaft. Im Oktober ist er zum sechsten Mal hintereinander gesunken. "Eine solche Phase hatten wir zuletzt 2012, als der Ifo-Index sieben Mal in Folge unter dem jeweiligen Vormonatswert geblieben ist", sagt Klaus Wohlrabe, stellvertretender Leiter der Konjunkturabteilung und Leiter der Ifo-Umfragen. Es gibt zahlreiche Gründe für diese Verschlechterung. Wohlrabe hebt drei heraus: "Zum einen haben seit dem Frühjahr die geopolitischen Risiken an Schärfe zugenommen." Er nennt vor allem die Russland-Krise, aber auch die Bedrohung, die von den Kämpfern des Islamischen Staates in der Nah-Ost-Region ausgehen. "Diese Konfliktherde haben für eine Verunsicherung gesorgt, die vor allem bei den Investitionsgüterherstellern zu spüren ist. Dort sind Investitionsprojekte offenbar zurückgestellt worden", nennt Wohlrabe einen weiteren Grund für die Stimmungsverschlechterung. Ein dritter ist die enttäuschende Entwicklung im Euroraum. "Anfang des Jahres hatte man sich hier noch einen Aufschwung erhofft. Der ist jedoch ausgeblieben", sagt Wohlrabe. Steuert Deutschland jetzt also auf eine Rezession zu? "Das Wort nehmen wir noch nicht in den Mund", lautet Wohlrabes Antwort. "Derzeit befinden wir uns in einer Stagnation", sagt der Konjunkturexperte. Im zweiten Quartal gab das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland leicht nach (-0,2 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal). Für das dritte Quartal rechnet er mit einer ähnlichen Entwicklung. Deutschlands Wirtschaft wächst 2014 Trotz dieser wenig erfreulichen Entwicklung blickt man im Ifo-Institut positiv in die Zukunft. 2014 soll es vor allem aufgrund des guten ersten Quartals noch ein Plus beim Wirtschaftswachstum in Höhe von 1,3 Prozent geben. "Für 2015 rechnen wir mit einer Zunahme des BIP in Höhe von 1,2 Prozent", sagt Wohlrabe. Ähnlich wird die Lage von den Konjunkturexperten der Commerzbank eingeschätzt. "Wir erwarten eine moderate Aufwärtsbewegung", sagt Hans-Peter Muntzke, Branchen-Analyst bei der Bank. In der Russland-Krise sieht auch er einen dämpfenden Einfluss. "Zwar gehen nur drei Prozent aller deutschen Exporte nach Russland. Aber die Krise hat sich dominoartig auf ganz Osteuropa ausgewirkt", sagt Muntzke. Er wie auch Wohlrabe prognostizieren zwar ein Wachstum im Außenhandel für 2015. Das fällt trotz einer guten Entwicklung in den USA und Großbritannien jedoch geringer aus als 2014, weil vor allem die Emerging Markets wie China schwächeln. Muntzke rechnet damit, dass im nächsten Jahr positive Impulse von der Binnenkonjunktur ausgehen. "Die Zahl der Erwerbstätigen steigt weiter und steigende Löhne kurbeln den Konsum an", so der Bank-Manager. Er geht davon aus, dass sich die Unsicherheiten legen. Für eine Aufwärtsentwicklung spricht ein weiterer wichtiger Indikator, der Markit/ BME-Einkaufsmanager-Index. Dieser ist im Oktober gestiegen von 49,9 Punkten (September) auf 51,4 Punkte. Damit liegt er über der wichtigen 50-Punkte-Marke, ab der Wachstum signalisiert wird. Und eine vom Handelsblatt in Auftrag gegebene Umfrage unter deutschen Managern kommt zu dem Ergebnis, dass 46 Prozent von ihnen in den nächsten zwölf Monaten ihre Investitionen ausweiten wollen und nur 17 Prozent eine Senkung beabsichtigen. Ölpreis weiter auf Talfahrt "Wir sind nicht pessimistisch und erwarten keine Rezession", sagt dann auch Muntzke. Er hat für die Transportbranche noch zwei positive Nachrichten parat. Zum einen rechnen die Rohstoffanalysten der Commerzbank damit, dass der Ölpreis weiter sinkt. Sie prognostizieren für 2015 einen Durchschnittspreis von 85 Dollar je Barrel nach 102 Dollar je Barrel in diesem Jahr, wobei Muntzke zu bedenken gibt, dass der schwache Euro einen Teil dieses Vorteils wieder auffrisst. Zum anderen hat die Commerzbank diese Woche eine Prognose für die Entwicklung im Transport- und Logistikmarkt in den Jahren 2014/2015 bekannt gegeben. Demnach soll sich das Aufkommen im Güterverkehr in diesem Jahr um immerhin 2,5 Prozent und 2015 sogar um 3,0 Prozent erhöhen. Wie dabei die einzelnen Verkehrsträger abschneiden, können Sie den Kästen auf Seite 29 bis 31 entnehmen. Containerschifffahrt Rückenwind durch China und USA Zumindest die Auslastung in der Containerschifffahrt war 2014 in Ordnung, wenn man die Bilanz der großen Seehäfen in der Nordrange zum Maßstab nimmt. Deren Containerumschlagzahlen sind in den ersten neun Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich geklettert: Rotterdam +4,2 Prozent, Antwerpen +5,0 Prozent und Hamburg sogar +7,0 Prozent (Januar bis August). Nur Bremerhaven macht eine Ausnahme (-1,5 Prozent bis August). Bergab geht es bei den Frachtraten: Hapag Lloyd vermeldet zum Halbjahr 2014 eine um 6,4 Prozent gesunkene Durchschnittsrate bei einem gleichzeitigen Transportmengenwachstum von 5,8 Prozent.Vor diesem Hintergrund erscheinen die für 2014 von der Commerzbank prognostizierten Wachstumsraten in Höhe von 2,5 Prozent sogar etwas tiefgestapelt. Für 2015 geht die Bank von einem Zuwachs in Höhe von 3,0 Prozent aus. Als Treiber wird Asien ausgemacht - wenn auch die Wachstumsraten beispielsweise in China leicht sinken, aber immer noch deutlich höher liegen als in Europa oder Deutschland. Aber auch in den USA zieht die Konjunktur wieder an.VR-Fazit: 2015 sollte die Containerschifffahrt weiterhin auf Wachstumskurs sein. Der Branchendienst Drewry rechnet mit einem Plus von 5,5 Prozent weltweit, allerdings regional unterschiedlich. In Deutschland sind die Risiken durch die Russland-Krise und die neuen Grenzwerte für den Schiffskraftstoff ab dem 1. Januar 2015 in Nord- und Ostsee gestiegen. cd Schienengüterverkehr Bahnen können mit einem leichten Plus rechnen Das Jahr 2014 ist im Schienengüterverkehr gut angelaufen. Im ersten Halbjahr gab es bei der Tonnage ein Plus von 1,5 Prozent, bei der Verkehrsleistung sogar eine Zunahme von 4,9 Prozent. Allerdings sind die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum Teil durch die Neuaufnahme von Eisenbahnunternehmen geschönt.Wachstumsimpulse gehen für 2014 von einem steigenden Umschlag in den Seehäfen aus. Diese dürften zu mehr Hinterlandverkehren führen, von denen auch die Eisenbahnen profitieren. Die Commerzbank sagt dem Schienenverkehr 2014 in ihrem diese Woche vorgelegten Branchenbericht eine Zunahme bei der Tonnage von 1,5 Prozent voraus. Für 2015 prognostizieren die Bänker sogar eine Verdoppelung (+3,0 Prozent). Auch deshalb, weil im Vergleich zum Vorjahr mit niedrigeren Temperaturen gerechnet wird. Das werde für mehr Transporte von Brennstoffen per Bahn sorgen, so das Finanzinstitut.VR-Fazit: Der Schienengüterverkehr wird 2015 zulegen. Aber die 3,0 Prozent erscheinen sehr optimistisch. cd

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