Wiesbaden. Das Land Hessen will über die kommenden Jahre 385 Millionen Euro in die Sanierung seiner Landesstraßen stecken. Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) stellte am Dienstag eine Liste mit 540 Einzelbaumaßnahmen vor, um bis 2022 Straßen mit Rissen, Löchern oder unsicheren Stellen zu modernisieren. „Der Sanierungsstau hat sich teilweise über Jahrzehnte aufgebaut“, sagte Al-Wazir. Das Land muss 7266 Kilometer eigener Straßen unterhalten. Die Opposition bezweifelte, dass die eingeplanten Mittel für die Sanierung ausreichen. Al-Wazir will auch mehr Radwege bauen.
Die schwarz-grüne Koalition setze mehr auf Erhalt und Sanierung als auf Neubau, sagte der Minister. Bislang verschlingt der Erhalt 72 Prozent des Straßenbau-Etats, der Anteil soll bis 2019 auf 83 Prozent steigen. Neu sei der Ansatz, nach objektiven Kriterien eine lange Problemliste aufzustellen und sie dann abzuarbeiten. Keine Kommune solle den Eindruck haben, bei der Planung von Jahr zu Jahr immer wieder leer auszugehen. „Das eigene Schlagloch ist immer das größte“, sagte Al-Wazir über die regionalen Begehrlichkeiten.
Tropfen aus den heißen Stein
Der traurige Befund ist, dass 22 Prozent der hessischen Landesstraßen in sehr schlechtem Zustand sind. Zum Vergleich: Bei den Autobahnen lag der Anteil 2013 nur bei sieben Prozent. Al-Wazir gestand ein, dass seine sogenannte „Sanierungsoffensive“ nicht einmal den Teil der sehr schlechten Landesstraßen umfasse, von den Straßen in schlechtem Zustand ganz zu schweigen.
Großprojekte auf der Liste sind eine neue Weserbrücke in Gieselwerder (6,7 Millionen Euro) und die Erneuerung der Lahnbrücke von Gräveneck (5,7 Millionen Euro). Der Ausbau der L 3355 zwischen Lich und Reiskirchen/Hattenrod soll 4,8 Millionen Euro kosten. Geplant sind 108 Bauwerkserneuerungen, vor allem Brücken, 289 Fahrbahnsanierungen und 123 andere Umbau- und Ausbaumaßnahmen.
Finanziell sollen dafür jährlich zwischen 50 und 55 Millionen Euro aufgewendet werden. Die Kosten für neue Straßen sollen von jährlich 20 bis 25 Millionen Euro auf die Spanne von 15 bis 20 Millionen Euro ab 2019 sinken. Ein Puffer von 10 Millionen Euro für Straßen, deren Zustand sich rasch verschlechtert, sei eingeplant. „Das Programm ist extra nicht auf Kante genäht“, sagte Al-Wazir.
Unternehmerverbände fordern mehr Geld
Die hessischen Unternehmerverbände VhU begrüßten zwar den Vorrang von Erhalt vor Neubau. „Aber die schwarz-grüne Koalition in Hessen investiert insgesamt viel zu wenig in die Landesstraßen“, kritisierte Hauptgeschäftsführer Volker Fasbender. Er forderte 100 Millionen Euro jährlich für Straßenbau, während Al-Wazir mit 90 Millionen Euro Baukosten zurechtkommen will.
„Wir brauchen eine deutliche Erhöhung der Mittel für den Landesstraßenbau“, sagte auch der SPD-Abgeordnete Uwe Frankenberger. Die FDP rechnete vor, dass zu ihren Regierungszeiten durchschnittlich 125 Millionen Euro investiert worden seien. Allerdings flossen von 2009 bis 2012 jährlich 50 Millionen Euro aus Konjunkturprogrammen in den Straßenbau.
Für 30 Millionen Euro sollen Radwege an 60 Landestraßen gebaut werden, kündigte Al-Wazir an. Bislang haben in Hessen nur elf Prozent der Landesstraßen einen Radweg. Nur in Sachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen sei das Netz noch dünner als in Hessen. (dpa)