Harte Zeiten für Versicherungs-Hopper

Normalerweise ist der 30. November ein Tag, dem die KFZ-Versicherer mit gemischten Gefühlen entgegenschauen. Bis zu diesem Datum müssen ihre Kunden - sofern das Versicherungsjahr dem Kalenderjahr entspricht - ihre Haftpflicht - oder Kaskoversicherung kündigen, um zum 1. Januar zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Doch diesmal müssen die Fahrzeugbetreiber - und allen voran Fuhrparkunternehmen - selbst vor Post von ihren Versicherern zittern. Denn nach allem, was aus der Branche zu hören ist, werden die Versicherungen ihre Flottenkunden für 2015 kräftig zur Kasse bitten. "Sogenannte Beitragsanpassungen (BAK), schadenunabhängig im Bereich von 3 bis 8 Prozent, sind wieder zu erwarten. Schadenauffällige Flotten mit einer Schadenquote größer als 70 Prozent über die letzten drei bis fünf Jahre werden mit zusätzlichen Beitragszuschlägen und/oder erhöhten Selbstbeteiligungen rechnen müssen", bringt es Winfried Nibus, Leiter KFZ-Versicherungen beim Versicherungsmakler Aktiv Assekuranz aus München, auf den Punkt. Die Beiträge werden steigen "Die Versicherer werden mit Sanierungsbegehren auf die Kunden zukommen", bestätigt Torsten Schönsee, Leiter KFZ bei der Schunck Group, München. Und auch Kravag-Vorstand Edgar Martin sagt weitere Steigerungen im Prämienniveau voraus. Der Grund dafür liegt in den gestiegenen Belastungen der Versicherer durch Schäden. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gibt die Schaden-Kosten-Quote in der KFZ-Versicherung für 2013 mit 104 Prozent (2012: 102,6) an. Die Quote gibt Auskunft über das Verhältnis von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb und Prämieneinnahmen. In der Flottenversicherung weist die Statistik sogar 112 Prozent (2012: 108,3 Prozent) aus. Im Klartext: In dem durch Unwetter geprägten Jahr rutschten die Versicherer im inländischen Direktgeschäft noch tiefer in die roten Zahlen. "In 2013 waren die Elementarereignisse verglichen mit einer durchschnittlichen Belastung rund dreimal so hoch. Das waren knapp drei Prozent unserer Beitragseinnahmen", resümiert Kravag-Vorstand Martin. Auch im Jahr 2014 scheint sich keine Entspannung abzuzeichnen. Rund 1000 Schäden mehr als im Vorjahr sind beim Versicherungsmakler Schunck in den ersten acht Monaten 2014 gemeldet worden - so Torsten Schönsee - und das trotz eines milden Winters. Ein weiterer Treiber sind die steigenden Reparaturkosten. Lagen die durchschnittlichen Reparaturkosten im Flottengeschäft vor fünf Jahren noch bei 2300 Euro, so liegen sie heute schon bei rund 2850 Euro. Gerade wer Verkehrsinseln, Straßenschilder und Leitplanken beschädigt oder andere Schäden an der Infrastruktur verursacht, wird nach Schönsees Beobachtung deutlich konsequenter zur Kasse gebeten als noch vor einigen Jahren. Auch herkömmliche Werkstattkosten werden immer teurer. Wechseln bringt nichts Ausgerechnet jetzt funktioniert ein bewährtes Kostensenkungsmittel der vergangenen Jahre nicht mehr: der Wechsel der KFZ-Versicherung. Die Versicherungsexperten Schönsee und Nibus sprechen übereinstimmend von einer Hartmarktphase. "Kein Versicherer kauft Umsatz zulasten des Ertrags. Einen Preiswettbewerb kann man momentan nicht erkennen", erklärt Schunck-Manager Schönsee. "Angebote zu ein und derselben Flotte liegen nicht mehr so gravierend auseinander wie früher. Und Versicherer quotieren zur Verlängerung in der Regel eher moderater als dies bei Neukalkulationen von anderen Anbietern der Fall ist", hat Nibus beobachtet. Versicherer scheuen den Güterverkehr Schönsee rät vor allem vom Versicherungs-Hopping ab, dem jährlichen Wechsel des KFZ-Versicherers. Der Grund dafür liegt in der Struktur der Branche, die sich in einer Konsolidierung befindet. Eine Reihe von Versicherern wie die Basler oder QBE hat sich aus dem Flottengeschäft zurückgezogen. Zwar gibt es noch immer mehr als zehn KFZ-Versicherer, die auch LKW versichern. Doch sobald es sich um gewerblichen Güterverkehr handelt oder Risikobereiche wie Gefahrgut angesprochen werden, bleibt mitunter nicht mal mehr eine Handvoll übrig. Wer in diesem engen Markt ohne triftigen Grund wechselt, verdirbt sich schnell den Ruf als guter Kunde - und zahlt möglicherweise in den Folgejahren drauf. Auch Nibus rät dazu, einen Versichererwechsel mit Vorsicht anzugehen. "Eine vorherige und fundierte Ausschreibung auf dem KFZ-Versicherer-Markt ist ein wichtiger Benchmark. Hier sollte ein Wechsel aber erst mit mehr als zehn Prozent Preisunterschied ins Auge gefasst werden", sagt der Aktiv-Manager. Sein Tipp: Bei den Ausschreibungen unbedingt darauf achten, dass keine Schlechter stellung der aktuellen Bedingungen eintritt. Hier kann eine Beratung durch kompetente Versicherungsmakler für Transparenz sorgen. Nibus weist darauf hin, dass ein Wechsel immer mit Mehrarbeit verbunden ist. Beispielsweise müssen für alle Fahrzeuge rechtzeitig vor dem 1. Januar Daten mit hundertprozentiger Qualität an das Straßenverkehrsamt übermittelt werden, da sonst Ordnungswidrigkeits-Verfahren drohen. Außerdem müssen sich die Prozesse zwischen Flottenbetreibern und Versicherern neu einspielen, was speziell im Schadenbereich sensibel ist. Keine Sache des Bauchgefühls Mitunter ist da Treue lohnender. Bei nachweislich guten Schadenverläufen lassen einige Versicherer mit sich über Beitrags-Rückerstattungen reden. Auf das Bauchgefühl verlassen sie sich allerdings nicht mehr, wie Schönsee und Nibus wissen. Die KFZ-Versicherer haben sich hierzu durch die Versicherungsstatistik ermittelte und softwareunterstützte Berechnungstools zugelegt. Die ermitteln ihnen nach ihren eigenen Vorgaben, teilweise auch am eigenen KFZ-Bestand geprüften Erfahrungswert und Prämienbedarf, Prämien je Flotte. Wer von den Versicherern wie stark zur Kasse gebeten wird, entscheiden die nächsten Wochen. "Für unseren Bestand haben die Versicherer relativ humane Forderungen gestellt", sagt Schönsee. Laut Nibus fängt die rote Zone schon bei 70 Prozent Schadenquote an, einige Versicherer würden sogar mit Zielschadenquoten von 55 Prozent arbeiten. Schunck-Experte Schönsee weist noch auf eine andere wichtige Kennzahl hin: die Schadenfrequenz. Gemeint ist die durchschnittliche Zahl von Schäden je Fahrzeug und Jahr. Überschreitet sie 0,5 Schäden pro Jahr, sollte der Fuhrparkunternehmer in seiner Organisation nach Ursachen suchen und diese abstellen. Mit einem professionellen Schaden- und Risikomanagement ließen sich die Schäden signifikant senken - und mehr Geld sparen als durch jeden Versicherungswechsel. Sonderkonditionen für Newcomer Eine Alternative für kleine Unternehmen sind Gruppenversicherungen, wie sie Camion Pro anbietet. Vorstand Andreas Mossyrsch wirbt mit niedrigen Tarifen unabhängig von der bisherigen Einstufung für jedes Fahrzeug oder jede Flotte. Voraussetzung ist jedoch ein guter Schadenverlauf beim Vorversicherer. Interessant für Newcomer: Existenzgründer erhalten Sondereinstufungen. Zudem können sich die Kleinunternehmer darauf verlassen, ein auf das Gewerbe zugeschnittenes Deckungspaket zu bekommen. Versicherungssuche über das Internet Billiger mit der Maus? Sie heißen lkw-versicherungsvergleich.de, versicherungsvergleich-lkw.com oder lkw-versicherung24.com: Internetportale, die LKW-Betreibern einen einfachen Preisvergleich von Haftpflicht- und Kaskoversicherungen versprechen. Sichtet man das Angebot, so stellt man schnell fest, dass die meisten Portale auf der Software der Nafi Unternehmensgruppe basieren und von Versicherungsmaklern betrieben werden. Die Qualität der Angebote solcher Portale muss jedes Unternehmen für seine eigenen Fahrzeuge prüfen. Die Versicherungsprofis sind skeptisch. "Bei Kunden mit wenigen Fahrzeugen kann der Preisvergleich im Internet künftig an Bedeutung gewinnen. Bei größeren Flotten ist es jedoch notwendig, das Unternehmen individuell zu beurteilen. Hier kann ich mir eine Erfolg versprechende Nutzung in absehbarer Zukunft nicht vorstellen", sagt Kravag-Vorstand Edgar Martin. "Dies kann nur ein Blick in die üblichen Tariflandschaften der KFZ-Versicherer geben, die dabei weiche Tarifierungsmerkmale sowie Regio- und Schadensfreiheit-Klassen wie im PKW-Sektor berücksichtigen. Im Flottenbereich sind weiterhin ab zehn Fahrzeuge aufwärts Flottenpolicen und Stückprämien-Modelle eine sinnvollere Alternative, die sich aber nicht über Internet-Portale rechnen lassen", bestätigt Nibus. hel Aus der Praxis: Probleme bei KEP und Gefahrgut Beiträge haben sich verdoppelt Andreas Sebald war geschockt. Als der Gefahrgutbeauftragte des KEP-Dienstleisters Frankenexpress eine Versicherung für einen Gefahrguttransporter suchte, winkten gleich mehrere KFZ-Dienstleister ab - obwohl Frankenexpress nach Sebalds Aussage in diesem Bereich keinen einzigen Schaden hatte. Dies läge an der hohen Schadenquote der KEP-Dienstleister, ließ man ihn durch die Blume wissen. Schließlich bekam Sebald doch noch ein Angebot: 4500 Euro pro Jahr für einen Caddy - das sei doppelt so teuer wie bisher. Mit diesen Konditionen bekommen die Schnelltransporteure allerdings ein Wettbewerbsproblem - nach Sebalds Beobachtungen werden ADR-Versicherungen für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen nach wie vor zu fast unveränderten Konditionen gezeichnet.Die Kravag nahm auf Nachfrage der Verkehrs-Rundschau zu dem Einzelfall aus Gründen des Datenschutzes keine Stellung. Fakt sei jedoch, dass Kravag Sprinter und Gefahrguttransporte auch weiterhin versichere, teilte eine Sprecherin mit. Allerdings zeichne man hier eher vorsichtig und schaue Risikosituation und Schadenverläufe vorher genau an. Natürlich habe die Nutzung eines Fahrzeugs auch Einfluss auf die Beitragshöhe. Für Fahrzeuge, die für Gefahrguttransporte genutzt würden, seien daher höhere Prämien fällig. hel

Konjunktur: KfW Research senkt Wachstumsprognose

Export: USA bleiben wichtigster Handelspartner

Batteriehersteller: Northvolt beantragt Gläubigerschutz

Deutsche Wirtschaft wächst im dritten Quartal minimal

Autobahnen: A565 bei Bonn wird bis Dienstag gesperrt

Alle Schlagzeilen

Harte Zeiten für Versicherungs-Hopper

HASHTAG

#Kfz-Versicherung

Gefahr von oben

"Ein Versicherungsvertrag ist kein Sparvertrag"

Ärger nach dem Crash

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Area HR Business Partner

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER