Hamburg. Serdar Eker muss 75 Euro bezahlen. Der 41-Jährige Kraftfahrer ist einer der ersten, der am Donnerstag bei einer Großkontrolle der Hamburger Polizei zur Überwachung der bundesweit ersten Dieselfahrverbote erwischt wird. „Ich dachte mir, die Strecke ist schön frei, dann fahre ich da mal durch“, erzählt der Fahrer eines Euro-3-Lasters. Auf 1,6 Kilometern der Stresemannstraße dürfen seit dem 31. Mai nur noch Lkw mit Euro-Schadstoffnorm 6 fahren. „Jetzt hab ich auch verstanden, warum die anderen Straßen so voll sind“, sagt Eker.
Bislang war weder auf dem Abschnitt der Stresemannstraße noch auf den 600 Metern der nahegelegenen Max-Brauer-Alle, auf der neben älteren Lkw auch keine Diesel-Pkw bis einschließlich Euro-Norm 5 mehr fahren dürfen, eine Veränderung im dichten Verkehr zu erkennen. Bislang wurden dort aber auch noch keine Verwarn- oder Bußgelder verhängt. Das ist nun anders. Pkw-Fahrer werden bei einem Verstoß ab sofort mit 20 Euro zur Kasse gebeten. Für Lkw werden 75 Euro fällig.
60 Beamte für aufwendige Großkontrolle
Die Kontrollen sind aufwendig, da die Schadstoffnorm den Fahrzeugen nicht ohne weiteres von außen anzusehen ist. „Je älter die Fahrzeuge sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht die entsprechende Diesel-Euro-Norm haben“, sagte Andreas Nieberding, der als Polizeidirektor den Bereich Altona leitet. „So allmählich entwickeln die Kollegen auch einen Blick dafür.“
Gewissheit bringt bei in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen erst der Blick in die Papiere. Bei ausländischen Fahrzeugen wie aus Polen oder Tschechien ist dort allerdings keine Schadstoffklasse verzeichnet. Notfalls könnten die Motordaten mit dem Kraftfahrtbundesamt abgeglichen werden, sagte Nieberding. Doch das kostet Zeit.
Rund 60 Beamte waren am Donnerstag im Einsatz. 50 Lkw wurden kontrolliert. 25 Mal wurde ein Verstoß gegen das Fahrverbot festgestellt. Daneben habe es auch weitere Treffer gegeben, sagte ein Polizeisprecher. So sei ein Lkw-Fahrer ohne Führerschein unterwegs gewesen.
Polizei ist „mit anderem beschäftigt“
Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte die Großkontrollen als „plakative Werbeeinsätze für politische Grundsatzdiskussionen“. Es sei nicht originäre Aufgabe der Polizei, die Kontrollen durchzuführen, weil ein Verstoß gegen die Fahrverbote nicht die Verkehrssicherheit gefährde. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Joachim Lenders, sprach von einer auf Außenwirkung ausgerichteten „Dokusoap“. „Das werden wir nicht wirklich fortsetzen können... wir sind mit anderem besser beschäftigt“, sagte er mit Hinweis auf 1,3 Millionen Überstunden bei der Polizei.
Die Stadt will mit den Fahrverboten die Stickoxidbelastung der Luft senken. An beiden Straßenabschnitten befinden sich Luftmessstationen. Der Stickoxid-Grenzwert, ab dem vor allem älteren und vorbelasteten Menschen gesundheitliche Schäden drohen, war dort in den vergangenen Jahren stets überschritten worden. Laut Hamburger Senat ist die Einhaltung dort nur durch die Durchfahrtsbeschränkungen möglich. Das Bundesverwaltungsgericht hatte solche Maßnahmen Anfang des Jahres für grundsätzlich zulässig erklärt.
Umweltbund fordert zonale Fahrverbote
Dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Er will die Stadt notfalls gerichtlich zur Einrichtung ganzer Dieselfahrverbotszonen zwingen. In einem Antrag wurde die Umweltbehörde aufgefordert, den Luftreinhalteplan entsprechend zu überarbeiten. Der Behörde sei eine 14-tägige Frist gesetzt worden, um sich zu erklären, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. „Ansonsten sehen wir es als erforderlich, die Stadt erneut zu verklagen.“
Die Umweltbehörde werde sich mit dem Anliegen auseinandersetzen, sagte Sprecher Björn Marzahn. Allerdings gehe man „sicher davon aus, dass unser Luftreinhalteplan mit seinen konkreten, lokalen und gesamtstädtischen Maßnahmenpaketen rechtskonform und wirksam ist.“ Im Übrigen werde ein Luftreinhalteplan nicht auf Antrag Dritter fortgeschrieben, „sondern das ist Aufgabe der zuständigen Behörde, die den Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg fest im Blick hat.“ (dpa)