Hallo Baby, bye-bye Chef

Sekt-Stimmung in der Spedition Müller: Ein Fahrer verkündet den Kollegen stolz, dass er Vater wird. Auch der Geschäftsführer lässt es sich nicht nehmen, dem Angestellten zum Familienglück zu gratulieren. Der will die ausgelassene Stimmung nutzen und eröffnet dem Chef, dass er seiner Frau mit dem Kind helfen und vorerst zu Hause bleiben will - Elternzeit. Der Geschäftsführer macht dicht: Die Auftragsbücher sind voll und er kann nicht auf seinen Fahrer verzichten. Doch hat er überhaupt ein Mitspracherecht? Elternzeit gilt auch für Minijobber Prinzipiell können alle Mütter und Väter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, Elternzeit nehmen. Erforderlich ist lediglich, dass das Kind im Haushalt des Mitarbeiters lebt und von diesem überwiegend betreut und erzogen wird. Das Arbeitsverhältnis spielt dabei keine Rolle. Auch befristete Angestellte, Teilzeitarbeitnehmer, Minijobber und Auszubildende können sich in die Babypause verabschieden. Besonders viel Vorlaufzeit bleibt dem Arbeitgeber nicht, sich auf die neue Situation einzustellen. Der Angestellte kann bis zu sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit damit warten, dem Chef Bescheid zu geben. Das muss jedoch in schriftlicher Form geschehen - der Fahrer der Spedition Müller wird dies also noch nachholen müssen. Der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es jedoch nicht. Der Arbeitnehmer hat einen unmittelbaren Anspruch. Elternzeit kann für maximal drei Jahre beantragt werden, wobei dies nicht den ersten drei Lebensjahren des Kindes entsprechen muss. Vielmehr können Teile der Elternzeit auch später genommen werden bis längstens zum achten Lebensjahr des Kindes. Der Arbeitgeber muss sich also darauf einstellen, dass bis zu zwölf Monate der Elternzeit auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahrs übertragen werden. Bei Kindern, die ab Juli 2015 geboren sind, sind es sogar 24 Monate. Denn bei der Verteilung der Elternzeit hat sich durch eine gesetzliche Neuregelung zur Jahresmitte 2015 eine - für die betriebliche Praxis - erhebliche Veränderung ergeben. Man muss nun unterscheiden zwischen Kindern, die bis 30.06.2015 geboren wurden, für die die bisherige gesetzliche Regelung zur Verteilung der Elternzeit gilt, und Kindern, die ab 01.07.2015 geboren wurden. Für Letztere gilt die gesetzliche Neuregelung. Der genaue Unterschied: Bei vor Jahresmitte 2015 geborenen Kindern kann der Elternteil mit Arbeitgeber-Zustimmung einen Anteil von maximal zwölf Monaten ansparen und auf einen Zeitraum bis zur Vollendung des achten Lebensjahrs übertragen. Der Chef kann ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen. Für Geburten ab 01.07.2015 können von der dreijährigen Elternzeit nicht nur 12, sondern 24 Monate im Zeitraum zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes beansprucht werden. Hier ist keine Zustimmung des Arbeitgebers mehr erforderlich. Außerdem kann der Elternteil des nach Juli 2015 geborenen Kindes die Elternzeit in drei statt bisher zwei Zeitabschnitte stückeln. Den dritten Abschnitt kann der Chef jedoch aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, sofern er voll umfänglich zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes liegt. Grundsätzlich kann die beantragte Elternzeit auch verlängert oder verkürzt werden. In diesem Fall muss der Arbeitgeber aber zustimmen. Teilzeit-Angestellter und Teilzeit-Vater Elternzeit heißt auch nicht unbedingt, dass der Mitarbeiter ganz zu Hause bleibt. Er kann verlangen, dass seine bisherige Vollzeit-Arbeit während der Dauer der Elternzeit lediglich herabgesetzt wird, und zwar auf maximal 30 Stunden wöchentlich. Der Arbeitnehmer muss die Elternteilzeit sieben Wochen vorher beantragen. Der Chef muss dem Wunsch aber nur nachgehen, wenn im Betrieb ohne Auszubildende mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt sind, das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und die neue Arbeitszeit für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten auf einen Umfang von 15 bis 30 Stunden pro Woche verringert wird. Er kann ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Teilzeitarbeit in dem Betrieb überhaupt nicht oder nicht in beantragtem Umfang in Betracht kommt. Auch wenn der Arbeitnehmer zunächst die völlige Freistellung in Anspruch genommen hatte und erst während der Elternzeit die Verringerung der Arbeitszeit beantragt, das Unternehmen jedoch für die Dauer der Elternzeit bereits eine Vertretung eingestellt hat, darf der Chef ablehnen. Weitere Gründe könnten sein, dass auf dem Arbeitsmarkt keine Teilzeitersatzkraft für die verbleibende Restarbeitsstelle verfügbar ist oder die erforderliche betriebliche Umorganisation nicht möglich ist. Zu beachten ist dabei: Die Ablehnung des Teilzeitantrags muss innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung erfolgen. Wird die Frist versäumt, gilt die Zustimmung zur Teilzeit als erteilt. Möchte der Elternteil während der Elternzeit arbeiten, ist er allerdings nicht an das Unternehmen gebunden, bei dem er angestellt ist. Der Mitarbeiter hat während der Elternzeit die Möglichkeit, maximal 30 Stunden pro Woche bei einem anderen Arbeitgeber oder selbstständig zu arbeiten. Auch hier kann der Chef nur innerhalb von vier Wochen wegen dringender betrieblicher Gründe (etwa Geheimhaltungs- und Wettbewerbsinteresse) ablehnen. Was aber tun, wenn der Mitarbeiter nach der Elternzeit wieder zurück an seinen Arbeitsplatz will, seine Vertretung sich aber viel besser macht? Grundsätzlich gilt: Das Unternehmen muss den Mitarbeiter nach der Babypause wieder beschäftigen - aber nicht unbedingt am selben Arbeitsplatz. Das hängt insbesondere vom Wortlaut des Arbeitsvertrags ab. Ist dort etwa ein Mitarbeiter als Berufskraftfahrer eingestellt, so muss er nach der Elternzeit wieder als solcher beschäftigt werden. Kommt eine Disponentin, die im Arbeitsvertrag als kaufmännische Angestellte bezeichnet ist, wieder in den Betrieb zurück, so kann ihr auch eine vergleichbare Stelle, zum Beispiel in der Buchhaltung, zugewiesen werden. Kündigen darf der Chef während der Elternzeit übrigens nicht, denn der Arbeitnehmer steht dann unter einem besonderen Kündigungsschutz: Eine Kündigung kann nur mit Zustimmung der zuständigen Behörden erfolgen. Das passiert extrem selten, zum Beispiel, wenn eine ganze Betriebsabteilung stillgelegt wird. Der Kündigungsschutz gilt für Geburten vor 30.06.2015 bereits acht Wochen vor Beginn der Elternzeit, unabhängig davon, ob die Elternzeit in den ersten drei Lebensjahren genommen wird oder ob ein Teil davon auf die Zeit nach dem dritten Geburtstag des Kindes übertragen wurde. Für Geburten ab 01.07.2015 beginnt der Kündigungsschutz innerhalb der ersten drei Lebensjahre ebenfalls acht Wochen vor Beginn der Elternzeit und für eine Elternzeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes 14 Wochen vor Elternzeitbeginn. Weihnachtsgeld wird nicht fällig Grundsätzlich besteht das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit weiter. Es gilt nicht als aufgelöst, es ruht vielmehr zu dieser Zeit. Das bedeutet: Der Elternzeitler muss nicht arbeiten und der Arbeitgeber muss kein Arbeitsentgelt oder vermögenswirksame Leistungen zahlen. Bei Krankheit der Mutter oder des Vaters muss auch keine Lohnfortzahlung geleistet werden. Sonderleistungen, etwa Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, fallen nur dann an, wenn der Arbeitnehmer während der Elternzeit in Teilzeit im Unternehmen arbeitet. Der Geschäftsführer der Spedition Müller wird sich also nach Ersatz umsehen müssen. Denn im Gesamtkomplex "Elternzeit" ist der Arbeitgeber überwiegend lediglich Beteiligter und hat wenig Mitspracherecht. Lediglich bei einer Aufteilung der Elternzeit in die Jahre nach dem dritten Lebensjahr und bei Teilzeitarbeit während der Elternzeit kann der Chef dringende betriebliche Interessen einbringen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Arbeitsrecht www.verkehrsrundschau.de/dossiers Elternzeit-Vertretung Befristete Aushilfen zur Überbrückung Während der Elternzeit eines Angestellten kann der Arbeitgeber nach dem Bundesentgelt- und Elternzeitgesetz (BEEG) einen befristeten Arbeitsvertrag mit einer Vertretung abschließen. Anders als bei den meisten befristeten Arbeitsverträgen bedarf es bei der Elternzeitvertetung keines besonderen sachlichen Grunds nach Paragraf 14, Absatz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Die Aushilfe muss dabei nicht unbedingt an dem Arbeitsplatz des Elternzeitlers eingesetzt werden. Der Arbeitgeber muss lediglich nachweisen, dass durch den Ausfall eines Mitarbeiters in Elternzeit Not am Mann ist und Vertretungsbedarf entsteht. Der Gesetzgeber spricht hier von einem kausalen Zusammenhang. Nicht eingesetzt werden darf die Aushilfe allerdings für Aufgaben, die der Mitarbeiter in Elternzeit selbst aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht hätte übernehmen können. Für eine Disponentin ohne Führerschein in Elternzeit darf also beispielsweise keine befristete Berufskraftfahrerstelle geschaffen werden. ks

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