Paris. Der Streik in Frankreich nimmt kein Ende. Die andauernde Blockade der sieben Häfen durch die Dockergewerkschaft Fédération Nationale des ports et Docks (FNDP) gefährdet mehr und mehr den gesamten Gütertransport und damit die Versorgung des Landes. Die französischen Transportverbände TLF, TLF overseas, FNTR und OTRE haben deshalb die Regierung aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Hafenstreiks enden. Ihre Mitgliedsunternehmen seien durch den langen Ausstand im Land finanziell angegriffen. Deshalb dränen die Verbände den Staat zu finanziellen Hilfen. Wie hoch die bis jetzt erlittenen Verluste im Straßengütertransport sind, ist noch nicht klar.
Die Verlader ihrerseits überlegten „ernsthaft, nicht mehr in die französischen Häfen zu gehen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der entsprechenden Wirtschaftsverbände. Sie fürchteten eine Neuauflage der Streiks von 2010. Schon damals ging es unter anderem um die geplante Rentenreform und schon damals sahen sich mehrere Produzenten und Lieferanten gezwungen, ihre Transporte in belgische und niederländische Häfen umzulenken.
Güterumschlag in Häfen massiv gesunken
Dass in den französischen Häfen und insbesondere in Le Havre Stillstand herrscht, berührt momentan auch die Überseekolonien – am stärksten die Antillen. In Marseille-Fos liegt der gesamte Güterumschlag momentan nur noch bei weniger als 40 Prozent, in Le Havre, dem wichtigsten Im- und Exporthafen des Landes, bei minus 80 Prozent. Der Interessenverband France Logistique rief die Regierung dazu auf, die Versorgung des Landes wieder sicherzustellen. Der Streik in den Häfen und bei der Bahn bringe die gesamte Logistikkette in Gefahr mit ihren 1,8 Millionen Beschäftigten. Auch die industrielle Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs sei betroffen.
Seit Beginn des Ausstands würden die Ausfälle allein bei der Staatsbahn auf 75 Prozent des Güterverkehrs geschätzt, erklärt die frühere Transportstaatssekretärin und jetzige Vorsitzende von France Logistique, Anne-Marie Idrac. Fret SNCF verliere mit jedem Streiktag „mehr als 10 Millionen Euro“. Auch Idrac fordert Paris zu finanziellen Hilfen für Unternehmen auf, die von dem Streik geschädigt würden.
SNCF schätzt Verluste auf fast eine Milliarde Euro
Der neue SNCF-Vorstand Jean-Pierre Farandou hat vor seinem Verwaltungsrat die Verluste durch den Streik auf bald eine Milliarde Euro geschätzt und schließt nicht aus, dass das Staatsunternehmen nach einem positiv verlaufenen Vorjahr in die roten Zahlen rutschen könnte. Täglich gehen ihm zurzeit 22 Millionen Euro verloren.
Die Aufforderungen an die Regierung, dem die Wirtschaft insgesamt schädigenden Dauerausstand ein Ende zu bereiten, können in Frankreich derzeit jedoch nur ins Leere stoßen, denn Paris hat so gut wie keine gesetzliche Handhabe dafür und ist angesichts der aktuellen Situation hilflos. Ob ein Streik mit der Verfassung übereinstimmt, können nur die Richter nach eigener Interpretation der jeweiligen Sachlage entscheiden. (jb/ag)