Rostock. Eine Entscheidung über die Vertiefung des für den Rostocker Hafens wichtigen Seekanals wird noch im Herbst diesen Jahres erwartet. Davon geht Ulrich Bauermeister, Geschäftsführer der Hafenentwicklungs-Gesellschaft Rostock (Hero) im Gespräch mit der VerkehrsRundschau aus. Nach dem ihm vorliegenden „Signalen" sei er zuversichtlich, dass der Bund eine positive Entscheidung treffe. Rostock benötige diese Vertiefung von derzeit 14,50 Meter auf künftig rund 16,50 Meter, um vor allem seine Position als größter deutscher Universalhafen an der Ostseeküste langfristig halten zu können.
So laufen den Hafen beispielsweise immer mehr Bulker an. Die entscheidenden Impulse dafür kommen vom große Kohlekraftwerk im Hafen sowie dem boomenden Getreide- und Futtermittelumschlag. Bauermeister verweist zudem darauf, dass Rostock einer wichtigsten Arbeitgeber in Mecklenburg-Vorpommern sei. Der Hafen-Chef: „Unser Hafen hat in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich für mehr Beschäftigung gesorgt. Heute hängen vom Hafen rund 13.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze ab. Und es werden tendenziell noch mehr."
Das sogenannte Mittelschiff wurde immer größer
Unterstützung für die Seekanal-Vertiefung bekommt die Hero sowohl durch die Stadt- und Landespolitik als auch durch die Hafenwirtschaft. Christian Subklew, Ältermann (Chef d. Red.) der Rostocker Lotsenbrüderschaft „Wirost" hält die Seekanal-Vertiefung über ein „absolutes Muss": „Der Rostocker Hafen braucht sie unbedingt. Es geht darum, die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens unter den Ostseehäfen zu erhalten." Der erfahrene Nautiker verweist in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die Anstrengungen der Polen, den Hafen von Stettin auszubauen.
Die Schiffe, die Rostock, in den vergangenen 20 Jahren ansteuerten, wurden tendenziell immer größer, so Subklew. Das zeige sich am sogenannten Mittelschiff. Subklew definiert es mit diesen Worten: „Es zeigt die Veränderung der Verkehrsstruktur auf und berechnet sich durch die Gesamttonnage in BRZ im jeweiligen Lotsbezirk dividiert durch die Anzahl der in diesem Revier gelotsten Schiffe." Am Beispiel des Rostocker Hafens wird das besonders klar: 1991 – Jahresumschlag im Überseehafen: 8,1 Millionen Tonnen – lag das „Mittelschiff" bei gut 4000 BRZ. Im Jahr 2010 – Gesamtumschlag: 25,3 Millionen Tonnen – erreichte das Mittelschiff bereits 14.000 BRZ. Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe. Ein wesentlicher ist die Gütermengenstruktur. Im Rostocker Hafen gewinnt der Massengutumschlag an Bedeutung.
Die Gütermengenentwicklung verlief in Rostock auch im ersten Halbjahr positiv. Hero-Chef Bauermeister: „Wir haben es mit einer insgesamt erfreulichen Umschlagentwicklung zu tun." Unterstellt, dass der positive Trend auch im zweiten Halbjahr anhalte, werde Rostock zum Jahresende mit einem erneuten Umschlagplus aufwarten können. Zur Erinnerung: 2010 kam der Hafen – den Fracht- und Fischereihafen auf dem Westufer der Warnow sowie die Chemiehafen eingeschlossen - auf rund 25,3 Millionen Tonnen.
Sehr gut komme der Hafen beim Ro/Ro-Umschlag voran, dessen Umschlagmenge sich im ersten Halbjahr um rund 16 Prozent verbessern konnte. Auch im Fährbereich stellte sich im ersten Halbjahr ein Mengenplus ein. Der Fährpassagierverkehr komme hingegen langsamer voran, was unter anderem am Reiseverhalten der Schweden liege. Beim Massengutumschlag spielen vor allem Kohle und Getreide eine wichtige Rolle.
50 Millionen Euro fließen in diesem Jahr in den Hafenausbau
Auch im laufenden Jahr investiert die Hero wieder auf hohem Niveau in den Hafen. „50 Millionen Euro werden es bis Jahresende sein", sagt Bauermeister. Zu den besonders anspruchsvollen Projekten gehört dabei der neu zu gestaltende Fährterminal sowie der Neubau des für die Fährschifffahrt wichtigen Liegeplatzes 15.
„Wertschöpfung vor Ort schaffen" ist auch für Bauermeister die große Aufgabe für die kommenden Jahre. Auch hier könne sich die bisherige Bilanz sehen lassen. Herausragende Job-Maschinen sind der Kranbauer Liebherr, der derzeit unter dem laufenden Rad seine Produktionskapazitäten noch einmal aufstockt sowie der benachbarte Betrieb EEW. Letztgenannter ist stark im Offshore-Windanlagen-Geschäft tätig und baut die gigantischen Fundamente. Auch die Anwesenheit des Windkraftanlagen-Herstellers Nordex sei für Rostock ein ungeheurer Gewinn.
Alle drei Unternehmen verbindet eines: Sie profitieren von der Lage ihrer Produktionsstätten am seeschifftiefen Wasser. Das heißt: kurze und damit preiswerte Logistikwege. Das Thema „Offshore-Windkraft" hält er zwar für wichtig. Doch er ist auch Realist: „Ich sehe nicht, dass wir der Hafen sind, in dem die großen Anlagen nun komplettiert werden, bevor sie auf See in den dortigen Windparks errichtet werden." Auch die für die Windkraft nutzbare Ressource Meer ist endlich. Und dann?
Modernisierter Kombi-Terminal künftig mit bis zu 130.000 Ladeeinheiten
Bauermeister deutet die Ansiedlung von weiteren Firmen an. In verschiedenen Fällen befinde man sich auf der Zielgeraden. Neben Produktionsfirmen gehe es auch um reine Logistiker. Sie benötigten Flächen und gute Infrastrukturanbindungen. Beides habe Rostock.
2012 könnte es überdies mit dem Bau der zweiten Stufe des Kombi-Terminals im Rostocker Hafen losgehen. Das erwartet Gudrun Schümann, Geschäftsführerin der Rostock Trimodal GmbH (RTM). An ihr ist die Hero ebenfalls mit beteiligt. „Wir werden in diesem Jahr bei den umgeschlagenen Ladeeinheiten (LE) deutlich über dem Vorjahresniveau liegen." Konkret: rund 80.000 LE werden bis Jahresende erwartet. 2010 waren es rund 70.500 Transportgefäße. Bereits im 1.Halbjahr fertigte RTM rund 38.300 Transportgefäße ab (plus elf Prozent). Zur positiven Mengenentwicklung trugen neben der allgemeinen konjunkturellen Erholung auch das erweiterte Angebot an Ganzzugverbindungen bei. So kamen Ende Juli zwei weitere Verbindungen dazu.
Mit der zweiten Ausbaustufe geht eine deutliche Kapazitätsaufstockung einher – auf künftig 130.000 LE. Umfangreiche bauliche Anpassungen müssen vorgenommen werden, so unter anderem der Bau neuer Gleise sowie von zwei Portalkränen. Heute werden die Ladegefäße noch mit Reachstackern umgeschlagen. Schümann: „Das ist aber sehr raumintensiv. Dank der Kräne können wir künftig unsere Produktivität deutlich verbessern." (eha)